Die Einführung der emissionsmindernden Gülleausbringung ab 2022 gibt seit Monaten viel zu reden. Bekanntlich hat das Parlament Mitte Juni die Motion Hegglin abgelehnt, damit tritt das vom Bund schon 2020 im Rahmen der Luftreinhalteverordnung (LRV) auf 2022 beschlossene Obligatorium definitiv in Kraft.

Koordinierter Vollzug

Die Zentralschweizer Kantone koordinieren den Vollzug auf 2022, die Konferenz der Zentralschweizer Landwirtschaftsämter klärt dazu mit dem Bund laufend noch offene Fragen zum Vollzug. Darüber soll auch laufend informiert werden. Bei den betroffenen Bauern, auch in unserer Region, ist die Unsicherheit aber nach wie vor gross.

Übergangsfrist noch offen

Der Zentralschweizer Bauernbund forderte deshalb im September eine Übergangsfrist und gelangte dazu ans Bundesamt für Umwelt. Hingewiesen wurde im Schreiben auf die Rechtsunsicherheiten, den Zeitdruck, die Beschaffungsprobleme und die vielen offenen Fragen zum Vollzug.

Ob vom Bundesrat eine nochmalige Übergangsregelung in der Luftreinhalteverordnung gewährt wird, ist allerdings offen. Vom Bundesamt für Landwirtschaft wurde zwar versichert, dass 2022 noch auf Abzüge bei Direktzahlungen verzichtet wird, wenn das Schleppschlauch-Obligatorium nicht eingehalten wird. Das Bundesamt für Umwelt liess aber verlauten, dass Betroffene bei Übertretungen von umweltrechtlichen Bestimmungen mit Bussen bis 20 000 Franken bestraft werden können.

Kanton Luzern informiert

Basierend auf dem Massnahmenplan II informierte der Kanton Luzern gestern Donnerstag mit einem Newsletter über das Schleppschlauch-Obligatorium. Dies, obwohl noch nicht alle offenen Fragen auf Bundesebene geklärt seien, wie Franz Stadelmann von der Dienststelle Landwirtschaft und Wald (Lawa) erklärt. Es soll aber schon jetzt das geplante Vorgehen aufgezeigt werden. Die Veröffentlichung eines Merkblattes erfolge nach der Klärung der noch offenen Fragen.

Für einen vernünftigen Vollzug engagiert sich seit Jahren auch der Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverband (LBV). Antworten auf offene Fragen zum Schleppschlauch-Obligatorium sind, soweit bekannt, auf der Website von www.luzernerbauern.ch aufgeschaltet.

Unmut ist gross

Aus Sicht des LBV sei der nun vorliegende Merkblatt-Entwurf des Lawa aber zu wenig detailliert, kritisiert Raphael Heini von der LBV-Interessenvertretung. «Der Unmut der Landwirte, vor allem im Hügel und Berggebiet, ist sehr gross.» Viele Betriebe wüssten nicht, ob sie nun auf 2022 einen Schleppschlauch anschaffen müssen oder überhaupt könnten. Immerhin werde nun in diesem Merkblatt darauf hingewiesen, dass Ausnahmegesuche möglich seien, was sicher positiv sei.

Diese Bestimmungen gelten im Kanton Luzern ab 2022 

Ab 2022 muss Gülle auf Flächen unter 18 Prozent Hangneigung im Kanton Luzern mit emissionsminderndem Verfahren ausgebracht werden. Nicht in die Pflicht fallen Betriebe, welche insgesamt weniger als 3 ha LN unter 18 Prozent haben. Von der begüllbaren Fläche unter 18 Prozent werden allerdings noch einige Kulturen wie zum Beispiel wenig intensiv genutzte Wiesen, Reben, Obstanlagen und Hochstammobstgärten der Qualitätsstufe II abgezogen. Nicht eingerechnet werden auch isolierte Bewirtschaftungsflächen, wenn diese kleiner als 25 Aren sind.

Gesuch um Ausnahmen
Gemäss Franz Stadelmann von der Dienststelle Landwirtschaft und Wald (Lawa) besteht somit vor allem bei Betrieben mit einer begüllbaren Fläche von weniger als 4,5 ha teilweise Unsicherheit, ob für sie die Pflicht besteht oder nicht. Eine definitive Überprüfung der Pflicht wird für den Betriebsleiter im Rahmen der Strukturdatenerhebung 2022 möglich sein. Gleichzeitig werden dem Betriebsleiter im Agate die Flächen angezeigt, für welche die Schleppschlauch-Pflicht gilt.

Einzelbetriebliche Ausnahmegesuche aufgrund von Lieferengpässen der emissionsmindernden Verteiler können im Rahmen der Datenerhebung im Februar 2022 digital eingereicht werden. Gleichzeitig können auch Gesuche eingereicht werden, wenn auf bestimmten Flächen aus technisch oder betrieblich begründeten Fällen emissionsmindernde Ausbringverfahren nicht anwendbar sind.

Kontrolle und Vollzug
Die Anforderungen werden im Rahmen der ÖLN Kontrollen überprüft. Im ersten Jahr der Umsetzung (2022) führen Mängel zu keinen Kürzungen der Direktzahlungen. Offen ist noch die Frage, ob bei Nichteinhalten der Anforderung mit strafrechtlichen Konsequenzen (Busse) gerechnet werden muss. Diese Frage wird momentan auf Bundesebene diskutiert und geregelt.