Vor Kurzem haben wir einen Betrieb im Kanton Bern übernommen. Es war für mich ein Erwachen, als ich das erste Mal die Frühjahrserhebung im Agrarinformationssystem Gelan der Kantone BE, FR und SO ausfüllen musste. Und so wurde ich, etwas verspätet, ein grosser Fan vom Programm Agriportal (oder Agricola), mit dem ich jahrelang im Kanton Aargau gearbeitet habe. Gelan ist für die Anwender(innen), zumindest aus meiner Sicht, eine Katastrophe.

Ich habe es nicht einmal geschafft, ohne die Hilfe meines kompetenten Nachbarn ein Betriebsdatenblatt auszudrucken. Vielleicht hätte ich mir die Erklärvideos ansehen müssen, aber mit meinem Agronomiestudium fühlte ich mich fälschlicherweise ausreichend gewappnet, mich dieser Herausforderung zu stellen. Denn sollte ein solches Programm nicht intuitiv zu bedienen sein?

Über 90 Prozent der Landwirt(innen) beanspruchen Unterstützung

Dieses Jahr habe ich die Erhebung zum zweiten Mal mit Gelan gemacht und wieder war ich am Schluss einen ganzen Tag beschäftigt und benötigte weitere Unterstützung. Versuchen Sie einmal, eine Parzelle auf eine Are genau mit ihrem Nachbarn abzutauschen: Es erfordert einiges an Geschick mit der Computer-Maus. Zum Vergleich: Mit Agriportal benötigte ich für die Frühjahrserhebung keine 10 Minuten. Und das mit über 50 Parzellen, wesentlich mehr Land und einer komplexeren Fruchtfolge.

Angeblich beanspruchen über 90 % der Landwirt(innen) im Kanton Bern eine Beratung bei der jährlichen Erhebung; es werden nebst der Unterstützung durch die Ackerbaustellenleiterin und den Berner Bauernverband sogar Weiterbildungskurse für Gelan angeboten! Absolut undenkbar mit Agriportal – im Aargau habe ich den Ackerbaustellenleiter nur ein einziges Mal gesehen, nämlich bei der Digitalisierung der Flächen.

Kaum eingeführt bereits wieder veraltet

Unverständlich, dass nun der Grosse Rat des Kantons Bern einen Kredit für die Erneuerung des Systems von über neun Millionen Franken gesprochen hat. Weitere sieben Millionen werden benötigt, um Gelan bis zu dieser Erneuerung am Leben zu erhalten. Mit der AP 2030 wird das Direktzahlungssystem gerade neu überarbeitet und somit wird das neue Gelan, kaum ist es eingeführt, bereits wieder veraltet sein.

Ungehört bleibt das Anliegen vom Bundesamt für Landwirtschaft, die Kantone möchten doch möglichst einheitlich unterwegs sein, um allfällige Schnittstellen für die geplante Digitalisierung der Landwirtschaft zu ermöglichen.

Kanton zahlt für zwei Systeme

Immerhin haben sich 18 andere Kantone für ein gemeinsames System, genannt Nika, entschieden, das im Moment entwickelt wird. Laut Grossrat Markus Aebi bezahlt der Kanton Bern sogar an die dafür notwendige Plattform.

Auch ich möchte mit dem aktuellen Gelan keinen Tag länger arbeiten. Aber es ist für mich unverständlich, dass wir den Steuerzahlern solche Beträge zumuten, wenn andere Lösungen besser und günstiger zu haben sind, in Zeiten eines kompletten Umbruchs des ganzen Direktzahlungssystems.