Der Vorgarten des Miltenhofs mit seinen rauen Holzsäulen zwischen den sorgfältig ausgelegten Mehrjahresstauden ist ein Kunstwerk. Sich überall anpassen können, ohne die eigene Persönlichkeit zu verlieren und sich dabei zu freuen, ist auch eine Kunst. Margrit Gasser aus Schleitheim SH ist eine Lebenskünstlerin.

«Mein Vater war schon ein fröhlicher Mensch», sagt die 71 jährige diplomierte Bäuerin zu ihrer positiven Lebenshaltung. Diese kommt ihr zugute als Mutter von sechs Kindern und Grossmutter von zwölf Enkeln; und für das gemeinsame Leben auf dem Miltenhof mit ihrem Mann Peter, dem Sohn Benjamin und seiner Frau Rebekka mit ihren drei Kleinkindern.

Viele Jahre als Referentin gewirkt


Vor dem Zusammenleben hat Margrit Gasser grossen Respekt. «Ich habe immer mit anderen Leuten zusammengelebt», erzählt sie. Nach ihrem bäuerlichen Lehrjahr half sie während acht Jahren zu Hause. Die Mutter war kränklich und es wurde erwartet, dass sie einsprang. Schon dort lebten sie auf sehr engem Raum. Es war eine gute Vorbereitung für die spätere Zeit im Miltenhof. Da lebten vier Generationen unter einem Dach. Peters Grossmutter, seine Eltern und die jüngsten Geschwister wohnten im oberen Stock; Margrit und Peter mit ihren Kindern im unteren. Das Haus war ringhörig, und jedermann musste durch ihre Wohnung hindurch. «Das erforderte beidseitig Toleranz und gegenseitige Rücksichtsnahme», meint sie. Heute hat jede der beiden Familien auf dem Miltenhof eine eigene, abgeschlossene Wohnung, worüber alle froh sind.

Als junge Bäuerin wurde Margrit Gasser in den örtlichen Vorstand des Landfrauenvereins, später in den Vorstand des kantonalen Landfrauenvereins und in die Frauenzentrale gewählt. Diese Mitarbeit erweiterte ihren Horizont. Sie wurde auch angefragt, an einem Bauernwochenende bei einer Diskussionsrunde über die Generationen mitzumachen. Was sie dort sagte, stimme heute noch. «Jede Person auf dem Hof muss eine Aufgabe haben, bei der sie sich wohl fühlt und die Verantwortung trägt.» Das war der Anfang einer 20-jährigen Tätigkeit als Referentin, oft zusammen mit ihrem Mann Peter, zu Themen wie Freude, Kindererziehung,  Familie und Betrieb.


Durch das Ausarbeiten der Referate wurden ihr einige Prinzipien wichtig, die sie noch heute anwendet. Auf dem Miltenhof soll es keine unausgesprochenen Erwartungen geben. «Ich gehe nicht aufs Feld und denke, die Schwiegertocher hätte mir helfen können», erklärt Margrit Gasser. Es wird miteinander gesprochen. «Heute muss ich nur noch wissen, wo ich mithelfen kann und will. Das entlastet sehr.»

Ja sagen zu unerfüllten Wünschen


Anpassungsfähig sein heisst nicht, sich aufzugeben. Margrit Gasser konnte auch mal sagen, wenn für sie etwas nicht stimmte. Wenn sie von einer Idee überzeugt war, war sie bereit dafür zu kämpfen, konnte aber auch andere Ideen annehmen. In ihrer Ehe ist es ihr stets wichtig, dass etwas «z ode» geredet wird. Das war ihrem Mann nicht immer pässlich. Heute ist er ihr dankbar.

Auch eine fröhliche Natur kennt Tiefpunkte. Vor einigen Jahren, nach einer besonders strengen Zeit, fiel Margrit Gasser kurze Zeit in eine Depression. «Da merkte ich, dass ich mich mit dem Leben versöhnen musste, das heisst Ja zu sagen zu den unerfüllten Wünschen des Lebens.» Mit Überzeugung sagt sie, «Das Versöhnen ist ein wichtiger Schritt, um frei leben zu können.»


Margrit Gasser hat Freude an schönen Dingen. Das sieht man ihrer Umgebung an. Zu verschiedenen Anlässen schmückt sie mit Blumen Tische, Räume und Kirchen. Aus Papier fertigte sie Scherenschnitte an. Sie hat schon an vielen Ausstellungen teilgenommen. Jetzt übt sie sich im Aquarellbildermalen.

Sie hätte noch viel zu erzählen. Beispielsweise über die wenigen Ferien mit der Familie, die Reisen mit ihrem Mann Peter und über die unzähligen Familienfeste. Zeit mit ihren Enkeln zu verbringen ist ihr immer eine grosse Freude.

Aber jetzt muss sie gehen. Es ist Zeit, das Futter den Kühen in die Krippe zu schieben. Der Sohn meine, das sei für das tägliche Fitness-Training gut, sagt sie und lacht herzhaft.


Marianne Stamm