Bei Lebensmitteln steht beim Pflanzenschutz oft die gewünschte Rückstandsfreiheit im Zentrum der öffentlichen Wahrnehmung. Für Verarbeiter, Händler, Zertifizierungsstellen und Behörden ist es herausfordernd, die Erwartungen dazu zu erfüllen. Die Limiten müssen streng, aber dennoch praxisfähig sein. Durch die Fortschritte in der Analytik wird der Begriff Rückstandsfreiheit immer realitätsferner, da teilweise bereits wenige Moleküle, bzw. DNA-Spuren eines Stoffes nachgewiesen werden können.

Kantonale Behörden einbeziehen

Für die konsequente und gleichzeitig praxisfähige Umsetzung der Vollzugsmassnahmen ist die Koordination entlang der ganzen Wertschöpfungskette notwendig. Für die Behörden auf Bundes- und Kantonsebene und die Verantwortlichen der Lebensmittelbranche ist die Situation nicht grundsätzlich neu. Toleranz- und Grenzwerte für Rückstände chemisch-synthetischer Herkunft und von GVO-Spuren bestehen seit vielen Jahren. Im Rahmen ihrer QM- und Selbstkontrollsysteme legen die Verarbeitungs- und Handelsunternehmen die Massnahmen fest, um diese einzuhalten.

Zusatzanforderungen für Bioprodukte

Besonders bedeutend ist die Pestizidfrage für die Biolandwirtschaft und die nachgelagerten Stufen entlang der Wertschöpfungskette. Bei Bioprodukten sind viele Stoffe grundsätzlich verboten, v.a. chemisch-synthetische Pestizide sowie Zusatz- und Verarbeitungshilfsstoffe. Bioqualität basiert dabei auf viel mehr als dem Analyseresultat beim Endprodukt. Die Labelorganisationen schränken dies noch weiter ein und verlangen den Einsatz natürlicher Alternativen wie z.B. Bio-Acerola anstelle von Ascorbinsäure. Bei der Bioproduktion muss zudem die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen auf jeder Stufe sowohl durch interne wie externe Überwachung sichergestellt werden.

Neue Weisung für Bio

Angesichts der Analysefortschritte und teilweise natürlicher Vorkommen wie z.B. bei bromhaltigen Ackerböden auch bei Biolebensmitteln ist die Zielsetzung "0,0% rückstandsfrei" kaum realistisch. Wichtig ist daher die transparente Information über die Produktionsbedingungen. Im Vollzug muss sichergestellt werden, dass minime Rückstandsspuren und natürliche Vorkommen von nicht zulässigen Beigaben und Behandlungen unterschieden werden können.

Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) und das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) haben kürzlich eine gemeinsame Weisung zum Vorgehen bei Rückständen im Bio-Bereich herausgegeben. Sie schafft die Grundlage für eine einheitliche Vorgehensweise.

Sabine Schäfer vom Fachbereich Qualitäts- und Absatzförderung beim Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) zu den wichtigsten Regelungen: "Die Weisung hat zum Ziel, die Vorgaben der Schweizer Bio-Verordnungen und die lebens- und futtermittelrechtlichen Bestimmungen umzusetzen. Der Schutz des Konsumenten vor Täuschung soll sichergestellt werden. Als Interventionswert - nicht Grenzwert! - wurde 0.01 mg/kg festgelegt. Das ist der Wert, ab dem Sofortmassnahmen ergriffen und Ursachenklärungen gestartet werden müssen."

IG Bio - neue Biobranchenorganisation

Bei der Erarbeitung der neuen "Weisung zum Vorgehen bei Rückständen im Bio-Bereich" etablierte sich die IG BIO (siehe Kasten) als neue Vertreterin der Schweizer Biobranche der Stufen Verarbeitung, Handel und Logistik. Die Organisation weist rund ein halbes Jahr nach der Gründung bereits rund 50 Mitglieder auf, darunter eine Reihe wichtiger Unternehmen der Schweizer Bio- und Lebensmittelbranche.

Dr. Karola Krell Zbinden, Geschäftsführerin der IG Bio, gewichtet die Erarbeitung der Weisung als ersten grossen Erfolg der neuen Organisation: "Wir werden die Umsetzung dieser Weisung in der Praxis genau verfolgen und haben es uns zum Ziel gesetzt, mögliche Schwachstellen bei der Anwendung durch die Vollzugs- und Zertifizierungsstellen zu beheben."

Peter Jossi, lid