Das Bundesgericht hiess eine Beschwerde des Unternehmens Estia gut, welche das Kleinwasserkraftwerk bauen will, wie aus der öffentlichen Urteilsberatung vom Mittwoch hervorging. Zugleich hob das höchste Gericht einen Entscheid des Waadtländer Kantonsgerichtes auf.
Das Kantonsgericht hatte 2015 einen Rekurs der Umweltverbände WWF, Pro Natura und der Waadtländer Flussfischergesellschaft gutgeheissen und die 2013 vom Kanton Waadt erteilte Bewilligung für das Kraftwerk aufgehoben.
Das Kleinwasserkraftwerk in der Schlucht zwischen Sainte-Croix und Vuiteboeuf am Fuss des Waadtländer Juras soll pro Jahr 1,78 Gigawattstunden Strom produzieren. Es sieht eine Wasserfassung im Bach Arnon sowie eine 1300 Meter lange Druckleitung in ein Kraftwerk in Vuiteboeuf vor.
Hinter dem Projekt steht das Unternehmen Estia, das von Romande Energie unterstützt wird. Nach Ansicht der Bundesrichter vermag die vom Waadtländer Kantonsgericht vorgenommene Interessenabwägung dessen Entscheid nicht rechtfertigen.
Kleinwasserkraftwerke unverzichtbar
Das Kantonsgericht war der Ansicht, dass sich das Kleinwasserkraftwerk angesichts der geringen Stromproduktion nicht lohne. Die Bundesrichter sahen das anders und betonten die Bedeutung kleiner Anlagen.
Der Bund habe im Energiegesetz festgelegt, dass die Stromproduktion aus Wasserkraft bis 2030 um 2000 Gigawattstunden zu erhöhen sei. Die Zahl gelte im Vergleich zum Stand des Jahres 2000. Kleinwasserkraftwerke könnten rund die Hälfte bis zu zwei Drittel dazu beitragen.
Zur Erreichung des gesetzlichen Ziels seien Kleinwasserkraftwerke deshalb unverzichtbar. Im konkreten Fall wird das öffentliche Interesse noch verstärkt, weil das Kleinwasserkraftwerk am meisten Strom im Winter liefern würde, im Gegensatz zur Mehrzahl der Wasserkraft.
Nach Ansicht des Bundesgerichts fehlten wichtige Entscheidungsgrundlagen zur Wirtschaftlichkeit des Projekts. Es entschied deshalb nicht über die Bewilligung für das umstrittene Kraftwerk.
Gegensätzliche Interessen
Dieses zeige sinnbildlich die Schwierigkeiten der Energiewende und die Herausforderung, gegensätzliche Interessen zu vereinbaren, sagte Jean Fonjallaz, Präsident der ersten öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts, am Mittwoch.
Das lasse sich daran messen, dass die Meinungen sogar im Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) auseinandergingen. Während das Departement für Umwelt dagegen sei, spreche sich das Bundesamt für Energie dafür aus.
Das Bundesgericht wies den Fall an das Waadtländer Kantonsgericht zurück, das insbesondere die Wirtschaftlichkeit des geplanten Kleinwasserkraftwerks prüfen muss.
Die Bewilligung eines finanziell nicht tragfähigen Projektes würde den Absichten des Gesetzgebers widersprechen, selbst wenn dieses nur geringe Auswirkungen auf das ökologische Gleichgewicht habe, hielten die Bundesrichter fest.
Initianten erleichtert
Die Initianten des Kleinwasserkraftwerks zeigten sich zufrieden, dass ihr Rekurs gegen die Verweigerung der Bewilligung teilweise gutgeheissen wurde. "Das ist eine Erleichterung für alle kleinen Projekte in der erneuerbaren Energie", sagte Manuel Bauer von der Estia.
Die Umweltverbände nahmen das Urteil zur Kenntnis. Sie bedauerten, dass das Bundesgericht die wirtschaftlichen Interessen als ausschlaggebend erachtete, auf Kosten des Umweltschutzes und der Schlucht mit dem noch intakten Bach Arnon. (Öffentliche Beratung vom 23. November zum Fall 1C_231/2015)
sda