Das passiert Markus Ritter selten bis nie: "Das hatte niemand auf dem Radar", räumte der SBV-Präsident im Videointerview mit der BauernZeitung nach der gestrigen DV des Dachverbands ein (s. Video unten). Gemeint ist damit die am 31. Oktober verabschiedete Botschaft des Bundesrats zum revidierten Raumplanungsgesetz, Etappe zwei (RPG2).

"Referendum muss ernsthaft diskutiert werden"

Die Reaktion des SBV fällt nun umso heftiger aus. Die vom Bundesrat angedachte Lösung zum Bauen ausserhalb der Bauzone sei in dieser Form inakzeptabel, sagte Ritter vor den Delegierten. Sollte das Gesetz ungeschoren durch die Parlamentsbehandlung kommen, so müsse ein Referendum ernsthaft diskutiert werden, sagte der SBV-Präsident.

Es sind vor allem drei Punkte, die Ritter stören:

  • Planungs- und Kompensationsansatz: Der Bauer kann nur noch Ökonomiegebäude erstellen, wenn er anderswo die gleiche Kubatur abbrechen kann, sei es auf dem eigenen Betrieb, oder wenn er Gebäude kaufen kann auch anderswo. Wenn er das nicht kann, erhält er mit der Baubewilligung für das neue Gebäude, einen Rückbaurevers verfügt. Damit ist es aber nicht getan, er muss gleichzeitig den Rückbau des zu erstellenden Gebäudes finanziell sicherstellen mit einem Grundpfand, das im Grundbuch eingetragen wird und die Kosten im ersten Rang absichert. Da hat derBauer jetzt noch zwei Möglichkeiten, entweder hat er hohe Kosten für den Rückbau alter Bauten oder er ist ein schlechterer Schuldner, weil er die Rückbaukosten, die grad bei einem neuen Milchviehstall schnell einige 100'000 Franken ausmachen können, via Grundpfand absichern muss, so Ritter.
  • Spezialbauzonen: Neu sollen die bodenunabhängig genutzten Bauten, seien es Geflügel- oder Schweineställe in einer Spezialbauzone direkt am Baugebiet erstellt und je Gemeinde zusammengefasst werden. Alle Immissionen (Lärm, Verkehr und Geruch) werden an einem Ort konzentriert sein, das dürfte aus Sicht des SBV-Präsidenten das gute Zusammenleben in den Dörfern und die Akzeptanz der Landwirtschaft kaum fördern. "Was uns vor allem stört ist, dass Gemeinden und Kantone für diese Flächen ein Enteignungsrecht erhalten sollen, damit man diese Zonen einrichten kann", so Ritter, "davon wären die Eigentümer, die dort das Land besitzen massiv betroffen".
  • Neue Strafbestimmung (gab es bisher nicht): Wer sich nicht ansRaumplanungsrecht hält, dem drohen bis zu drei Jahre Haft oder Geldbussen. Dies ist laut Ritter deshalb so problematisch, weil heute praktisch alles baubewilligungspflichtig ist, so etwa Siloballenlager, die über zwei Monate am gleichen Ort sind, Holzzäune mit dauerhaftem Bestand, Brennholzbeigen, die mit Pfählen gesichert sind, Brunnen, Kälberiglus usw. Zu all diesen Bauten gebe es bezüglich Baubewilligungspflicht Bundesgerichtsurteile, betont Ritter.

Natur- und Landschaftsschützer planen Initiative

Dass das Gesetz ungeschoren durch die Parlamentsbehandlung kommt ist eher unwahrscheinlich. Während es dem SBV zu weit geht, sind andere der Meinung, dass es noch schärfer abgefasst sein müsste. Pro Natura, Bird Life, Stiftung für Landschaftsschutz und Heimatschutz haben bereits angekündigt, dass sie eine Volksinitiative zur Verschärfung lancieren wollen. Die Hauptforderungen:

  • Trennung des Baugebiets vom Nichtbaugebiet sicherstellen.
  • Neubauten im Nichtbaugebiet müssen für die Landwirtschaft nötig oder aus wichtigen Gründen standortgebunden sein. Die Zahl und der Flächenverbrauch der Gebäude sollen aber künftig nicht mehr zunehmen.
  • Bestehende Wohngebäude sollen weiterhin zum Wohnen verwendet werden können. Neues landwirtschaftsfremdes Gewerbe und der Umbau von Ökonomiebauten (Ställen u.ä.) zu Wohnungen sollen im Nichtbaugebiet jedoch nur zugelassen werden, wenn dies der Erhaltung schutzwürdiger Bauten und deren Umgebung dient. 

akr

 

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