Die Fokussierung auf den Klimawandel könne dazu führen, dass Prioritäten beim Artenschutz falsch gesetzt werden, befürchten die Wissenschaftler um Sean Maxwell von der University of Queensland in Brisbane (Australien).
Die Forschenden hatten fast 8700 Spezies in ihre Analyse einbezogen, die auf der Roten Liste bedrohter Arten der Weltnaturschutzunion (IUCN) stehen. Sie stellten fest, dass 72 Prozent von ihnen durch die Übernutzung von Ressourcen bedroht sind. Diese betreffe entweder die jeweilige Art selbst oder Teile ihres Lebensraums.
Rodung und Landwirtschaft
So seien allein mehr als 4000 Spezies durch Waldrodungen bedroht, schreiben die Forscher. Beispielhaft werden der Tropenvogel Borneowolltimalie (Ptilocichla leucogrammica), die indische Nikobaren-Spitzmaus (Crocidura nicobarica) und die Stumpfnasenaffen (Rhinopithecus) aus Myanmar genannt.
Der zweitwichtigste Faktor sei die Landwirtschaft, die 62 Prozent der einbezogenen Arten treffe, so die Wissenschaftler. Allein der Getreideanbau gefährde 4600 Arten wie die Fresno-Kängururatte (Dipodomys nitratoides) und den Afrikanischen Wildhund (Lycaon pictus), weil die dafür genutzten Flächen als Lebensraum verlorengingen. An dritter Stelle stehe die Urbanisierung.
Mehr als 2700 Arten sind der Auswertung zufolge zudem direkt bedroht, weil sie gejagt, gefischt oder für die Tierhaltung gefangen werden - so zum Beispiel das Sumatra-Nashorn (Dicerorhinus sumatrensis), der Westliche Gorilla (Gorilla gorilla) und das Chinesische Schuppentier (Manis pentadactyla). Grundsätzlich spielten bei den meisten untersuchten Spezies mehrere Faktoren eine Rolle.
"Alte Feinde" bekämpfen
Mit Blick auf den Weltnaturschutzkongresses der IUCN auf Hawaii im September appellierte das Forscherteam an die Verantwortlichen, sich beim Thema Naturschutz nicht nur auf Klimafragen zu konzentrieren. Der Klimawandel könne zwar künftig eine grosse Gefahr für die Artenvielfalt darstellen, dringlicher sei es aber momentan, die "alten Feinde" zu bekämpfen.
James Watson von der University of Queensland, Koautor des "Nature"-Beitrags, erklärt in einer Mitteilung der Wildlife Conservation Society (WCS): "Schutzzonen, die Durchsetzung von Jagdregulationen und der Aufbau einer Landwirtschaft, die bedrohten Arten ein gleichzeitiges Überleben ermöglichen - all das spielt eine grosse Rolle, wenn es darum geht, die Artenvielfalt zu erhalten."
Die Aufrechterhaltung einer intakten Fauna und Flora könne dann helfen, künftige Gefahren durch den Klimawandel zu entschärfen. Momentan ständen Gefährdungen hierdurch allerdings erst an siebter Stelle der Ursachenliste - 19 Prozent der untersuchten Arten sind betroffen.
sda/dpa