Im Einzugsbiet der Zuckerfabrik Frauenfeld hat die Zahl der Pflanzer vom Jahr 2015 auf das Jahr 2016 um 203 Personen auf 2326 Pflanzer abgenommen. Die Anbaufläche reduzierte sich im gleichen Zeitraum von 8518 auf 7972 Hektaren. Im Einzugsgebiet des Werks Aarberg erhöhte sich die Anbaufläche für Zuckerrüben im gleichen Zeitraum von 11'734 auf 11'913 Hektaren. Dieser Trend ist für das Werk in Frauenfeld beunruhigend. Um wirtschaftlich arbeiten zu können, ist dieses auf eine gute Auslastung angewiesen.


Zuckerpreis unter Druck


Gegenwärtig steht der Zuckerpreis unter massivem Druck. Das haben die Rübenpflanzer bereits zu spüren bekommen. So konnte der von der Interprofession Zucker festgelegte Richtpreis von 53 Franken pro Tonne Rüben für die Ernte 2014 nicht erreicht werden. Die Branche einigte sich auf 48 Franken. Für die Ernte des Jahres 2015 strebt die Interprofession einen Richtpreis von 43 Franken pro Tonne an. Obwohl die Zuckerpreise wieder etwas gestiegen sind, ist der Spielraum für attraktive Rübenpreise klein.

Die Erhöhung des Einzelkulturbeitrags des Bundes um 200 Franken auf 1800 Franken vermag die Mindereinnahmen der Landwirte aus dem Rübenverkauf nicht zu kompensieren. Dass da die Anbaubereitschaft der Rübenbauern leidet, erstaunt nicht.

Urs Denzler warnt davor, die Situation zu dramatisieren. Wenn man die beiden Werke in Frauenfeld und Aarberg vergleiche, so stelle man fest, dass eine Verlagerung der Produktion in den Westen zu verzeichnen ist, sagt der Präsident der Ostschweizer Vereinigung für Zuckerrübenanbau.  Er gibt zudem zu bedenken, dass nach der Rekordernte von 2014 im Jahr danach die Anbauquote deutlich reduziert worden ist. Nicht alle, die damals auf Quote verzichtet haben, hätten 2016 wieder aufgestockt, sagt er. Aber etwas beunruhigt Denzler: Auch im Kernanbaugebiet rund um das Werk Frauenfeld ist die Anbaubereitschaft für Zuckerrüben kleiner geworden. Mögliche Gründe dafür sieht  Denzler verschiedene.


Attraktive Alternativen: In den fruchtbaren Böden im Einzugsgebiet der Zuckerfabrik Frauenfeld ist der Anbau von alternativen Produkten finanziell attraktiver als der Rübenanbau. Als Beispiele nennt Urs Denzler Biogemüse und den Gemüsebau. Mit der Umstellung auf Bio können zudem höhere Direktzahlungen erreicht werden. Ob bei steigenden Rübenpreisen eine rasche  Rückkehr zum Rübenanbau möglich ist, bleibt allerdings offen.

Mais statt Zuckerrüben: Viele Milchwirtschaftsbetriebe pflanzen auf einem Teil ihrer Fruchtfolgeflächen Rüben und kaufen Mais zu. Für sie ist es gegenwärtig finanziell interessanter, den Mais selber zu produzieren und auf Rüben zu verzichten.

Bodenschutz:Im Rübenbau werden schwere Erntemaschinen eingesetzt. Mit Blick auf die Bodenverdichtung ist das ein Pro­blem – allerdings ein kleineres als beim intensiven Gemüseanbau. Ausserdem sind die Rübenbauer sowohl bei der Aussaat wie bei der Ernte auf Lohnunternehmer angewiesen. Das verursacht Kosten.


Bahnverlad: Die öffentliche Hand investiert zu wenig in einen attraktiven Bahntransport, kritisiert Denzler. Nötig wären grossflächige Verladestationen, an denen am Morgen ein ganzer Zug  hingestellt werden kann, der bis zum Abend Wagen für Wagen mit Rüben beladen werden kann. Können Wagen nur einzeln beladen werden, bedeutet dies Wartezeiten für die Rübenbauern, bindet Rangierpersonal und führt zu Mehrkosten. Im Grossraum Zürich diktieren die Bedürfnisse der S-Bahnen die Möglichkeiten des Bahntransports.

Verstopfte Strassen: Die Verkehrssituation ist im Einzugsgebiet des Werks Frauenfeld teilweise so angespannt, dass ein Rübentransport auf der Strasse kaum mehr möglich ist. Als Beispiel nennt Denzler das Zürcher Unterland, wo etwa der Flughafen Kloten, aber auch die Nähe zur Stadt Zürich und eine dichte Besiedlung zu einem enormen Verkehrsaufkommen führen. Eine dringliche Anfrage dreier bäuerlicher Kantonsräte, den Rübentransport mit der Bahn durch eine zentrale Verladestation in Nieder­hasli attraktiver zu gestalten, beantwortet der Regierungsrat ausweichend. Er bringt Verständnis für das Anliegen auf, hält aber fest: Für eine finanzielle Beteiligung an einer solchen Anlage und für Transportbeiträge fehlten dem Kanton eine Rechtsgrundlage.

Geeignet für das Mittelland

Urs Denzler bedauert die schwierige Situation, in der die Zuckerwirtschaft steckt. Er hängt aber an der Zuckerrübe. Für ihn ist die Rübe eine Pflanze, die eine hohe Ertragsleistung bringt und gut im Klima des Schweizer Mittellandes gedeiht. Sie braucht wenig Stickstoff, entnimmt diesen aus tieferen Schichten und übersteht auch längere Trockenheit. Er möchte weiter bei der Zuckerrübe bleiben. Aber auch für ihn kann der Preis nicht endlos sinken. Er warnt aber vor Euphorie bei einem allfälligen Ausstieg. Die Preisentwicklung für Rüben und alternative Kulturen laufen oft parallel, gibt er zu bedenken.


Christian Weber