Wer wirklich etwas Neues schaffen will, lässt sich von Altem inspirieren. Davon war auch Konrad von Meyenburg (1870–1952) überzeugt, der schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Amerika beobachtete, was für Schäden der Dampfpflug im Boden verursachen konnte.

Technisch Grossartiges

Deshalb suchte der geniale, heute total vergessene Erfinder nach einer Alternative zum Wenden der Erde beim Pflügen. Dabei fiel Konrad von Meyenburg auf, dass Tiere, die im Boden lebten, diesen auf eine Art bearbeiteten, die ihn sogar fruchtbarer machte. Besonders fasziniert war er von den Fähigkeiten von Scharrtieren wie dem Maulwurf, der mit seinen Krallen in Meyenburgs Wahrnehmung «technisch so Grossartiges» leistete «wie die Vögel im Fluge».

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Mit den relativ kleinen und leichten Bodenfräsen entwickelte Meyenburg ein Verfahren zur Bodenbearbeitung, das sich explizit an der Tätigkeit des Maulwurfs orientierte. Angetrieben wurden seine Bodenfräsen von den um die Wende zum 20. Jahrhundert aufkommenden Elektro-, Gas- oder Verbrennungsmotoren. Diese benötigten nicht mehr, wie die Dampfmotoren zuvor, so grosse Mengen an Wasser und Kohle, dass sie nur stationär wirtschaftlich betrieben werden konnten. Meyenburg hoffte, mit der Fräse zudem eine Krümelstruktur und Bodengare herstellen zu können, die sich als Alternative zu Justus von Liebigs «einseitiger Prosa des Düngersacks» etablieren würde.

Theoretiker und Praktiker

Entwickelt hat Konrad von Meyenburg seine Ideen nicht einsam am Zeichenpult, sondern, wie er selber betonte, in enger Zusammenarbeit mit praktischen Landwirten. Zudem versuchte er, sich «in die Haut der Scharrtiere, des Bodens und der Pflanzen zu versetzen», um von diesen zu lernen. Mit anderen Worten: Der Ingenieur war zeitweise vor allem in Werkstätten und auf Äckern tätig.

Meyenburg hatte an der ETH in Zürich Maschinenbau studiert. Danach arbeitete er kurz bei der Firma Escher-Wyss und machte sich danach selbstständig. In die USA reist er zum ersten Mal 1890. 1893 besuchte er die Weltausstellung in Chicago, wo er auch den Arbeitswissenschaftler Frederick Taylor traf, für den er 1896 in Boston eine Zeitlang arbeitete. Zurück in der Schweiz, versuchte Meyenburg, Taylors Prinzipien der Rationalisierung der Arbeit in Fabriken auf den Ackerbau zu übertragen – allerdings im Bewusstsein, dass sich die Ingenieurskunst im Umgang mit dem lebendigen Boden den biologischen Gesetzen unterzuordnen hatte.

Ein vielseitiges Gerät

Zur Umsetzung seiner Erfindungen arbeitete Meyenburg eng mit August Grunder zusammen, dem Gründer der gleichnamigen Traktorenfabrik in Binningen, die in der Folge auch Bodenfräsen nach Meyenburgs Vorstellungen zu produzieren begann.[IMG 3]

Zusammen gründeten die beiden 1911 die Motorkultur AG, um die Patente für Meyenburgs Erfindungen zu verwerten. Es gelang ihnen, Lizenzen an Firmen in Frankreich, Holland, Österreich, Japan und den USA zu verkaufen. In Deutschland schufen die Siemens-Schuckert-Werke sogar einen eigenen Versuchsbetrieb zur Weiterentwicklung der Bodenfräsen nach dem System Meyenburg.

In der Schweiz war es neben der Firma Grunder vor allem die Simar SA in Genf, die Bodenfräsen baute und weiterentwickelte. Meyenburg ging davon aus, dass seine Bodenfräse schliesslich in der Lage sein werde, die Stoppeln zu stürzen, Mist und Gründüngung unterzubringen, das Saatbeet vorzubereiten, Getreide, Kartoffeln und Rüben zu hacken, Lasten zu ziehen und erst noch alle stationären Maschinen in Haus und Hof anzutreiben.

Grosser Erfolg blieb aus

Doch diese Vielseitigkeit machte die Bodenfräse auch reparaturanfällig und relativ teuer. In der Schweiz rieten Praktiker deshalb dazu, die Fräsen auf das Machbare zu beschränken, das heisst, sich auf die Oberflächenbearbeitung des Bodens zu konzentrieren.

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«Das andere machen wir mit unseren Zugtieren und mit dem Elektromotor», sagte der Landwirt und Landwirtschaftslehrer Albert Studler. Wer eine solche Bodenfräse baue, werde «in den nächsten zehn Jahren Tausende davon verkaufen», prophezeite er 1919. Aber dazu kam es nicht. Meyenburgs Bodenfräse setzte sich nur im Gartenbau wirklich durch. Die Gründe dazu erblickte Franz Ineichen vom Sentenhof im aargauischen Muri vor allem darin, dass sie den Boden nicht nur für die Nutzpflanzen gut, sondern für die Unkräuter vermutlich sogar viel «zu gut» präparierte.

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