Die Schweineproduktion hierzulande ist für ihre überschaubare Grösse mit den 2,3 Mio Schlachtschweinen in einem recht hohen Masse organisiert. Will heissen, viele der Produzenten haben sich spezialisiert und ihren Platz in der Zuchtpyramide im Schweizer Zuchtprogramm gefunden. Das Zuchtprogramm, strategisch und operativ in Sempach LU beheimatet mit dem Produzentenverband Suisseporcs und dem Genetik- und Gesundheitsunternehmen Suisag, ist dabei im Grundsatz klar. Mit zwei Mutterlinien (Edelschwein und Schweizer Landrasse) werden fruchtbare F1-Kreuzungssauen (Primera) für die Mastferkelproduktion gezüchtet. Für das Endprodukt, also das Schlachtschwein, fehlt dann noch das Fleisch. Hier kommt der Endprodukteeber zum Zug.

Drei Rassen sind im Angebot

Beim Endprodukteeber hat die Mastferkelproduktion die Wahl zwischen drei Rassen. Lange dominierte Premo (ehemals Edelschwein Vaterlinie). Dann kam die Nachfrage nach den fleischigen Piétrain auf. Duroc sind in der Zwischenzeit umsatzmässig ebenbürtig mit dem Schweizer Premo. Ausgelöst wurde diese Verschiebung durch die HIS-Problematik (Hämorrhagisches Intestinal-Syndrom). Auf einigen Mastbetrieben kam es vermehrt zu Darmverdrehungen. Diese Betriebe setzten dann verstärkt auf den Duroc. Die Nachfrage hat sich stabilisiert, das Angebot wurde entsprechend angepasst. Duroc-Sperma sei im Tagesgeschäft ab und zu noch knapp, heisst es bei der Suisag.

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Der Spermaverkauf der Suisag verteilt sich aktuell wie folgt auf die drei Vaterlinien-Rassen:

  • 42 % Premo
  • 38 % Duroc
  • 20 % Piétrain

Im Zuchtprogramm gibt es also Eberzüchter sowie die Kernzüchter der Mutterlinienrassen Edelschwein und Landrasse. Und Vermehrungsbetriebe, welche die beiden Mutterlinenrassen kreuzen und die Jungsauen an die Mastferkelproduzenten verkaufen. Die kleinste Gruppe sind die Züchter der Vaterliniensauen. Ihr Produkt sind die Eber, die als KB-Eber von der Suisag angekauft werden oder als Deck- oder Sucheber auf einen Schweinezuchtbetrieb gehen. Die Eber werden für 3000 bis 3500 Franken an die Suisag, bzw. für etwa 1700 Franken an Berufskollegen verkauft.

  • Premo Eber werden durch 8 Eberzüchter gezüchtet.
  • Duroc Eber werden durch 3 Eberzüchter gezüchtet.
  • Piétrain Eber werden durch 3 Eberzüchter gezüchtet.

Bei Premo ist die Zucht eigenständig. Duroc bekommt bisher etwas Blutauffrischung aus Kanada, wird aber zunehmend eigenständig, da die Zuchtpopulation in der Schweiz deutlich grösser wurde. Beim Piétrain kommt die Genetik aus Bayern.

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Die Eberzucht ist wichtig

In der Premo-Zucht werden Eberferkel, die nicht kastriert werden, in der ersten Lebenswoche DNA-beprobt, um individuelle genomisch optimierte Zuchtwerte für die Tiere bis zum 50. Lebenstag zu erhalten. 2023 werden etwa 1150 Eberferkel typisiert und 830 weibliche Zuchtferkel. Die Typisierung der Eberferkel bezahlt die Suisag, bei den weiblichen Ferkeln der Züchter.

  • Bei Premo werden 2023 rund 800 Eber feldgeprüft und davon 50–60 für die KB angekauft.
  • Beim Duroc werden 2023 etwa 400 Eber feldgeprüft und davon 50–60 für die KB angekauft.
  • Beim Piétrain werden 2023 etwa 130 Eber feldgeprüft und davon 10–15 für die KB angekauft.

Die Arbeit der Eberzüchter ist aufwändig und wichtig; zu ihnen gelte es, Sorge zu tragen, sagt Henning Luther, Zuchtleiter bei der Suisag. Umso bedeutender, dass Interessenten die Deckeber bei diesen Profis kaufen. Die Suisag betreibt zwei KB-Stationen in Knutwil LU und Wängi TG, führt das Herdebuch und setzt das Zuchtprogramm um. Die Nachfrage nach Vaterlinien-Ebern ist gesunken. Gründe sind vor allem der Strukturwandel bei den Produzenten und die Nachfrage nach Schweinefleisch. «Es gibt heute deutlich weniger Muttersauen in der Schweiz als vor 20 Jahren und somit braucht es auch weniger Eber», weiss Luther. Und wenn früher zwei Betriebe je 20 Sauen hatten, hat der Eberzüchter je einen Deckeber verkauft. Wenn heute ein Betrieb 40 Sauen hat, verkauft der Eberzüchter noch einen.

Nur mit Unterstützung möglich

Hinzu kommt: Vaterliniensauen haben im Mittel nur 8–10 lebend geborene Ferkel (LGF), während ML-Sauen heute 13–14 LGF ausweisen. Wirtschaftlich fehlen diese Ferkel also schon von Geburt an bei den Eberzüchtern. Die Vermarktung von ausselektierten Schlachtebern nach der Feldprüfung ist schwierig und nur zu tieferen Schlachterlösen möglich. Gemäss Schätzungen werden heute schweizweit noch rund 400 Deckeber pro Jahr verkauft. Auch die Anzahl angekaufter KB-Eber ist leicht sinkend. Der Deckeberverkauf werde in den nächsten Jahren noch weiter sinken, vermutet Henning Luther.

«Die Eberverkäufe werden in den nächsten jahren weiter sinken.»

Der Grund dafür sei der Strukturwandel, sagt Henning Luther, Suisag.

Die Suisag fördert die Eberzüchter daher seit Jahren auch finanziell mit Zahlungen für Zuchtwürfe und typisierte Eberferkel bzw. feldgeprüfte Eber. Es brauche die professionellen Eberzüchter. Seit Juli 2023 unterstützen auch die Mastferkelproduzenten mit einem Zuchtzuschlag auf Vaterliniensperma Massnahmen zum Erhalt der Eberzucht.

Mutterlinien-Genetik im Ausland gefragt

Beim Edelschwein und der Schweizer Landrasse stammen die KB-Eber alle aus Elitepaarungen. Die genetisch (DNA-Proben) besten 310 männlichen Ferkel pro Jahr und Rasse gehen nach Sempach LU in die Eberaufzucht. Die 2 x 310 Eber werden bis 80–90 kg aufgezogen und geprüft auf ihre Eigenleistung. Beurteilt wird insbesondere auch ihr Exterieur. Die züchterisch besseren 150 Eber pro Rasse kommen in den Wartestall, die anderen in den Schlachthof. Monatlich werden dann im Wartestall drei Eber pro Rasse für die KB ausgewählt, 36 Eber also pro Rasse und Jahr. Heute stehen so mehr Landrasse-Eber ab KB-Station zur Verfügung als früher. Der Verkauf ist allerdings in der Schweiz auch bei Mutterlinien (ML) rückläufig.

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Die Suisag konnte in den vergangenen Jahren bei ML erfolgreich einen Export-Markt aufbauen. Über Partnerorganisationen werden jährlich bereits um die 24 000 Portionen verkauft. Vor allem in Deutschland, Belgien, Brasilien und neu Österreich. Schweizer Mutterlinien-Genetik findet im Ausland immer mehr Kunden. Die Suisag listet folgende Gründe, die für Schweizer Mutterlinien-Genetik sprechen:

  • Umgängliche, ruhige Sauen
  • Wenig Ferkelverluste
  • Wenig Sauenverluste
  • Gutes Preis-/Leistungsverhältnis

Das Exportgeschäft kommt auch den Schweizer Kunden zugute: Durch Absatz und Einnahmen im Ausland können die Rückgänge in der Schweiz zumindest teilweise aufgefangen werden. Dadurch konnten Preiserhöhungen bei ML-Sperma in den letzten Jahren vermieden und wichtige Investitionen in das Zuchtprogramm getätigt werden.

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Hier gibt es geprüfte Schweizer Deckeber
 
Premo: Rolf Baumgartner, Hefenhofen TG; Urs Christen, Koppigen BE; Güdel Schweinezucht, Kaltacker BE; Gutsbetrieb Hinterbleichenberg, Zuchwil SO; Beat Kühni, Oberburg BE; Remporc AG, Grosswangen LU; Ruckstuhl-Genetik, Pfaffnau LU; Schwizer Walenstadt AG, Walenstadt SG.

Swiss Duroc: Huber Schweinezucht GmbH, Appenzell AI; Valentin & Marina Schättin, Kirchberg SG; Samuel Schwab, Worb BE.

Swiss Piétrain: Kurt Bigler, Hellbühl LU; Peter Scherer, Hünenberg ZG; Albert Weber, Veltheim AG.