Grossaufmarsch bei der Stöckweid. Seit August 2020 wird der Boden eines fünf Hektar grossen Feldes aufgewertet. Das Projekt soll bis Ende 2023 fertig sein. Baggerbrummen und Lastwagenverkehr gehört hier zur Tagesordnung. Grund dafür ist die Kompensation von Fruchtfolgefläche, welche durch die Erstellung der Umfahrung Ottenbach-Obfelden verloren geht.
Familie Duperrex hat so die Möglichkeit bekommen, auf einer fünf Hektar grossen Parzelle ihren wenig fruchtbaren Boden aufwerten zu können. Doch das Projekt ist sehr aufwändig, kostenintensiv und dauert lange. Kubikweise Boden muss zur Parzelle transportiert werden. Schliesslich bietet es aber sowohl für den Kanton als auch für Duperrex’ Vorteile.
Kurz & bündig
- Durch den Bau der Umfahrungsstrasse Ottenbach gehen 4,3 Hektaren Fruchtfolgefläche verloren, welche der Kanton Zürich kompensieren muss.
- Mit einem Projekt, das mehrere Millionen kostet, will der Kanton neue Fruchtfolgefläche erschaffen.
- Rund 2500 LKW-Ladungen mit Aushub wurden zur Parzelle gefahren.
- Das Projekt dauert drei Jahre
Der Kanton muss Fruchtfolgefläche kompensieren
Durch den Bau der Umfahrungsstrasse Ottenbach-Obfelden gehen insgesamt 4,3 Hektaren Fruchtfolgefläche verloren. Im Kanton Zürich müssen die durch Bauten verlorenen Fruchtfolgeflächen qualitativ und quantitativ kompensiert werden. Dies kann erreicht werden, indem beispielsweise wenig fruchtbarer flachgründiger Boden aufgewertet und somit zu Ackerboden umgewandelt wird. Dafür bekommt der Kanton sogenannte Bodenpunkte. Dabei kommt es nicht darauf an, welche Fläche aufgewertet wird.
Die neue Fruchtfolgefläche wird nun auf einer flachgründigen Parzelle bei Duperrex’ erstellt, obwohl die Fläche für den Bau der Umfahrungsstrasse nicht der Familie Duperrex gehört hat. Wichtig ist, dass die zu verbessernde Fläche vorher keine Fruchtfolgefläche war.
Vor einigen Jahren wurde in der Nähe die Autobahn durch Mettmenstetten gebaut. Dafür wurde ein Entwässerungsstollen unter dieser Parzelle gebaut, um die Autobahn zu entwässern. Dafür wurden Probebohrungen gemacht und erkannt, dass die Parzelle eine potenzielle Fläche zur Aufwertung darstellen würde.
Aus flachgründigem Moorboden wird neu Fruchtfolgefläche
Das Gebiet wurde ehemals vom Reussgletscher geprägt, weshalb die Parzelle früher ein Moor war. Dieses wurde vor rund hundert Jahren entwässert. Daher handelt es sich um Moorboden mit hohem Anteil an organischer Substanz, welcher sich durch die Nutzung stark abgesenkt hat. Der Boden wies an einigen Stellen lediglich eine Gründigkeit von etwa 30 cm auf. Der Unterboden, der Platz fürs Wurzelwerk bietet, fehlt fast vollständig. Darunter befindet sich direkt Seekreide und Gestein.
Daher kann der Boden einerseits schnell austrocknen, da sich die Schwarzerde stark erwärmt. Andererseits entsteht rasch Staunässe, da die Drainageleitungen teilweise bereits defekt sind. Aus diesen Gründen konnten Duperrex’ diese Fläche lediglich als Naturwiese nutzen und nicht beackern. Der Grasbestand war sehr lückig wegen Mäusebefall und die Erträge dementsprechend tief. Einsaat war schwierig, da die Grassaat im heissen Schwarzerdeboden gleich vertrocknen würde.
Jetzt wurde diese Fläche vom Kanton auserwählt als Kompensation der verlorenen Fruchtfolgefläche durch die Umfahrungsstrasse. In den Jahren 2020 bis 2023 soll auf der fünf Hektar grossen Parzelle dieses Projekt umgesetzt werden.
Wie wird der Boden aufgewertet und aufgeschichtet?
Einerseits sollen die Unebenheiten beseitigt und andererseits die Bodenhorizonte aufgewertet werden. Ziel des Kantons Zürich ist es, den durch die Umfahrungsstrasse entstandene Aushub zu verwerten und neue Fruchtfolgefläche zu schaffen.
Am 14. August 2020 wurde bereits begonnen, den Ober- und Unterboden von der Umfahrungsstrasse zur Aufwertungsparzelle zu transportieren. Diese wurden an zwei Haufen auf der Parzelle gelagert. Im Frühling 2021 nach dem ersten Schnitt wurde mit dem Abhumusieren der aufzuwertenden Fläche begonnen. Der Oberboden dieser Parzelle wurde ebenfalls an einem Haufen deponiert.
Anschliessend wurde der Aushub (Schicht unter dem Unterboden) von der Umfahrungsstrasse zur Parzelle gebracht. Das waren rund 25 000 m3 Aushub, der als Ausgangsmaterial (C-Horizont) verteilt wurde. Das entspricht etwa 1250 LKW-Ladungen. Somit konnte auch gleich die etwa 2 Meter tiefe Senke in der Parzelle ausgeglichen werden. Jetzt besteht nur noch eine Steigung von 1 % über die ganze Parzelle. Das Ausgangsmaterial wurde fest angewalzt, damit sich dieses Gefüge nicht zu fest bewegt, wenn sich der Boden noch absenken wird.
Danach wurde ein aufwändiges neues Drainagesystem verlegt, mit sehr grossen Abflussrohren. Darüber wird anschliessend der Unterboden und der Oberboden mit je 50cm Höhe über die ganze Parzelle aufgebaut. Der Unterboden stammt von der Fläche der Umfahrungsstrasse. Für den Oberboden wird jeweils der Braunerde-Boden der Bauzone mit dem Moorboden von Duperrex gemischt und ebenfalls in 50cm Höhe aufgeschichtet. Durch die Mischung soll verhindert werden, dass sich der Moorboden wieder zu stark absenkt.
Die Aufschichtung der oberen Bodenhorizonte erfolgt streifenweise. Das heisst, es werden immer Streifen in etwa 3 Meter Breite vollständig aufgebaut. Grund dafür ist, dass der Bagger die oberen Bodenschichten nicht befahren und verdichten darf. Durch den streifenweisen Aufbau befindet sich der Bagger immer auf dem befestigten C-Horizont und kann von da aus mit dem Baggerarm die oberen beiden Schichten erstellen.
Etwa 2500 LKW-Ladungen brachten Aushub
Insgesamt wurden rund 50 000 m3 Boden von der Fläche der Umfahrungstrasse zur aufzuwertenden Parzelle transportiert. Dazu brauchte es etwa 2500 LKWs, die über Monate den Boden von der Baustelle über fünf Kilometer zur Parzelle transportierten.
Das Bauunternehmen Anliker führt das Projekt der Bodenaufbesserung im Auftrag des Kantons durch. Dabei erhält der Kanton Bodenpunkte, die zur Kompensation der verloren gegangenen Fruchtfolgefläche dienen. Pro Quadratmeter Bodenfläche, die aufgebessert wird, gibt es einen Punkt. Ein Bodenpunkt kann je nach Nachfrage 10 bis 80 Franken pro Quadratmeter kosten. Dabei werden rund 10 Prozent des Betrages für die Planung der Bodenaufbesserung aufgewendet.
Teilweise können Bauunternehmen auch mit den Bodenpunkten handeln, wenn sie eine Fläche aufgebessert haben. Diese Punkte können dann vom Kanton oder einem Bauherr abgekauft werden, wenn gebaut wird. Somit muss der Bauauftraggeber keine Flächen mehr selber aufbessern, sondern kann die verbaute Fläche mit dem Kauf von Bodenpunkten kompensieren. Alleine die Planung des Projektes kostete bereits 400 000 Franken. Das Planungsdokument ist 34 Seiten lang. Das gesamte Projekt wird vom Kanton finanziert und kostet mehrere Millionen Franken.
Das Projekt wird von der Bodenfachstelle begleitet. Wöchentlich kommt ein Experte der Fachstelle auf die Baustelle und beurteilt die Arbeit. Er bestimmt auch, wann mit dem Boden gearbeitet werden darf in Hinblick auf das Wetter. Wenn es zu nass ist, steht die Baustelle still. Falls der Boden ungenügend aufgebaut wird und die Anforderungen für eine Fruchtfolgefläche nicht erfüllt, muss das Bauunternehmen dafür geradestehen.
Wie wird der Boden anschliessend genutzt?
Die Familie Duperrex hat vom Kanton die Auflage bekommen, den Boden während mindestens drei Jahren nicht zu pflügen. Der Boden wird sich in den nächsten Jahren noch bis zu 20 cm absetzen, da die oberen beiden Horizonte nicht rückverfestigt wurden.
Der Boden wurde etliche Male umgegraben und gelagert, bis er schliesslich am richtigen Ort platziert wurde. Deshalb weist der Boden aktuell noch wenig Aktivität mit Bodenorganismen auf. Damit eine erste Durchwurzelung des Bodens stattfinden konnte, haben Duperrex auf den bereits fertigen Abschnitten eine Grünroggenmischung gesät. Diese wurde von Hand gestreut, da der Boden noch sehr locker ist und ein Befahren zu drastischen Fahrspuren führen würde.
Im Folgejahr wurde der Grünroggen runtergemulcht und mit Komposttee zusammen flach eingearbeitet mittels Spatenmaschine. Danach wurde eine Luzernemischung eingesät, um einerseits die Durchwurzelung weiter zu fördern und andererseits als wertvolle Kunstwiese für den Futterbau zu dienen.
Später ist geplant, diese Fläche in die Fruchtfolge einzubauen und zu beackern. Duperrex’ wollen dem Boden aber die nötige Zeit geben und schauen erst, wie sich der Boden nach drei Jahren entwickelt hat. Falls nötig, würden sie mit Ackern noch länger als die vorgegebenen drei Jahre zuwarten.
Der Boden, welcher von der Fläche der Umfahrungsstrasse stammt, wurde lange an einem Haufen deponiert. Deshalb besteht nur noch wenig Leben in diesem Boden. Der «neue» Boden soll daher wieder etwas belebt und durchwurzelt werden. Duperrex sind stets innovativ und experimentierfreudig. Nebst der Zwischenfruchtansaat wird neu Komposttee eingesetzt. Dies erstmals auf dem unberührten Boden. Dazu wurde der Komposttee mit der Feldspritze am Frontanbau ausgebracht und hinterher direkt mit der Spatenmaschine eingearbeitet. Der Tee soll die fehlenden Mikroorganismen wieder in den Boden bringen und so die Verfestigung und Durchwurzelung des neuen Bodens fördern. Zukünftig möchten Duperrex den Komposttee auch bei den Spargeln und Kürbissen einsetzen.
Win-Win-Situation für den Kanton und Duperrex
Auf jeden Fall bietet das Projekt einen Mehrwert für beide Seiten. Einerseits kann der Kanton seine nötigen Bodenpunkte sammeln und die Fruchtfolgefläche kompensieren. Andererseits bekommen Duperrex’ fünf Hektaren mehr Ackerfläche.
Natürlich kann der Boden über die Zeit des Projektes nicht mehr vollständig genutzt werden. Aber Duperrex' sehen da keinen grossen Verlust, wenn sie nach den drei Jahren den Boden neu als Ackerfläche nutzen können.
Betriebsspiegel Stöckweid
Serge und Jean-Jacques Duperrex, Maya Duperrex, Knonau ZH
LN: 51,3 ha plus 2,8 ha Wald
Kulturen: Silomais, Winter-weizen, Wintergerste, Urdinkel, Kunstwiesen, Kürbis, Spargel, Streuwiesen
Tierbestand: 57 Milchkühe (H, RH, Brown Swiss)
Weitere Betriebszweige: Lohn-arbeiten (Silieren, Mähen, Saaten), Direktvermarktung mit Hofladen, Hofgastronomie, Solaranlage, 1. August-Brunch
Arbeitskräfte: Jean-Jacques, Maya und Serge Duperrex, Lehrling Jan Burkard (50 %),Kati Fábián (März bis November), diverse Aushilfen und Tagelöhner
www.stoeckweid.ch