42 Kühe verbrachten diesen Sommer auf der Alp Ozur in Tiefencastel GR. Sie wurden von Senn Tobias Schaad aus Lungern OW und Zusenn Thomas Marti aus Matt GL betreut. Die Kühe gingen am 11. Juni z Alp. Ein paar Tage später wurden noch 15 Jungschweine auf die Alp gebracht. Sie verbringen die Alpzeit im grossen Auslauf oder im Stall, werden mit Schotte und Mehl gefüttert und fressen Gras im Auslauf. Nach der Alpung werden sie geschlachtet. Das Fleisch der Alpschweine wird für den Eigengebrauch verwendet oder direktvermarktet. Die Alp wurde rund eine Woche früher bestossen als in anderen Jahren.   

[IMG 2]

Jede Kuh kennt ihren Platz

Bis Mitte August, als die BauernZeitung die beiden besuchte, waren rund 35'000 Kilogramm Milch gemolken worden. Daraus wurden etwa 3700 Kilogramm Bündner Alpkäse und rund 160 Kilogramm Butter hergestellt. Ab Anfang August wurden dieses Jahr ein paar Kühe trockengestellt und kamen auf eine separate Galtweide. 

Täglich kontrollieren Tobias Schaad und Thomas Marti die Kühe. Die laktierenden Kühe werden morgens um 5 Uhr von der Nachtweide in den Stall geholt. In der Krippe liegt etwas Heu, so dass die Kühe jeweils gerne zum Stall kommen und sich anbinden lassen. Die meisten Kühe kommen aus Freilaufställen und es ist anfangs Alpsaison nicht selbstverständlich, dass sie sich ohne Weiteres anbinden lassen. Inzwischen weiss auf der Alp Ozur aber jede Kuh, wo ihr Platz ist, und geht beim Einstallen direkt dorthin. Nach dem Melken und einer Ruhepause werden sie wieder auf die Tagweiden gelassen, welche zum Teil über einen längeren Marsch erreicht werden.  

Das Buttern ist strenge Handarbeit

[IMG 3]Mittels Absauganlage gelangt die Milch abends in die Milchwanne, wo sie gekühlt wird. Am Morgen wird die Milch abgerahmt. Der Rahm wird pasteurisiert und je nach Menge jeden zweiten oder dritten Tag verbuttert. Die Butterherstellung nimmt pro Mal rund vier Stunden Arbeitszeit in Anspruch. Zuerst muss die Milch abgerahmt werden, dann wird sie pasteurisiert und wieder abgekühlt. 

Im Butterfass wird der Rahm zu Butter geschlagen. Dann beginnt die eigentliche strenge Arbeit. Butter muss von Hand im kalten Wasser so lange geknetet werden, bis keine Buttermilch mehr austritt. Jetzt werden die Butterblöcke geformt und abgepackt. Natürlich werden sämtliche Utensilien sauber gereinigt und getrocknet, damit alles für die nächste Butterherstellung wieder bereit ist. 

Auf die richtige Temperatur achten

Die Morgenmilch gelangt direkt ins Käsekessi, die Abendmilch kommt nach dem Abrahmen dazu. Senn Tobias Schaad erwärmt die Milch, rüstet die Kultur, welche der Milch beigegeben wird, damit die gewünschten Bakterien bei der Käsereifung wirken können. Bei der richtigen Temperatur wird der Milch die Labflüssigkeit zugegeben. Sie sorgt dafür, dass die Milch dick und somit schneidfähig wird. Der Senn überprüft das Dick der Milch. Zum richtigen Zeitpunkt greift Schaad zur Käseharfe und beginnt, die Masse zu schneiden. Im Käsekessi sind lange eingedickte «Milchstäbe», welche durch gezieltes Rühren gebrochen werden – es entsteht der Bruch. Es wird solange gerührt, bis die Körner des Bruchs die gewünschte Grösse und Festigkeit erreicht haben. 

Es gibt zwei Käselaibe pro Form

DossierDossierAlpgeschichtenFreitag, 23. September 2022 Dann wird es Zeit, die Käsemasse aus dem Käsekessi zu ziehen. Dafür braucht Senn Tobias Schaad die Hilfe seines Kollegen Thomas Marti. Gemeinsam ziehen sie vorsichtig die Masse aus dem Käsekessi und bringen sie mittels eines Aufzugkrans in die Vorpresswanne. Hier lassen sie die Masse etwas ruhen, sich verfestigen, dann wird sie geschnitten und vorsichtig in die Käseformen gebracht. Es gibt jeweils zwei Käselaibe pro Form.

Mit Gewichten beschwert, wird Schotte aus der Masse gepresst, was die Qualität der Käse verbessert. Die Käse werden mehrmals aus der Form genommen und gewendet. Die Presswanne wird zugedeckt, damit die frisch entstandenen Käse nicht zu schnell abkühlen. Die Käse werden mit der Kaseinmarke und dem Herstellungsdatum versehen. Jede Bündner Alp hat eine Identifikationsnummer, welche auf der Kaseinmarke steht. So kann jeder BündnerAlpkäse seiner Alp zugeordnet werden. 

Alpromantik ist fehl am Platz

Die Alpkäse der vorhergehenden Produktion werden in der Zeit, in welcher die Milch erwärmt wird, aus den Formen genommen, gewogen und die Kanten mit einem speziellen Messer gebrochen. Diese «Käseschwänze» können selbst gegessen werden – oder aber der Hund oder die Hühner freuen sich über die Delikatesse. Pro Tag werden fürs Käsen rund fünf Stunden benötigt. Doch nicht nur die Produktion braucht Zeit. Die Käse müssen auch täglich gepflegt werden, nochmals etwa zwei Stunden, damit sie gut und gleichmässig reifen können und eine schöne Rinde bekommen.  [IMG 5]

Anfangs Alpzeit sind die Tage sehr lang, die Arbeit anstrengend. Alppersonal wechselt oft und so muss man sich auf jeder Alp wieder einleben. Hat man jedoch das Glück, dass das Alppersonal im Folgesommer wieder kommt, ist es für alle um einiges einfacher. Weil die Alpzeit saisonal ist, gestaltet es sich für Älpler(innen) oft schwierig, eine Festanstellung zu finden, bei der es möglich ist, während rund drei bis vier Monaten im Sommer am Arbeitsplatz zu fehlen. 

Viele Neueinsteiger haben romantische Vorstellungen, doch es ist harte Knochenarbeit. Man muss teamfähig sein, es gibt nicht nur schönes, warmes Wetter, sondern es kann bitterkalt und nass sein. Im Nebel das Vieh zu suchen, ist nicht jedermanns Sache. Jedes Jahr wird das Alpophon von unzähligen Älplern und Alpmeistern angerufen, Hilfe und Aushilfen werden gesucht. In den letzten Jahren kam noch das Problem der Grossraubtiere, allen voran der Wolf, dazu. Der Schutz der Nutztiere erfordert grossen Einsatz und der Wunsch, keine Tiere durch den Wolf zu verlieren, erfüllt sich nicht nicht immer. 

Postive Rückmeldungen sind erfüllend

[IMG 4]Tobias Schaad ist in Lungern aufgewachsen, wo er die Grundschule und Oberstufe besuchte. Weil er sehr gerne in der Natur arbeitet, wurde er Forstwart. Mit dem «Älpler-Virus» wurde er schon als Kind infiziert, denn er durfte in den Sommerferien auf die Alp und half dort nach Kräften mit. Die Arbeit sei zwar streng gewesen, aber er habe sich dort zufrieden und glücklich gefühlt. So lag es nahe, dass er als Erwachsener auch auf die Alp geht und heute als Senn auf der Alp Ozur arbeitet. 

«Senn zu sein bedeutet mir viel», sagt Schaad. Grosse Freude bereitet dem 24-Jährigen, die Milch zu Käse zu verarbeiten. Dann brauche es Geduld, bis der erste Käse angeschnitten werden kann. «Wenn dann die Bauern und Konsumenten vom Alpkäse begeistert sind, erfüllt mich das mit grosser Freude.»

Im vergangenen Winter war Schaad erstmals als Pistenbully-Fahrer unterwegs, und zwar auf Gotschna in Klosters GR. Hier entdeckte er eine weitere Lei­denschaft. Pistenbully-Fahrer,Älp­ler, Forstwart – Schaad kann diese Berufe gut kombinieren. «Älpler und Pistenbully-Fahrer sind saisonal. So bleiben der Herbst und Frühling, um wieder als Forstwart im Wald zu arbeiten», sagt er.

In der ganzen Welt herumgekommen

Zusenn und Hirt Thomas Marti ist in Matt am Weissenberg aufgewachsen. Im Winter ist dieser Ort im Glarnerland nur mit der Seilbahn erreichbar. Das bedeutete für Marti, dass er im Winter, um den Kindergarten und die Schule zu besuchen, die Seilbahn benutzen musste. Bei den Sportbahnen Elm absolvierte er die vierjährige Lehre als Seilbahn-Mechatroniker. Nach der Lehre konnte er für Seilbahnhersteller als Monteur auf der ganzen Welt tätig sein. 

Während drei Wintern präparierte der heute 24-Jährige in Laax GR mit der Pistenmaschine die Skipisten. Diesen Herbst besucht er den Patrolleur-Kurs und im nächsten Winter wird er als Patrolleur in Laax arbeiten. Weil auf dem Betrieb der Familie Marti Aufzuchtvieh gehalten wird, wollte er auf einem Betrieb mit Milchkühen arbeiten. «Zudem interessierte mich die Käseherstellung sehr. Darum, was lag näher, als einen Sommer auf einer Sennalp zu verbringen?», fragt er rhetorisch. 

Zahlen zur Alp Ozur
Während rund 80 bis 85 Tagen sind die Kühe auf der Alp Ozur. Die Weiden erstrecken sich von 1940 bis auf etwa 2100 m ü. M. Bevor die Kühe auf die Alp gebracht werden, bereitet das Alppersonal die Zäune und Weidetränken vor. So werden Tag- und Nachtweiden eingeteilt und es gibt verschiedene Schläge. Je nach Witterung können die Weiden unterschiedlich lange benutzt werden. Weil die Alp Ozur am Nordhang des Piz Mitgels liegt und es ab und zu auch regnete, wuchs auch dieses Jahr sehr viel Gras.