Ursula und Andreas Lüthi aus dem emmentalischen Signau verbindet eine ganz besondere Leidenschaft – die Imkerei. Das alleine ist nicht aussergewöhnlich, gibt es doch unzählige Hobby-Imker. Doch für Lüthis ist die Imkerei mehr als ein Hobby. Es ist ihre Berufung.

Andreas Lüthi betreibt die Leidenschaft als Erwerbsimker, Ehefrau 
Ursula ist daneben zu 
60 Prozent als Behindertenbetreuerin tätig. Doch der Grossteil des Einkommens wird durch den Verkauf von Honig, Honigwein und Bienenwachskerzen erwirtschaftet.


Prüfstation hinter dem Haus


Die Aufzucht von Jungvölkern und jährlich rund 300 Carnica-Königinnen bietet Lüthis einen finanziellen Rückhalt. Dafür steht seit 2010 hinter dem Haus eine sogenannte Prüfstation. Denn wie bei der Viehzucht gibt es auch bei der Bienenzucht Rassenzuchtorganisationen und die Bienenvölker müssen bei Gelan gemeldet werden. Hinzu kommen die Primärkontrolle alle zehn Jahre sowie die Lebensmittelkontrolle. «Wir verkaufen gute Qualität», erklärt der Imker.


Vor den Bienen geflüchtet


Begonnen hatte alles 1998, als Ursula Lüthi das Imkern mit zwei Völkern begann. Ehemann Andreas, gelernter Landwirt, der später als selbstständiger Fenstermonteur arbeitete, konnte den Insekten damals nichts abgewinnen. «Res ist zu Beginn vor den Bienen weit weggesprungen», erinnert sich Ursula Lüthi lachend. Die Liebe und Leidenschaft hätten sich bei ihrem Mann erst nach und nach eingestellt.

Lüthis steigerten die Anzahl ihrer Bienenvölker fortan stetig. Und so wurden heuer 210 Bienenvölker eingewintert. Andreas Lüthi reduzierte nach und nach sein Pensum als Fenstermonteur und widmete seine Zeit immer mehr der Imkerei. 2008 wurden eine Lagerhalle sowie eine Halle für die Honigverarbeitung gebaut. Vor zwei Jahren gab der 55-Jährige schliesslich seine Tätigkeit als Fenstermonteur ganz auf.


Drittwichtigstes Nutztier


«Uns war wichtig, für den Aufbau unserer Bienenzucht Zeit zu haben. Denn die Biene muss geschätzt werden, verrichtet sie für die Landwirtschaft doch unersetzliche Arbeit. Sie ist nicht einfach nur die Lieferantin», erklärt Andreas Lüthi bestimmt. Ehefrau Ursula nickt zustimmend.

Er betont, dass die Biene in der Landwirtschaft das drittwichtigste Nutztier sei. Früher habe jeder Hof seine eigenen Völker gehabt. Heute sei dies nur noch zu etwa fünf Prozent der Fall. Lüthis haben daher mit diversen Landwirten und Obstbauern im Raum Emmental und Mittelland Absprachen betreffend Stellplätze für ihre Völker getroffen. Für die Eheleute sind der Respekt und die Vorsicht im Umgang mit den Bienen das oberste Gebot ihrer Arbeit. Die gesamte Vermarktung ihrer Produkte haben die Eheleute Lüthi in Eigenregie auf die Beine gestellt. 


Fundierte Grundbildung


Nebst der Leidenschaft braucht es in der Imkerei auch eine fundierte Grundausbildung sowie viel Engagement und unermüdliche Einsatzfreude. Das wird deutlich, als Lüthis von ihrem Jahreskreislauf erzählen. Denn die jährliche Arbeit mit den Bienen ist nicht nach der Trachtsaison beendet. Als Tracht bezeichnet wird der Honig, den die Honigbienen in den heimischen Stock eintragen und nicht selbst verbrauchen, so dass dieser Anteil durch die Imkerei geerntet werden kann.

Im Schweizer Durchschnitt beträgt die geerntete Menge pro Saison und Bienenvolk 12 Kilogramm. Bei Lüthis liegt die Menge zwischen 20 und 40 Kilogramm. Dem Ehepaar Lüthi ist es wichtig, Aufklärungsarbeit zu leisten. Es will aufzeigen, dass die Bienen eben alles im Überfluss herstellen und dass diese Tiere nicht einfach so zustechen würden.


Varroamilbe behandeln


Nach der Hauptsaison und dem längsten Tag im Jahr steht bereits die Vorbereitung auf den Winter an. Im August muss die Varroabehandlung durchgeführt werden. Danach sind die Völker gut zu beobachten und bei Bedarf steht eine zweite Varroabehandlung bevor. Dies geschieht mit Ameisensäure mittels eines Dispensers. Die verdunstende Säure lässt die Milben abfallen. Sobald sich im Bienenstock keine Brut mehr befindet, folgt die Winterbehandlung mit Oxalsäure. So wird der Schädling in Schach gehalten.


Vor Weihnachten liefs rund


Nachdem die Bienenvölker eingewintert sind, steht eine weitere arbeitsintensive Zeit bei Lüthis an. Der grösste Teil des Verkaufs passiert in der Zeit vor Weihnachten. Das Ehepaar stellt gemeinsam unzählige Geschenksets her, die als Firmengeschenke immer beliebter würden.

In der Adventszeit wird gar der Verarbeitungsraum zu einem stilvollen Verkaufs- und Ausstellungsraum umgewandelt. Ursula Lüthi kann in dieser hektischen Zeit an der Arbeitsstelle unbezahlte Ferien nehmen. Ansonsten wäre die Arbeit nicht zu schaffen, erklären beide. Und bereits im Februar beginnt in den Stöcken das Brutgeschäft. Das bedeutet für Andreas Lüthi, dass er das Konzept und die Völkerführung für die neue Saison planen muss.


Doch bei aller Planung darf nie vergessen werden, dass Bienenhaltung Kurzfristigkeit bedeutet. «Der Imker muss sich den Bienen anpassen», erklärt Andreas 
Lüthi. 

Andrea Wyss