Wieso wollen Bäuerinnen über Wochen hinweg im Fernsehen auftreten, kochen, über Kochkünste anderer diskutieren und diese werten? Wieso nehmen die Frauen während einer Woche in Kauf, dass eine Fernseh-Crew ihnen und der Familie auf Schritt und Tritt folgt, Intimes aus dem Alltag zeigt und man zu gar nichts kommt? Und wieso schauen Tausende von Schweizerinnen und Schweizern seit Jahren regelmässig zu? – Die Landfrauenküche ist ein Phänomen. Auch die BauernZeitungs-Redaktion konnte sich dem nicht entziehen. Chefredaktor Adrian Krebs hat die Sendung sogar zum Pflichtstoff, wie den Kassensturz oder die Arena, erkoren. Die Kochsendung ist für ihn, im Gegensatz zu den beiden anderen Sendungen, jedoch Erholung pur.
Nicht nur heile Welt
Ja, diese Erholung – oder vielleicht eher ein beim Zuschauen sich breitmachendes Sich-gut-Fühlen – ist wohl einer der Erfolgsfaktoren der Sendung. Man schaut zu, und alles ist stimmig. Aber nicht heile Welt, denn auch Landfrauen sind unterdessen geschieden oder haben unheilbare Krankheiten. Man fiebert mit. Aber die Anspannung und der Wettbewerb unter den Frauen halten sich so in Grenzen, dass sie für die Zuschauer immer noch gut ertragbar sind. Mehr als einmal kann man vor dem Fernseher herzhaft lachen, und in der einen oder anderen Situation erkennt man sich und seine Familie wieder. Also alles total normal.
Die Kandidatinnen haben eines gemeinsam: Sie sind unglaubliche Optimistinnen und sehr aufgestellt. Zum Teil sind sie so pragmatisch, dass es schon wieder cool ist. So richtige Heldinnen des Alltags. Man mag ihnen Erfolg und ein paar Minuten Promidasein von Herzen gönnen. Manchmal fragt man sich, ob diese Landfrauen vielleicht eine Duracell-Batterie eingebaut haben oder besonders viel Ovomaltine trinken. Unermüdlich bereiten sie alles, bis ins letzte Detail geplant, für das grosse Landfrauen-Festessen vor. Selbst vor Umbauten schrecken sie nicht zurück.
All das geschieht nebst ihrem ganz normalen Alltag, versteht sich. Und der ist ja auch nicht gerade gemütlich. Irgendwie machen sie das stellvertretend für all die Frauen und Mütter, die tagtäglich Menüs für uns hinzaubern. Aber bei denen geschieht das meist unscheinbar, ist normal, gehört sich so. Selten ein Lob oder grosses Aufheben deswegen. Ob Sie’s glauben oder nicht: Die Landfrauenküche ist ein Gefäss, das die Heldinnen des Alltags für ein paar Momente sichtbar macht.
Heldinnen loben
Das tut denen gut, die mitmachen. Aber es tut auch denen gut, die zuschauen. Jeder kann seine Heldin des Alltags loben. Man braucht nicht einen grossen Fernsehauftritt oder eine grandiose Einladung abzuwarten, es geht auch an einem ganz gewöhnlichen Montag oder Donnerstag. In der Küche helfen kann man sowieso jederzeit. Unsere Heldinnen helfen und unterstützen ja auch, wo immer sie können und gebraucht werden. Noch besser: Kochen wir doch gleich selbst für unsere Heldin. Rezeptideen lieferten uns die Landfrauen in den vergangenen Wochen ja zu Genüge. (Man muss nicht gleich mit einer sich von selbst öffnenden Schokoladenkugel beginnen.)
Am Ende merkt jeder, wie schön es ist, für andere zu kochen. Und Lob ist zu 100 Prozent sicher, denn Heldinnen schätzen es, verwöhnt zu werden. Wo Lob ist, ist auch Tadel nicht weit. Ab und zu hört man hinter vorgehaltener Hand: «Diese Bäuerinnen haben alle so moderne, grosse Küchen. Das ist doch nicht normal.» Wieso soll das bitte nicht normal sein!? In der Küche findet ein grosser Teil des bäuerlichen Lebens statt. Hier wird gelacht, geweint, zum ersten Mal geküsst. Hier wird gefestet, verhandelt, Geschirr zerschlagen. Und hier findet die Versorgung der wichtigsten Ressource des Hofs statt: die der Familie und der Mitarbeitenden.
Wieso soll nur der Stall auf dem neusten Stand und mit dem Modernsten ausgestattet sein? Es wird selten gefragt, ob für einen 20-Hektaren-Betrieb der neue 125-PS-Traktor wirklich sinnvoll ist, denn das ist eine Investition in den Betrieb. Wahrscheinlich machen die Küchen- und die Kaffeemaschine mehr Stunden, als alle Traktoren auf dem Hof zusammen. Darum denken wir daran: Auch wenn der grosse Traktor mit allem, was die Technik so hergibt, ausgerüstet ist, kann er (immer noch) nicht kochen.