«Für die Herkunft. Für die Zukunft.» Unter diesem Motto hat die Sortenorganisation Appenzeller rund 1400 Gäste ins Festzelt in Jakobsbad, am Fusse des Kronbergs, eingeladen. Die sonst nicht so kommunikative Sortenorganisation wollte die Gelegenheit nutzen und mit dem Fest allen am Appenzeller Käse Beteiligten für ihr Mitwirken danken. Der Appenzeller wird in etwa 60 Dorfkäsereien hergestellt, in den Kantonen Appenzell, Thurgau und St. Gallen.
Alt-Ständerat motiviert
Carlo Schmid, Alt-Ständerat und Vorstandsvorsitzender der Sortenorganisation Appenzeller, hielt eine aufmunternde und motivierende Ansprache und stellte gleich zu Beginn seiner Ausführungen klar: «Es kann nicht sein, dass der Appenzeller Käse erst seit 75 Jahren hergestellt wird. Den Appenzeller Käse gibt es schon länger als die Eidgenossenschaft.»
Im Mittelalter sei das Kloster St. Gallen nach damaligen Massstäben ein europäischer Grossbetrieb gewesen. Dort habe es einen Verwaltungsratspräsidenten gegeben – den Abt, der anno 1282 abgetreten sei. Die Appenzeller Bauern hätten damals, am 15. Januar 1282, eine sogenannte Abfindungsvereinbarung unterzeichnet. «Wie bei der Novartis und so.» Allerdings, so meinte Carlo Schmid scherzhaft, habe der abtretende Abt keine Millionen, sondern 60 Käse erhalten. «So gesehen könnten wir heute 735 Jahre Appenzeller Käse feiern.»
1942 zur Orientierung
Ihr 75-Jahr-Jubiläum feiert die Sortenorganisation in diesem Jahr, weil anno 1942 die Geschäftsstelle für Appenzeller Käse gegründet wurde, die Vorgängerin der heutigen Sortenorganisation. Diese Geschäftsstelle wurde gegründet, weil der Bundesrat im Kriegsjahr 1942 den gesamten Lebensmittelbereich der Kriegswirtschaft unterstellte. Milch, Butter und Käse wurden rationiert, die Preise wurden staatlich festgelegt. Im Jahr 1949 wurde dieses Regime aufgehoben. Appenzeller Bauern, Käser und Händler waren sich aber einig, dass diese Marktordnung privatwirtschaftlich weitergeführt werden muss – auch ohne die Vorschriften aus Bern.
750 Tonnen zu Beginn
Im Gründungsjahr der Sortenorganisation wurden 750 Tonnen Appenzeller Käse produziert. Heute sind es 9100 Tonnen. «Diese Entwicklung ist phänomenal», betonte Carlo Schmid. «Das ist ein sagenhafter Leistungsausweis für den Appenzeller Käse.» Schon 1942 wurden Regeln aufgestellt, die im Wesentlichen bis heute gelten. Damals wurde ein Fonds für Notzeiten geschaffen. Jeder, der ein Kilo Käse verkaufte, musste einen kleinen Betrag in den Fonds einzahlen, um allfällige Verluste abzudecken. Zwei oder drei Jahre nach der Gründung dieses Fonds, noch während der Kriegszeit, verfügte das Eidgenössische Finanzdepartement, diese Kasse sei augenblicklich zu saldieren. Das entsprechende Kapital – das waren damals 150 00 Franken – sei der Eidgenössischen Finanzdirektion zu überweisen. Die Appenzeller wehrten sich dagegen und die Verfügung wurde zurückgezogen.
«Das war der Anfang des Erfolgs des Appenzeller Käses», erklärte Carlo Schmid. Aber auch die Werbung und die Geschichte um das seit Generationen streng gehütete Geheimnis der Kräutersulz tragen und trugen zum Erfolg bei: eine Kräutersulz aus einer Mischung von über
25 Kräutern, Wurzeln, Blättern, Blüten, Samen und Rinden. Das Geheimnis wurde auch während der 75-Jahr-Feier nicht gelüftet.
Käserlehre am Anfang
Seit zwei Jahren ist Christoph Holenstein Direktor der Sortenorganisation Appenzeller Käse in Appenzell. Er hat eine lange Karriere hinter sich im Bereich Käse. Begonnen hat er mit der Käserlehre, später erlangte er das Diplom als Ingenieur Agronom HTL in milchwirtschaftlicher Richtung. In einem Kurzinterview berichtete er, wie früher der Käse hergestellt wurde und wie alles etwas schwerfälliger war in der Käseproduktion. Lange Jahre war er Marketingleiter der Sortenorganisation. Heute ist er Direktor. An der Werbung des Appenzeller Käses fasziniert ihn, dass man dabei auf Brauchtum zurückgreifen kann, das schon seit Jahrhunderten gepflegt und heute noch gelebt wird. Die grösste Freude bereiten ihm die aus der Werbung bekannten Sennen Alfred, Albert und Werner, bei welchen er sich für den Einsatz herzlich bedankte.
Zäuerli und Hackbrett
Natürlich wurde das Jubiläum mit einem ausgiebigen Festprogramm, mit verschiedenen Unterhaltungen gefeiert – selbstverständlich mit Zäuerli, Hackbrettmusik und weiteren Chören. Die rund 400 Kinder hatten ihr eigenes Programm mit Basteln, Spiel und Spass, Kinderkonzert und einem echten Spaghettiplausch. Am Nachmittag gab es Schatzsuche im Sägemehl – aber auch Ponyreiten oder eine Fahrt mit der Kronberg-Bobbahn.
Heidy Beyeler