«Ich bin glücklich!» Nur kurz überlegt Nadja Bührer, um zu diesem Schluss zu kommen. «Ich habe einen tollen Ehemann, zwei gesunde Kinder. Und es läuft immer etwas, auf dem Hof oder auswärts. Das muss so sein bei mir, dass so vieles in Bewegung ist, geniesse ich sehr.»
Die Landwirtschaft war zwar nicht direkt ein Wunschziel der jungen Praxisassistentin gewesen. Doch nun ist für die 36-Jährige der Werdegang zur Bäuerin stimmig. Dass sie vom Zürcher Weinland auf den Schaffhauser Reiat gezogen ist, hat sie nie bereut. Im 700-Seelen-Dorf Lohn fühlt sie sich heimisch. Mit dem Ackerbaubetrieb, auf dem sie mit ihrem Mann, ihren zwei Kindern und den Schwiegereltern lebt, identifiziert sie sich ganz.
32 ha landwirtschaftliche Nutzfläche gehören zum Hof, sie werden für Getreide- und Futteranbau sowie die Rinderweidemast und Aufzucht genutzt.
Sie macht das Beste daraus
Ja, sie sei gerne Bäuerin, meint Nadja Bührer, sie sei aber froh, dass sie langsam in ihre Aufgabe hineinwachsen könne. Den Betrieb haben Ehemann Hansueli und sie zwar 2010 übernommen, doch nach wie vor leisten die Schwiegereltern die meiste Arbeit. Denn der Jungbauer ist zu 80 Prozent auswärts tätig und Nadja Bührer in erster Linie Familienfrau.
Mit der vierjährigen Céline und dem dreijährigen Valentin füttert sie aber regelmässig abends das Vieh und zieht neben Zwiebeln vor alem Kürbisse auf dem Feld. Sie mag das farbenfrohe Herbst
gemüse, das so pflegeleicht ist. Denn der jungen Bäuerin war schnell klar, dass auf Lohnemer Boden mit anspruchsvollerem Gemüse nicht viel zu erreichen sein würde. Das Erdreich auf dem Reiat ist steinig und lehmig, das Klima eher trocken. So aber erzielt Nadja Bührer befriedigende Ernteerfolge, die sie direktvermarktet oder im Dorfladen anbieten kann. Mit ihrer Schwiegermutter und ihren Kindern bestellt sie auch den Garten beim Haus.
Dass der Betrieb bereits seit 1956 biologisch-dynamisch nach den Demeter-Richtlinien geführt wird, macht den Pflanzenanbau besonders spannend. Nadja Bührer ist lernfreudig und findet in ihrem Schwiegervater eine fast unerschöpfliche Quelle an Wissen. Denn nach den Ideen Rudolf Steiners zu bauern verlangt viel Wissen, etwa über pflanzliche Präparate, das Kompostieren von Mist, bevor er ausgebracht wird, und die Planetenphasen, die bestimmen, ob der Tag fürs Säen oder Ernten besser geeignet ist. «Mit dem Saatkalender von Maria Thun habe ich gute Erfahrungen gemacht», stellt Nadja Bührer zufrieden fest. «Wenn man zum Beispiel an einem Wurzeltag die Rüebli zieht, dann sind sie tatsächlich länger haltbar, als wenn man sie an Fruchttagen aus der Erde holt.»
Vielseitigkeit schafft Lebensfreude
Viel draussen sein, das entspricht der aktiven Frau, und mit den Händen arbeitet sie gern. Das war schon immer so und zeigt sich auch in den verschiedenen Massagetechniken, die
sie sich angeeignet hat. Im umgebauten Stöckli hat sie einen Behandlungsraum eingerichtet. Das kommt der eigenen Familie zugute, aber regelmässig auch Kunden. Da der Betrieb im Dorf liegt, ist er gut erreichbar. Das ist praktisch. Überhaupt erlebt Nadja Bührer die zentrale Lage eher als Vorteil. Denn die Menschen interessieren sich für das Hofleben, das schafft Kontakte.
Und das schätzt die Bäuerin. Darum freut sie sich jeweils auch auf die zwei Morgen, an denen sie in der Klinik St. Katharinental in Diessenhofen arbeitet. Dort kann sie zudem ihre medizinischen Kenntnisse weiter pflegen, ein Wissensfeld, von dem sie ebenfalls begeistert ist.
Bleibt da noch Freizeit? Zum Glück ja! Denn Nadja Bührer treibt Ausdauersport mit Leidenschaft. «Ich bin Mitglied eines Laufvereins», erzählt sie, «einmal wöchentlich trainiere ich in der Gruppe, in der ich auch Sportgruppenleiterin bin. Doch Sport ist nur das eine, das Soziale das andere. Ich fühle mich mit den Leuten dort sehr wohl. Sie sind alle naturverbunden, bringen die verschiedensten Biografien mit.» Und das ist spannend für die Bäuerin, die so gerne ihren Horizont erweitert, in welcher Richtung auch immer dieser liegen mag.
Sanna Bührer Winiger
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