Rachel Stierli ist stolz – sie hat die Prüfung zur Bäuerin mit Fachausweis nicht nur bestanden, sondern noch gleich mit einer sehr guten Note von 5,1.

Sie lebt mit ihrem Mann Sepp und ihren drei gemeinsamen Kindern (13, 15 und 17 Jahre alt) auf einem Milchwirtschaftsbetrieb oberhalb Bauma ZH.
Der Hof Hörnliblick umfasst 27 ha Land, welches für die Futterproduktion der 22 Kühe und 10 Rinder benötigt wird.

Etwas Eigenes schaffen


Die Bäuerin wollte schon lange etwas «Eigenes» auf die Beine stellen. «Mein Mann und ich waren immer wieder am besprechen, was es für Möglichkeiten gibt. Ein Hofladen kam nie in Frage, da wir sehr abgelegen wohnen. Mit den Kühen habe ich mich zwar mittlerweile sehr angefreundet, aber ich wollte schon immer einen eigenen, kleinen Betriebszweig. Etwas, das ich selber aufgebaut habe.»


Ausschliesslich regional und saisonal


Und so kam sie, nach Abschluss der berufsbegleitenden Bäuerinnenschule am Strickhof, auch zum Thema ihrer Projektarbeit für den Fachausweis: Aufbau eines Wochenmarkts. Das Projekt hat sie auch gleich umgesetzt.

Jeden Freitagnachmittag findet seit Anfang April der «Baumer Püürine-Märt» bei der alten Landi in Bauma ZH statt. Mit drei anderen Bäuerinnen aus Bauma und der Region bietet sie dort selber gemachte Produkte wie Eingemachtes, Produkte und Spezialitäten aus Ziegenmilch, Früchte und Gemüse aus dem Garten sowie frisches Brot an. Ein wichtiger Bestandteil für Rachel Stierli ist, dass der Marktstand nur regionale und saisonale Produkte anbietet.

Vieles aus dem eigenen Garten


Sie selber stellt Sirupe, Konfi, Essigkonserven, Süssmost, Teigwaren und verschiedene Kräuter- und Teemischungen her. Die meisten Rohprodukte hat sie aus ihrem Garten, dem Garten ihrer Eltern und die Kräuter findet sie bei Streifzügen mit ihrem Hund in der Natur.

«Ich bin wirklich froh, habe ich die Prüfung so gut bestanden. Am Anfang machte ich mir ein wenig Sorgen, ob ich die Projektarbeit und dann noch die mündlichen Prüfungen bestehen werde und dabei meine Familie und der Hof nicht zu kurz kommen. Ich wurde von meiner Familie und Freunden aber sehr unterstützt – und im Nachhinein verlief alles optimal. Es ist jetzt aber gut, dass der Prüfungsstress vorbei ist», fügt sie schmunzelnd hinzu.

Vor allem der Kräuteranbau und die Teemischungen haben es ihr angetan – hier möchte sie sich gerne auch noch weiterbilden und in naher Zukunft einen eigenen grossen Kräutergarten anbauen.


Menschen 
in Not helfen


Rachel Stierli arbeitet mit ihrem Mann Sepp im Stall beim Melken oder bei den täglichen Arbeiten draussen. «Nur Traktor fahre ich nicht selber, dass übernimmt dann immer unser Sohn, da wir sonst einen zusätzlichen Helfer anstellen müssten.»

Nebenbei arbeitet Rachel Stierli seit Frühling 2013 zirka 10 Prozent für die ländliche Familienhilfe. Diese wertvolle Arbeit gebe ihr Kraft und erinnere sie daran, wie gut sie es bei sich hätten. «Ich komme von der Arbeit sehr zufrieden und erfüllt zurück. Es tut gut, anderen zu helfen, welche die Unterstützung wirklich brauchen.»

Rachel Stierli arbeitet viel und trägt viele verschiedene 
Hüte. «Organisation, Planung und strukturiertes Arbeiten ist ganz wichtig, speziell wenn man Kinder hat. Ohne eine gute Planung, wäre ich verloren.» Auch das Familienleben und das Einbinden der Kinder in die alltägliche Arbeit sei wichtig. «Unsere drei Kinder helfen Sepp jeden Abend abwechslungsweise beim Melken.»


Schnell kann etwas Tragisches passieren


Rückhalt, Motivation und den Elan holt sie sich bei ihrer Familie und vor allem bei ihrem Mann. «Ohne Sepp wäre das alles nie möglich gewesen. Er gibt mir den Rückhalt, unterstützt mich, wo es geht und fährt mir jeden Freitag den Marktwagen ins Dorf.» Das «Miteinander» sei so schön, schweisse zusammen und gebe ihr Kraft.

Es gab leider auch nicht so einfache Tage bei Stierlis. Als gelernter Zimmermann baut er den neuen Offenlaufstall im November 2011 selber. Dabei stürzte er von der Leiter und verletzte sich schwer, so dass er vier Monate nicht mehr arbeiten konnte. «Da mussten alle an einem Strick ziehen, und wir mussten jemanden einstellen, um die Kühe zu melken, da wir damals auch noch wirklich mit dem Milcheimer arbeiteten. Es wurde uns bewusst, wie schnell etwas passieren und sich sofort alles ändern kann – Sepp hatte wirklich Glück im Unglück. Umso bewusster geniessen wir auch die Zeit mit der ganzen Familie.»

Unkomplizierte Zusammenarbeit


Für die Zukunft möchte Rachel Stierli sich neben der Familie vor allem für den «Püürine-Märt» einsetzen und dort gute Erfolge erzielen. «Ich wünsche mir für die nächsten Jahre, dass die Zusammenarbeit mit den anderen drei Frauen weiterhin so toll und unkompliziert bestehen bleibt und wir alle unsere Produkte gewinnbringend verkaufen können.» Das nächste Projekt hat sie schon vor Augen – der Kräutergarten und die Kräuterakademie.


Daniela Rinderknecht