Über fünf Jahre haben Gisela und Rainer Dudler dafür gekämpft, ein neues Wohnhaus in der Landwirtschaftszone zu bauen. Fünf Jahre hat der WWF St. Gallen dieses Vorhaben mit allen Mitteln bekämpft. (Die BauernZeitung berichtete letzten August über den Fall.)
Nun haben Dudlers gewonnen, ihre Baubewilligung wurde als rechtsgültig erklärt. Der WWF zog seinen Rekurs zurück, unter der Bedingung, dass Dudlers auf «sämtliche ausseramtlichen Entschädigungen» verzichten.
Erstes Projekt scheitert
Aber der Reihe nach. 2011 reichen Gisela und Rainer Dudler ein erstes Bauprojekt ein. Dieses sieht vor, das Wohnhaus aus dem Baujahr 1906 abzureissen und stattdessen ein neues zu bauen, das die heutigen Minergie-Standards erfüllt. Dudlers planen eine Vergrösserung nach den gesetzlichen Vorgaben: Ein Drittel der bestehenden Wohnfläche oder maximal 100 Quadratmeter. Das Baugesuch wird von der Gemeinde Steinach bewilligt. Sie stützt sich ab auf die positive Beurteilung durch das Amt für Raumentwicklung und Geoinformation (AREG) des Kantons St. Gallen.
Der WWF erhebt Einsprache. Als diese abgewiesen wird, legt er Ende 2013 Rekurs ein. Er argumentiert, das geplante Haus sei überdimensioniert und in dieser Grösse nicht bewilligungsfähig. Der Rechtsdienst des Baudepartements stützt den Rekurs. Gisela und Rainer Dudler wollen den Entscheid anfechten. Doch ihr Anwalt verpasst die Frist, beim Verwaltungsgericht eine Beschwerdebegründung einzulegen.
Erneuter Rekurs durch WWF
Im Dezember 2015 reichen Dudlers ein neues Bauprojekt ein und passen verschiedene Punkte an. Sie verzichten auf die Erweiterung, die für die Weiterentwicklung des Betriebs wichtig wäre. Und sie halten an der jetzigen Grösse des Gebäudes fest, obwohl sie laut Gesetz grösser bauen dürften. Die Gemeinde und das Amt für Raumentwicklung bewilligen den Neubau abermals. Doch dem WWF gehen diese Anpassungen zu wenig weit, wieder erhebt er bei der Gemeinde Steinach Einsprache. Der Gemeinderat weist das Begehren des WWF ab und so geht es zur nächsten Instanz, dem kantonalen Baudepartement. Das war im März 2016.
Immer wieder Verzögerungen
Der Rekurs des WWF liegt schnell auf dem Tisch. Bis alle Parteien wieder eine Stellungnahme eingereicht haben, wird es Mitte Juli. Am 12. September folgt ein Schreiben des Rechtsdienstes: Der Schriftenwechsel sei nun abgeschlossen.
Wieder zögert der WWF das Verfahren hinaus. Er möchte nun doch noch einmal etwas dazu schreiben und fordert eine Fristerstreckung zur Einreichung einer Stellungnahme bis Ende Oktober und dann noch einmal eine Frist bis am 11. November. Aber nichts passiert. Am 22. November wendet sich Dudlers Rechtsvertreter ans Baudepartement. Dieses schreibt in seiner Antwort, «aufgrund aussergewöhnlich hoher Arbeitsbelastung» sei mit einem Entscheid bis im Februar 2017 zu rechnen.
Erleichtert und verärgert
Da reisst Gisela Dudler der Geduldsfaden. Sie wendet sich persönlich an dieBehörde. Als das Telefonat mit dem zuständigen Jurist endlich zustande kommt, eröffnet dieser Gisela Dudler, dass der WWF bereit wäre, den Rekurs zurückzuziehen, wenn Dudlers auf sämtliche ausseramtlichen Entschädigungen verzichten.
«Auf der einen Seite waren wir erleichtert, nun Gewissheit zu haben, dass wir im Recht sind. Auf der anderen Seite sind wir enttäuscht, dass sich der WWF klammheimlich aus der Verantwortung schleicht und nicht einmal bereit ist, für sein Vorgehen finanziell geradezustehen», sagt Rainer Dudler. Die Kosten trägt jetzt der Steuerzahler.
Sie hätten sich lange Gedanken gemacht, wie sie nun weiterfahren sollen, erzählt Rainer Dudler. Schliesslich stimmten sie der Forderung zu, der Entscheid des AREG ist damit rechtskräftig. Dudlers dürfen endlich ihr Wohnhaus bauen.
«Würden wieder so handeln»
Fünfeinhalb Jahre haben Gisela und Rainer Dudler für ihr Bauprojekt gekämpft. Im Herbst soll es nun so weit sein, dann beginnen die Abrissarbeiten. Dass der Entscheid des AREG nun rechtskräftig ist, ist für die beiden eine grosse Genugtuung. Gisela Dudler sagt: «Nun ist der Grundsatz geklärt, dass die Bestandesgarantie ausserhalb der Bauzone für alle altrechtlichen Wohnbauten zur Anwendung kommen kann, egal ob
sie landwirtschaftlich genutzt werden oder nicht. Alle Unterstellungen des WWF sind damit widerlegt.» Sie hofft, dass nun im Kanton St. Gallen die Praxis, wie sie vom AREG korrekt angewendet wird, vom Rechtsdienst gestützt wird.
Die letzten fünf Jahre waren für das Betriebsleiterehepaar eine prägende Erfahrung. «Wir haben gelernt, dass unser Rechtssystem nicht immer so funktioniert wie es sollte. Dass es nicht vor Missbrauch – so wie es der WWF praktiziert – geschützt ist.» Trotz der psychischen Belastung würden sie es gleich machen. «Wir hatten gar keine andere Wahl, als diesen Weg zu gehen.»
Stefanie Giger