Das Bauen ausserhalb des Baugebiets ist eine Herausforderung. Für den Erhalt einer Baubewilligung ist eine gute Kenntnis der geltenden Rechtslage und ein gut begründetes Baugesuch ein Muss. Doch welche Betriebe können überhaupt in der Landwirtschaftszone Bauten erstellen? Um die Frage zu beantworten, muss die bestehende Betriebsform genauer betrachtet werden.
Landwirtschaftliche Gewerbe
Die meisten baulichen Möglichkeiten bieten sich einem landwirtschaftlichen Gewerbe (Definition: Art. 5 und 7 BGBB). Dem Bewirtschafter eines landwirtschaftlichen Gewerbes ist es in der Regel möglich, Stallbauten, Remisen und teilweise auch Wohnraum zu erstellen.
Weiter kann dieser auch einen landwirtschaftlichen Nebenbetrieb wie z. . «Schlafen im Stroh», eine Besenbeiz oder einen nicht landwirtschaftlichen Nebenbetrieb (Schreinerei o. ä.) unter der Einhaltung der Gewerbegesetzgebung auf seinem landw. Gewerbe führen.
Landwirtschaftlicher Betrieb
Eingeschränkter ist die Situation, wenn der landwirtschaftliche Betrieb die Gewerbegrenze nicht erfüllt. In den meisten Kantonen liegt die Gewerbegren
ze bei 1 Standardarbeitskräften (SAK), jedoch haben einzelne Kantone die Gewerbegrenze reduziert. Bauten und Anlagen für die Bewirtschaftung des Betriebs gelten als bewilligbar, sofern eine bestimmte Betriebsgrösse (Fläche, Tierzahl, Arbeitsaufwand) und/oder die Gewinn- und Ertragsorientierung gegeben ist.
In den meisten Fällen nicht möglich
Die Erstellung von landwirtschaftlich begründetem Wohnraum ist in den meisten Fällen für diese Betriebe nicht möglich. Jedoch besteht seit dem 1. November 2012 die Möglichkeit, mit einer Ausnahmebewilligung Wohnraum zu erstellen. Dies bedingt jedoch, dass bereits vor dem Jahr 1972 so genannt altrechtlicher Wohnraum bestanden hat. Wenn dies zutrifft, kann der Wohnraum angemessen erweitert werden. Das Führen von Nebenbetrieben jeglicher Art ist auf dem landwirtschaftlichen Betrieb – im Gegensatz zum landwirtschaftlichen Gewerbe – nicht möglich.
Gewinn- und Ertragsorientierung
Für die Erstellung von Stallbauten muss die Gewinn- und Ertragsorientierung aufgezeigt werden. Laut der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist auf eine Abgrenzung zwischen Freizeit- und Nebenerwerbslandwirtschaft mit Hilfe verschiedener Indizien hinzuarbeiten:
- Demnach ist eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung im Gegensatz zur Freizeitlandwirtschaft mit einem dauernden, auf Wirtschaftlichkeit ausgerichteten und organisierten Einsatz von Kapital und Arbeitskraft in einem wirtschaftlich bedeutenden Umfang verbunden.
- ln verschiedenen Entscheiden hat das Bundesgericht Einkommen aus landwirtschaftlicher Tätigkeit von rund 10 00 Franken pro Jahr als «nicht entscheidenden» Beitrag zur Existenzsicherung bezeichnet und die entsprechenden Betriebe als Hobby-/Freizeitbetriebe klassifiziert und die baulichen Erweiterungen abgewiesen.
In der kantonalen Praxis wird die Rechtsprechung des Bundesgerichts allerdings nicht einheitlich umgesetzt. In Agglome rationsnähe, wo finanzkräftige Hobbytierhalter viel daran setzen, ihrer Freizeitbeschäftigung «auf dem Land» nachkommen zu können, stellen sich andere raumplanerische Fragen als in peripheren Gebieten, wo Kleinbetriebe aller Art für die Bewirtschaftung von Flächen wichtig und Teil einer gewachsenen, lokalen Agrarstruktur sind.
Im Kanton Graubünden zum Beispiel wird bei der Abgrenzung zwischen Hobby- und Nebenerwerbsbetrieben lediglich auf die SAK abgestellt. Wenn ein Betrieb mehr als 0,25 SAK aufweisen kann, gilt er dort als Nebenerwerbsbetrieb und kann somit die zur Bewirtschaftung nötigen Bauten und Anlagen (Stallungen, Remiseraum) erstellen. Neubauten sind nur dann möglich, wenn keine bestehenden Gebäudeteile umgebaut werden können.
Neubauten bei Freizeitlandwirtschaft
Wenn keine Gewinn- oder Ertragsorientierung nach den oben genannten Kriterien besteht, sind die baulichen Einschränkungen gross, und es muss grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass keine Neubauten erstellt werden können. Es besteht jedoch die Möglichkeit, bestehende Bauten umzunutzen. Dies kann bspw. der Umbau eines alten Schopfs in einen Ziegen- oder Schafstall sein.
Weiter werden auch für die Tierhaltung nötige Aussenanlagen (bspw. Allwetterausläufe, Mistlager, Weidezäune) in beanspruchtem Mass zugelassen. Auch die Umnutzung von Gebäudeteilen für von der Tierhaltung beanspruchten Nebenräumen ist möglich. Eine Umnutzung von bestehenden leer stehenden altrechtlich erstellten Ökonomiegebäuden in beispielsweise eine Garage ist möglich.
Aurelia Marti, SBV Agriexpert
Bei Fragen Tel. 056 462 51 11