Regierungsrätin Carmen Haag, Vorsteherin des Departements Bau und Umwelt und Marco Baumann, Leiter der Abteilung Wasserwirtschaft/Wasserbau sowie Vertreter der Gemeinden Bürglen und Weinfelden orientierten an zwei Informationsveranstaltungen über die geplante Thurkorrektion in den Regionen Bürglen und Weinfelden. Beide Veranstaltungen wurden von je rund 50 Personen besucht. Die Veranstaltungen wurden auf 18 Uhr angesetzt, was für die Landwirte ein ungünstiger Zeitpunkt ist, weil die Arbeit im Stall ruft. Enttäuschend war auch der Besuch des «Tags der offenen Thur» beim Spielplatz in Bürglen und bei der Militärübersetzstelle oberhalb der Badi Weinfelden.
Bauarbeiten sollen im Sommer 2015 beginnen
Wie Marco Baumann erklärte, sollen die Bauarbeiten am Hochwasserschutzprojekt im Sommer 2015 beginnen. Sie dauern voraussichtlich bis 2020. Mit dem Voranschlag 2015 beantragt der Regierungsrat dem Grossen Rat einen Objektkredit von 27,78 Millionen Franken als gebundene Ausgaben für das Vorhaben zu gewähren. Von diesen Gesamtkosten werden der Bund, Dritte und Anrainergemeinden gemäss Kostenvoranschlag knapp 14 Millionen Franken tragen.
Wie Walter Strupler, Gemeinderat von Weinfelden und aktiver Landwirt, erklärte, begrüsst die Gemeinde Weinfelden das neue «Bauprojekt 2014» grundsätzlich. Es bringe verschiedene Verbesserungen und Aufwertungen.
Aus landwirtschaftlicher Sicht führe das geplante Projekt zu Verschlechterungen für mehrere bäuerliche Betriebe, werden doch 20 bis 30 Hektaren Kulturland der landwirtschaftlichen Produktion entzogen. Laut Strupler sind die Informationen schwer verständlich, denn mit dem Gewässerschutzgesetz des Bundes werden voraussichtlich ab Ende 2018 weitere Einschränkungen der landwirtschaftlichen Nutzbarkeit einhergehen.
Von den Landwirten sind Einsprachen zu erwarten
Nationalrat Markus Hausammann, Präsident des Verbands Thurgauer Landwirtschaft (VTL), nahm am «Tag der offenen Thur» teil. Hochwasserschutz und Schutz des Grundwassers seien zwei berechtigte Anliegen, sagte Hausammann. Alle anderen Projektpunkte schiessen nach seiner Ansicht aber weit über das Ziel hinaus. Hausammann ist der Meinung, dass das Mittelgerinn nur so weit wie unbedingt nötig aufgefüllt werden und die bestehenden Wälle weiter gesichert werden sollen.
Laut Hausammann steht der VTL mit den betroffenen Bauern im engen Kontakt. Diese werden sicher Einsprachen erheben. Auch der VTL wird eine Ein-
sprache machen. Hausammann wies aber daraufhin, dass der VTL im Gegensatz zu den Umweltverbänden kein Beschwerderecht hat. Hausammann möchte, dass nur Korrekturen vorgenommen werden, die für den Hochwasserschutz notwendig sind.
Für die Regierung «ein guter Kompromiss»
«Das ausgearbeitete Hochwasserschutzprojekt führt zu einer Erhöhung der Sicherheit für Weinfelden und zu einer ökologischen Aufwertung des künftig dynamischen Flussraums», sagte Regierungsrätin Carmen Haag. In seiner heutigen Form sei es ein guter Kompromiss und stelle den kleinstmöglichen
Nenner zwischen der Pflicht zum Hochwasserschutz und der Be
rücksichtigung verschiedener Partikularinteressen dar.
So ermöglicht das Hochwasserschutzprojekt unter anderem einen
allfälligen Höherstau des Kraftwerks Weinfelden unter Bezeichnung eines maximalen Stauziels. Der eigendynamischen Entwicklung der Thur werden mit so-
genannten Interventionslinien klare Grenzen gesetzt. Landwirtschaftsflächen werden beim Bau nur im zum Thur gehörenden Vorland direkt tangiert. Die landwirtschaftliche Nutzung im Bereich Exerzierplatz und Grubenau bleibt mit dem Bauprojekt 2014 erhalten.
Bauern fühlen sich in ihrer Existenz bedroht
Wie Landwirt Hans Eschenmoser, Weinfelden, erklärt, könnten auf der verlorenen Nutzfläche tausend Tonnen Kartoffeln angebaut werden. Er gab zu bedenken, ob es wirklich ökologischer sei, wenn man diese nachher importieren müsse. Einzelne Bauern sehen mit dem vorgestellten Projekt ihre Existenz gefährdet. Peter Bauer, Landwirt aus Istighofen, findet das Projekt überrissen. Nach seiner Meinung ist es nicht gut, dass so viel Kulturland geopfert wird. Dies
in Anbetracht, dass sich die Bevölkerung verdoppeln wird.
Bauern beharren auf ihrem alten Recht
Wie Landwirt Hans Stalder, Rothenhausen, feststellte, kann ein Teil der Bevölkerung nicht verstehen, dass so viel Land für die Thurkorrektion geopfert wird. Zudem werden auch die hohen Kosten von fast 28 Millionen Franken kritisiert. Stalder ist der Überzeugung, dass es genügen würde, wenn man die bestehenden Dämme erhöhen würde. Die Dämme sollten auch kontrolliert und wenn nötig gesichert werden.
Alles andere sei eine Renaturierung und Naturschutz. Hans Stalder und seine Mitstreiter fordern, dass man zum Kulturland weiter Sorge tragen soll. Stalder betont, dass die Bauern an ihrem alten Recht festhalten. Erleiden sie Schäden, müsse den Bauern Realersatz zugesprochen werden.
Mario Tosato