Vreni, die Appenzellerin, und Michael, der Werdenberger, sind beide 26 Jahre alt und seit ein paar Wochen eidgenössisch diplomierte Meisterlandwirte. Kennengelernt haben sie sich in der Landwirtschaftsschule. Geheiratet haben sie vor zwei Jahren. In ein paar Jahren übernehmen sie den Hof von Michael Spitzs Eltern in Sevelen SG.
Gemeinsam das Diplom bekommen
Vreni Spitz-Aemisegger ist an der Diplomfeier am landwirtschaftlichen Zentrum in Flawil aufgefallen. Stolz nahm sie in der Ausserrhoder Festtagstracht, in welcher ihre Grossmutter vor 55 Jahren geheiratet hatte, ihr Diplom entgegen. «Das ist doch der richtige Augenblick, das wunderbare Kleid zu tragen und damit auch meine Verwurzelung und meine Tradition zu zeigen», sagt die junge, hübsche Frau mit den lebhaften Augen.
Aufgefallen ist Vreni Spitz Aemisegger aber auch, weil sie zusammen mit ihrem Mann, gleichzeitig das Meisterdiplom entgegennehmen durfte. Ernst Graf, Präsident des Bauernverbandes Appenzell Ausserrhoden, kann sich nicht erinnern, dass er diese Konstellation schon einmal erlebt hat. Er freue sich, wenn auch junge Frauen die Meisterprüfung absolvieren, sagte er an der Diplomübergabe in Flawil.
Garten für drei Generationen
Der Novembermorgen ist im
St. Gallischen noch kühl und nass. Im Rheintal hingegen drückt bereits die Sonne durch die aufgelockerte Bewölkung. Das sei nicht aussergewöhnlich, sagt das junge Paar, das auf dem Hofplatz mit ihrem Hund Jacky schäkert und dem Besuch später in der modernen Küche Kaffee serviert. Sie leben in einer Föhnregion. Zu den Gärten im appenzellischen Lutzenberg, wo Vreni Spitz-Aemisegger aufgewachsen ist, gibt es mindestens zehn Tage Unterschied im Wachstum. In Lutzenberg arbeitet Vreni Spitz heute noch 70 Prozent auf dem landwirtschaftlichen und dem Agrobetrieb ihrer Eltern.
Auf dem Wieshof in Sevelen, wo die beiden jungen Leute nun zu Hause sind, weiss man mit dem Vorteil der Föhnregion umzugehen und kann davon profitieren. Michael erzählt, dass seine Eltern im Dorf ein neues Haus gebaut haben und sie beide nach der Heirat auf dem Wieshof einziehen konnten. Nebenan leben noch die Grosseltern im Stöckli.
Den grossen, neu angelegten Garten haben die drei Generationen in diesem Sommer zusammen bestellt. «Gärtnern ist mein grösstes Hobby», sagt die quirlige Vreni und zeigt auf eine seltene Art einer Orchidee, die auf ihrem Fensterbrett gleich drei neue Triebe macht. «Es ist doch immer wieder ein Wunder, was uns die Natur beschert.»
Von Welschlandjahr profitiert
Für Michael und Vreni Spitz-Aemisegger war es seit Kindsbeinen klar, dass sie in der Landwirtschaft tätig sein wollen. «Und wenn ich Landwirtin werde, dann will ich es auch richtig machen, bis zur Meisterprüfung», sagte sich Vreni Spitz und absolvierte dann aber doch noch zuerst ein Haushaltungslehrjahr im Welschland.
Heute erachtet sie dies als gute Grundlage. Es hat ihr gut gefallen in dieser Bauernfamilie mit vier Kindern und 60 Milchkühen. Und nebenbei habe sie auch noch Französisch gelernt. Drei Kälblein haben sie und Michael von dieser Familie. Eines war ein Hochzeitsgeschenk. Heute sind die drei Welschen zu gestandenen Kühen herangewachsen.
Die Lehrjahre hat Vreni dann sehr nahe von Michaels Zuhause absolviert. Doch nähergekommen sind sich die beiden erst in der Landwirtschaftlichen Schule in Salez. Als Michael in der RS weilte, hat Vreni ihn auf dem Wieshof vertreten und damit nicht nur den Betrieb, sondern auch die zukünftigen Schwiegereltern sehr gut kennengelernt.
Berufswahl war klar
Auch für Michael Spitz war es keine Frage, in den elterlichen Betrieb einzusteigen. Er hat in keinem anderen Beruf geschnuppert. Bereits im Kindergarten mochte er es überhaupt nicht, wenn sein Vater eine landwirtschaftliche Arbeit machte, während er basteln musste.
Weil sein Vater über 20 Lehrlinge ausgebildet hat, war es für ihn immer schon klar, dass auch er Lehrmeister werden wolle. Michael arbeitet heute zusammen mit seinen Eltern und dem Grossvater – während der Erntesaison kommen verschiedene Aushilfen und weitere Familienangehörige dazu. Vreni ist während einem Tag auf dem Betrieb und packt dort an, wo es nötig ist.
Macht sie etwas anders als ihr Mann? «Vielleicht nehme ich den Besen einmal mehr in die Hand als die Männer», lacht sie.
Vom Klima profitieren
Auf dem 39-Hektaren-Betrieb leben 60 Milchkühen. Daneben wird Lagergemüse wie Kartoffeln, Rüebli, Spinat und anderes Gemüse in speziellen Frühkulturen angebaut: Die Felder werden früh bestellt. Um den kühlen Frühlingstemperaturen, ein Schnippchen zu schlagen, werden sie bereits im Februar mit Vlies abgedeckt.
Dank der idealen Föhnlage mit dem Einfluss des Südwinds und der guten Bodenbeschaffenheit können die Kulturen sehr früh geerntet werden, was sich finanziell gut auszahle. «Oft wird unsere Ernte knapp nach den Erzeugnissen aus dem Tessin und der Genferseeregion verkauft», sagt Michael und strahlt.
Bei der Milch wollen Michael und Vreni Spitz-Aemisegger im Moment noch abwarten, verfolgen aber die Entwicklung mit offenen Augen und wollen reagieren, bevor es zu spät ist. Sie sprechen von Heumilch, Bio, einem Rosenfeld und haben noch andere Ideen, die sie möglicherweise umsetzen möchten. «Wir schauen zuversichtlich in die Zukunft und schätzen es, dass wir gemeinsam, auf Augenhöhe und mit demselben beruflichen Rucksack unser Leben auf dem Betrieb und in der Familie planen können.»
Wünschen sich Kinder
Wie haben es die jungen Leute mit Ferien, Reisen und Freizeit? «Ferien sind eine Sache der Organisation», sagt Michael spontan und schildert, dass sie beide bereits längere Zeit in Australien weilten, die Flitterwochen in Kanada verbrachten und auch Schweden schon bereist haben. Zudem gehen sie Snowboarden, Skifahren, Wandern und treffen Freunde. Zudem wünsche man sich Kinder, drei, vier. Zumindest der Platz im Haus wäre vorhanden – und beide schmunzeln.
Ruth Bossert