Freundlich begrüsst Simon Bracher (siehe Betriebsspiegel unten), die Schreibende. Sogleich bemängelt er deren gewähltes Schuhwerk. Gummistiefel wären anstelle der robusten Wanderschuhe angemessener gewesen für den Ort, den er unbedingt als erstes zeigen will. Zumal es ja noch ziemlich nass sei. Nach kurzer Fahrt mit dem Auto ist das Ziel erreicht: Eine Blumenwiese. Das Blütenmeer der dominierenden Margeriten und die Aussicht sind wunderbar. Am Himmel singt eine Lerche. Bracher gerät ins Schwärmen: «Der Besuch einer solchen Wiese ersetzt doch den Psychiater.»


Die Artenvielfalt in dieser Fromentalwiese sei grösser als in durchschnittlichen Wiesen, die als Ökowiesen bewirtschaftet würden. Doch das reicht dem Biolandwirt aus ideeller Überzeugung nicht. Er strebt eine Trespenwiese an, die zwar weniger Ertrag bringe, dafür viel artenreicher sei. Dies zu erreichen sei jedoch schwierig und ein langer Prozess. Simon Bracher bedauert die fehlende Hilfestellung in der Umsetzung durch Fachpersonen sowie fehlende Weiterbildungsmöglichkeiten.


Auftrag zu erfüllen


Simon Bracher ist heute so überzeugter Biolandwirt, dass er sagt: «Die Schweiz muss im Pflanzenbau 100 Prozent auf Bio umstellen.» Die moderne Zivilisation und Konsumgesellschaft habe dramatische Auswirkungen auf Natur und Umwelt. Der extreme Artenschwund sei ein Riesenproblem das die Landwirtschaft auch betreffe und dem sie unbedingt entgegenwirken müsse. Sein Weg, dem Artenschwund zu begegnen, liegt darin, keinen Hilfsstoff-/Chemie- und Düngereinsatz zu tätigen sowie den Artenreichtum in Hofarealen, Böschungen, Restgrünland und in extensiven Wiesen zu fördern.

«Wir haben der Bevölkerung gegenüber einen ökologischen Leistungs- und einen Ernährungsauftrag zu erfüllen.» Es brauche beides - Ökologie und Ökonomie ist Bracher überzeugt. Er sagt, dass Bio im Ackerbau umzusetzen einfach sei. Bei der Tierhaltung sei das schon etwas schwieriger. Deshalb würde er es begrüssen, wenn der Staat von ausschliesslich Vollbiobetrieben absehen würde und Teilbiobetriebe zuliesse.

Auch wenn der leidenschaftliche Landwirt von klein auf ökologisch verbunden war, bauerte er viele Jahre lang konventionell. Ein Erlebnis mit Sehstörungen während Spritzarbeiten, verursacht durch ein vielerorts eingesetztes Fungizid, veranlassten ihn dazu, seiner schon länger vorhandenen Ideologie zu folgen und umzusteigen. Die zweijährige Umstellungsphase und das Umdenken bei den Arbeiten empfand Bracher nicht als schwierig. Seit vergangenem Jahr ist er anerkannter Knospebetrieb. Der zu erwartende Ertragsrückgang hielt sich bei Simon Bracher in Grenzen. Sowieso sieht er nur Vorteile, auch wenn es viel Neues zu lernen gäbe.


Kein Weltuntergang


«Beim biologischen Anbau ist man näher dran an den Pflanzen», erklärt der kommunikative Bauer. Ein Distelnest etwa, stellt für ihn ein Problem dar, das zu beherrschen lernbar sei. Im Gegensatz zu Zeiten der Vorahnen, fehle heutzutage die Zeit für Handarbeit. Dafür gebe es andere Möglichkeiten mit der Landtechnik. Simon Bracher stellt klar, dass er kein «Schaberlipuur» ist, und nicht von Hand Unkraut jäte. Als einzige Investition bei der Umstellung kaufte er einen Striegel. Das ist seine Methode gegen Unkraut. Bislang erfolgreich, wie er stolz anmerkt.

Den finanziellen Aspekt blendet Bracher nach eigener Aussage am liebsten aus. Geld ist ihm nicht so wichtig, wie er sagt. Auch wenn er meint, dass Bioackerbau dem konventionellen Anbau nicht unterlegen sei. Er sieht in der Erhaltung der Artenvielfalt ein dringendes Problem, das er gegenüber Geld in den Vordergrund stellt. Mit grosser Freude berichtet er über die bereits beobachtete Zunahme an Vögeln, seit er keine Chemie mehr verwende. Viele Jahre habe er keinen Kuckuck mehr 
gehört. Nun sei er wieder da.

Andrea Wyss