Bio Suisse hat vergangene Woche den 6000. Bio-Knospe-Betrieb willkommen geheissen. «Das freut mich natürlich sehr», erklärt Präsident Urs Brändli beim Essen eines Bio-Sandwiches an der Limmat in Zürich. Die Zunahme an Biobetrieben sei ein Kompliment an die Landwirte. «In einer Zeit, wo die Landwirtschaft jedes Jahr 1,5 bis 2 Prozent der Betriebe verliert, legt Bio seit 2010 jedes Jahr an Produzenten zu», so Brändli. Daran sehe man, dass die Landwirte auf die Bedürfnisse des Markts reagieren würden.

«Auch bei uns gibt es Betriebe, die aufhören, weil sie z.B. keinen Hofnachfolger haben oder keine Existenz mehr bieten. Trotzdem wächst die Anzahl Biobetriebe konstant an», so Brändli. «Bis 2025 hätte ich gerne eine Verdoppelung der Biofläche in der Schweiz», so der Präsident über seine ehrgeizigen Pläne und beisst herzhaft in sein Schinken-Sandwich. Urs Brändli hat vor Kurzem seinen Landwirtschaftsbetrieb dem Sohn übergeben und hilft nun noch rund 20 Prozent auf dem Betrieb mit.

Konsumenten sind Schlüssel zum Erfolg


Nur indem man mehr Bioproduzenten anwerben könne, sei die Arbeit nicht getan, erklärt Urs Brändli. «Der Schlüssel zum Erfolg sind die Konsumenten. Wenn sie zu Bio greifen und der Absatz gut ist, werden auch die Landwirte ihre Betrieb umstellen.» Auch Bund und Politik könnten einen Beitrag zur Ausdehnung der Biolandwirtschaft leisten, meint er. «Dänemark macht das bereits sehr erfolgreich vor, dort werden öffentliche Küchen und Militär mehr und mehr mit Bioprodukten versorgt.» Der Staat helfe mit absatzfördernden Massnahmen mit, dass die Nachfrage nach Bioprodukten ansteige.

Auch Bioprodukte sind nicht immer leicht an den Mann oder die Frau zu bringen. «In den Bereichen, die auch in der übrigen Landwirtschaft umkämpft sind, haben es auch Bioprodukte schwer, so z.B. im Milchmarkt.»

Ackerbaubetriebe sollen umstellen


Ein grosser Mangel bestehe noch bei den verschiedenen Ackerkulturen, insbesondere Brot- und Futtergetreide, erklärt Brändli. Seit Jahren sei Bio Suisse intensiv dabei, Ackerbaubetriebe zum Umstellen zu bewegen. «Die Kornkammer der Schweiz ist natürlich im Welschland. Mit der Eröffnung unserer Zweigstelle in Lausanne, unserer Antenne Romande, hoffen wir, dass es für Produzenten einfacher wird, mit Bio Suisse in Kontakt zu kommen», so Urs Brändli.


Interessierte Landwirte wissen, dass die Person am anderen Ende der Leitung Französisch spricht. Aber auch die Kantone der Romandie würden Beiträge leisten und ihre Landwirte über die Bio­offensive informieren. «Jedem Landwirt ist sein Land nahe, auch die Natur ist ihm nahe. Wenn er dafür sorgen will, dass der Betrieb, insbesondere der Boden, über Generationen fruchtbar bleibt, dann ist Bio die Antwort.»

Savoir-Vivre der Welschen Beachtung schenken


Wie Statistiken zeigen, konsumieren in der Westschweiz weniger Leute Bioprodukte als in der Deutschschweiz. Urs Brändli meint jedoch, dass auch dort der Anteil am Absatz zunehme. «Den Romands, gleich wie den Franzosen, muss man die Bioprodukte über den Genuss verkaufen. Das Savoir-vivre wird dort gross geschrieben, und der Genuss ist ihnen sehr wichtig.» Man müsse aufzeigen, dass Bio nicht nur nachhaltig sei, sondern auch Genuss biete. Eine spezielle Werbekampagne in der Romandie sei jedoch nicht geplant.

Was sind denn die Argumente, Bio zu kaufen? «Es gibt Produkte, wo man den Unterschied im Geschmack stark merkt, z. . bei Karotten», sagt der Bio-Suisse-Präsdent. Dies sei aber nicht das einzige Argument, Bio zu kaufen. Die Skandale in den letzten Jahren wegen Pflanzenschutzmittelrückständen im Wasser, Dioxin in Eiern usw. würden Konsumenten dazu bewegen, besser hinzuschauen. «Verantwortungsvoll einkaufen und bewusst geniessen», lautet die Strategie von ihm. Wobei man dies nicht als Religion betrachten solle.

Bio-Fast-Food als Chance für die Zukunft


Bio-, Vegetarisch- oder gar Vegan-Take-aways schiessen zurzeit wie Pilze aus dem Boden. «Ich denke, dass der Fastfood-Bereich ein grosses Potenzial hat. Einige denken wohl, wenn schon Fastfood, dann Bio.»

Aber wieso will Bio Suisse dann Aldi und Lidl nicht mit ins Boot holen? Brändli meint dazu: «Wir wollen Trittbrettfahrer vermeiden. Wir möchten von den Discountern zuerst ein Bekenntnis zu Bio, indem sie uns ein echtes Engagement für den Biolandbau spüren lassen.» Die Geschäfte sollen nicht nur einige Lockvogelprodukte ins Sortiment nehmen. Eine gewisse Breite im Angebot werde gewünscht, erklärt Urs Brändli. Er geht mit gutem Beispiel voran und geniesst sein Bio-Sandwich.

Tamara Wülser