Daneben wird der Claim «Gut, gibt’s die Schweizer Bauern» ersetzt und mit neuen Elementen ergänzt. Anfang Woche haben der SBV und der Landwirtschaftliche Informationsdienst nun die neuen Plakate präsentiert, auf denen die Landwirte fotografisch sympathisch in Szene gesetzt wurden. Die Kampagne ist solide gemacht. Aber sie ist langweilig und austauschbar. Und sie ist ungenau.
Aber der Reihe nach: richtig gute Werbung brennt sich im Gedächtnis ein. Sie bleibt haften und sie macht, dass über ein Produkt oder eine Dienstleistung gesprochen wird. In der Praxis gestaltet sich das allerdings schwierig. Wie die «NZZ am Sonntag» in der letzten Ausgabe schreibt, fehle es den Auftraggebern oft am Mut, eine wirklich freche Kampagne zu lancieren. Grund für die Mutlosigkeit seien genereller Kostendruck und die Digitalisierung. Unter diesen Vorzeichen ist es nicht überraschend, dass auch der SBV sich den Kräften in der Kreativbranche nicht entziehen konnte. Ausserdem ist die langweilige Kampagne ein Resultat der für die Akzeptanz notwendigen Kompromisse, die innerhalb der Branche gefunden werden müssen.
Und das hat nun dazu geführt, dass eine Kampagne entstand, die gerade so gut von Migros, Coop, Volg, Aldi, Emmi oder Lidl stammen könnte; alle haben schon ihre Lieferanten in den Vordergrund gerückt. Der SBV folgt nun – sachlogisch richtig – aber etwas verspätet diesem Trend. Das Design mit den schwarz-weissen Bildern ist dabei schön anzuschauen, die Porträtfotos der Landwirte könnte man aber mit Bildern von Managerinnen und Verkäufern austauschen – es würde niemandem auffallen. Die Botschaften sind so glatt formuliert, dass jeder Betrachter sofort merkt, dass es hier um Werbung geht. Die durchaus liebenswerten, eigensinnigen und speziellen Eigenschaften von Landwirten, Agronomen, Bäuerinnen, Agrarpraktikern, Agrokaufmännern und Agrotechnikerinnen haben auf dem Bild keinen Platz. Selbst das Logo «Schweizer Bauern» mit dem Zusatz «Von hier, von Herzen» kann das nicht kompensieren, auch wenn die geschwungene Linie an eine Hügellandschaft erinnern soll.
Der Kampagne fehlen ausserdem Humor, Selbstironie und Tiefe und damit Emotionen. Zwar schafft es die Kampagne, Klischees zu vermeiden, was innerhalb der Landwirtschaft sicher gut ankommt. Allerdings ist der Preis dafür das Standardresultat. Eigentlich könnte sich die Kampagne einen Sport daraus machen, die Klischees überzeichnet zu bedienen. Aber Humor ist nicht die Stärke der Branche, die für die Ernährung der Schweizer Bevölkerung zuständig ist. Und auch das mit der Selbstironie ist im derzeitigen Umfeld schwierig umzusetzen. Denn in der Branche regiert die Angst: vor den nächsten Preisrunden, vor den nächsten Aktionsplänen, vor den nächsten Budgetkürzungen, vor den nächsten An-
griffen auf Tierhaltung und Einsatz von Pestiziden, Herbiziden und Fungiziden. Richtig frech wäre eine Kampagne gewesen, die mit diesen Ängsten spielt. Man stelle sich den Wirbel vor, wenn über einem der Bilder stehen würde: «Natürlich setze ich Pestizide ein.» Damit liesse sich Aufmerksamkeit erzeugen.
Hinzu kommt, dass die Kampagne ungenau ist. Bei Landwirtin und Agronomin Rahel Joss etwa steht, sie sei «Deine Bäuerin». Es ist zwar nur eine sprachliche Nuance, aber sie trifft den Kern der Sache nicht. Eine Bäuerin und eine Landwirtin sind nämlich nicht dasselbe. Dass die Kampagne in diesem Detail ungenau ist, ist mehr als anekdotisch. Denn der SBV nimmt für die Kampagne in Anspruch, eine Brücke über die «Kluft zwischen Stadt und Land» zu schlagen. SBV-intern wird auf die genaue Bezeichnung geachtet. Rahel Joss wird beim zum Plakat gehörenden Imagefilm als Landwirtin vorgestellt. Nur auf dem Plakat nicht. Der Begriff «Bäuerin» sei verständlicher. Aus Sicht vom Marketing stimmt das. Allerdings werden die Bäuerinnen und Landwirtinnen in der Schweiz auf dem Plakat gleich vom eigenen Marketing in dieselbe Schublade gesteckt.
Immerhin zeigt die neue Kampagne sehr schön, wie der Bauernverband und das Marketing Schweizer Landwirte und Bäuerinnen darstellen möchten: Als naturverbundene, echte und wirklich sympathische Menschen. Nur scheitern selbst die besten Kommunikationsprofis an der Komplexität der Landwirtschaft, wo eben eine Bäuerin nicht dasselbe ist, wie eine Landwirtin. Damit wird klar, was auch den Anstoss für die Kampagne gegeben hat: Die besten Botschafter für den Beruf sind nämlich immer noch die Landwirtinnen und Landwirte selbst. Die Bäuerinnen, die Agrokaufleute, die Agronomen können mit Humor, Selbstironie und Witz über ihren Beruf sprechen. Eine Kampagne schafft das nicht.
Hansjürg Jäger