Welche Produkte werden von Ihren Helferinnen und Helfern geerntet?
Annekathrin Jezler: Es gab erst einen Einsatz, bei dem Erntehelferinnen zum Einsatz kamen. Bei diesem wurden vor allem Hokkaido-Kürbisse mit zum Teil leichten Frass-Schäden geerntet. Zusätzlich konnte eine kleine Menge Wassermelonen-Rettiche geerntet werden, deren Anbau der Produzent im Kleinen getestet hatte und die von Schädlingen befallen wurden. Weiter konnten die Erntenden auf einem abgeernteten Süsskartoffel-Feld die liegengebliebenen Knollen einsammeln. Und diese Woche ist ein Einsatz hinzugekommen, bei dem Rüebli auf einem bereits abgeernteten Feld eingesammelt werden.
Wie sieht die Akzeptanz bei den Landwirten aus?
Das Netzwerk ist noch sehr klein, es ist daher noch schwierig, eine Aussage zu treffen. Aus den bisherigen Gesprächen mit Produzierenden und Abnehmenden fühlen wir uns aber sehr bestätigt. Das Problem Food Waste wird von allen anerkannt und die Idee des Netzwerks sehr unterstützt. Wir hatten bereits mit einigen Produzentinnen und Produzenten Kontakt, die grundsätzlich sehr an einer Teilnahme interessiert sind, die aber aktuell keine Produkte ernten. Daher konnten wir bisher erst bei einem Produzenten einen Ernteeinsatz organisiert. Da dieser gut funktioniert hat, haben wir inzwischen weitere Angebote von ihm erhalten und führten den weiteren Einsatz durch. Wir suchen aber noch nach Produzierenden für letzte Einsätze in diesem Jahr, um weitere Erfahrungen zu sammeln.
Und auf Abnehmer-Seite?
Bei den Abnehmerinnen und Abnehmern haben wir bereits einige Interessierte zusammen. Der Knackpunkt ist hier oft die Logistik: Viele der Abnehmerinnen sind kleine Unternehmen. Sie haben keine Kapazität, die geernteten Produkte beim Produzenten abzuholen oder es wird für sie dann teurer, als wenn sie die Produkte über ihre üblichen Kanäle beziehen. Hier müssen wir eine Lösung finden, sodass die Abnehmerinnen einfach zu den Produkten kommen.
Das Projekt ist im September gestartet. Wie viel Tonnen konnten bereits "gerettet" werden?
Gut eine Tonne. Der grösste Teil davon machen die Hokkaidokürbisse aus. Bei den Rüebli ging es um eine kleine Menge. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit weiteren Produzenten, sodass wir tonnenweise weitere Lebensmittel auf den Teller des Konsumenten bringen können.
Welche Ziele hat sich das Erntenetzwerk für nächstes Jahr Ziele gesetzt?
Das Pilotprojekt wird erst im November evaluiert. Zwar konnten bisher erst wenige Erfahrungen gesammelt werden. Die zahlreichen positiven Rückmeldungen von Produzierenden, Abnehmern und Helferinnen und Helfern signalisieren uns aber, dass es sich lohnt, das Netzwerk nächstes Jahr auszubauen und weiter zu führen.
Was müsste sich grundsätzlich ändern, um Food Waste in der Schweizer Landwirtschaft weitgehend zu minimieren?
Ein grosses Problem sehe ich in den hohen Qualitätsanforderungen bei Obst und Gemüse, was deren Aussehen betrifft. Die Natur lässt sich diese Normen nicht vorschreiben und so werden immer etwas zu kleine oder zu grosse Kartoffeln oder krumme Rüebli wachsen. Solange diese nicht in den Handel gelangen, wird es also auch Food Waste in der Landwirtschaft geben.
Interview Jonas Ingold, lid