Eher skeptisch, ob der Emmi-Bonus für Mindereinlieferungen (wir berichteten) Anreiz genug sei, sind die Milch
produzenten, wie eine kleine Umfrage unserer Zeitung zeigt. Die meisten sehen aktuell kaum Licht am Ende des Milchmarkttunnels. Die Stimmung ist – wenig überraschend – schlecht bei den Milchproduzenten in der Zen­tralschweiz und im Aargau.


Menge habe kaum Einfluss auf den Milchpreis


«Ich bin mir nicht sicher, ob eine geringere Milchmenge sich grundsätzlich positiv auf den Schweizer Milchpreis niederschlägt», sagt Marcel Niffeler aus dem luzernischen Mauensee. Vier von fünf Kilo Schweizer Milch stünden in direkter Abhängigkeit zum EU-Preis. «Selbst wenn wir nur noch die Hälfte produzieren, zweifle ich ernsthaft an einer Preiserholung auf dem Schweizer Markt», so Niffeler weiter. Die Schweiz könne nicht mehr losgelöst von der EU den Markt steuern. Niffeler produziert in einer BG im grossen Stil Milch und verkauft diese an die Zentralschweizer Milchproduzenten (ZMP).

«Weniger wäre tatsächlich mehr», findet Franz Estermann aus Nottwil. Die jüngsten Entwicklungen findet er nicht fair. Er schätze die Arbeit der ZMP und die Bedeutung des Verarbeiters Emmi. Die Zentralschweiz stehe besser da als andere Regionen. Dass aber bei den Mengen vor nicht zu langer Zeit willentlich die «Schleusen» geöffnet wurden und diejenigen, die nicht ausdehnten jetzt dafür bezahlen müssten, gibt ihm zu denken. Der Emmi-Bonus werde seine vermarktete Menge nicht beeinflussen, sagt Estermann in einer ersten spontanen Reaktion. Milchproduktion sei ein langfristiges Geschäft. Auf lange Dauer geplant könnten solche Systeme aber durchaus etwas bringen, findet Estermann.


Der Mangel an Alternativen


Es mangle schliesslich auf vielen Betrieben auch an Alternativen, findet etwa der Aargauer Milchproduzent Adrian Burri aus Bottenwil. Er ist Emmi-Direktlieferant und spielt den Ball auch seinen Kollegen mit ackerbau-

fähigem Land zu. «Hier im reinen Grünlandgebiet produzieren wir, was der Futterbau für eine standortgerechte Milchproduktion hergibt», sagt er. Ein Betrieb mit Ackerbau habe da ganz andere Möglichkeiten zum Ausweichen. Zudem habe er aktuell auch keine Metzgkuh, er werde folglich kaum weniger Milch auf den Markt bringen.


Martin Haas, ZMP-Wahlkreisleiter aus Ruswil, wird in den nächsten Wochen mehr Milch den Kälbern verfüttern. Er beurteilt das Anreizsystem des Milchverarbeiters, welches «niemandem weh tue», auch vor einem anderen Hintergrund. Die Zeichen stünden aktuell auf sehr viel Milch für die kommenden Monate. Ganz schlecht wäre aus seiner Sicht, wenn die Schweizer Milch nicht mehr voll für die geplanten Absatzmärkte verarbeitet werden könnte. Dies gäbe

gegenüber Konsumenten und Politik, Stichwort Agrarpaket, ein sehr schlechtes Bild ab. Das Anreizsystem könnte den einen oder anderen Produzenten zumindest animieren, mengenmässig nicht noch mehr durchzustarten.

Nicht betroffen vom Emmi-Bonus ist übrigens die Milch, die via Käserei zur Emmi gelangt. Diese Mengen mussten von den Käsereien bereits im Voraus angemeldet werden. Allerdings würden im aktuellen Umfeld Unterlieferungen nicht bestraft, heisst es bei der ZMP-Geschäftsstelle auf Anfrage. Dies gelte für die Periode März bis April.


Armin Emmenegger