Es läuft was auf dem Münsinger Schwand. Dort, wo noch beim letzten Besuch die Kühe gemütlich im Anbindestall lagen, klafft nun eine einzige Baugrube. Ein 12-Tonnen-Bagger versucht, den Rest des aufgespitzten Bodens auf einen Lastwagen zu hieven, ohne dabei das Dach und die Träger allzufest in Mitleidenschaft zu ziehen.
«Gestern hat er einen der Träger erwischt», berichtet Urs Siegenthaler und schaut dem Treiben gelassen zu. Passiert sei nichts: «Im Moment ist kaum Gewicht auf den Trägern», die seien lediglich da, um allfälligen Schnee abzustützen.
Die rund 70 Kühe sind ausser ein paar Trockengestellten ausserhaus und zum Teil auf der Alp untergebracht, bis die neue Behausung fertiggestellt ist. Das bedeutet mehr Fahrten neben der Bauerei und ein permanenter Spagat zwischen den Betrieben, wie Siegenthaler berichtet. Trotzdem lassen sich er und seine Familie nicht davon abhalten, am arbeitsfreien Montag zum sechsten Mal den 1. August-Brunch durchzuführen.
100 Kilo Brot und Zopf
Den Chefposten für diesen gastronomischen Grosskampftag bekleidet Siegenthalers Mutter Annemarie. Die Bäuerin hält die Fäden beziehungsweise die Knetmaschine in der Hand. Für den Grossanlass mit bisher jeweils 500 bis 550 Gästen backt sie nicht weniger als drei Sorten Brot und Zopf, insgesamt 100 Kilo. Dazu gibt es unter anderem Rösti mit Spiegelei, allerlei Käse, Hamme, Gonfi, Honig, Joghurt, frischen Fruchtsalat, Müesli und Corn Flakes. Das alles bauen die Siegenthalers auf zwei identischen Buffets auf, die Stühle und Bänke warten in der grossen Maschinenhalle auf die Besucher.
Dass diese alle reibungslos und innert nützlicher Frist verpflegt werden können, dafür braucht es die ganze Familie und eine ganze Reihe von freiwilligen Helfern und Helferinnen, sagt Annemarie. Neben der Chefin sind Urs und Vater Hans als «Chum-Gib-Häb-Zünd» unterwegs, während ihre Schwiegertochter Tanja dafür besorgt ist, dass alle am richtigen Ort sitzen.
Jeder Platz angeschrieben
Jede Besucherin und jeder Besucher erhält für 25 Franken einen eigens angeschriebenen Platz zugewiesen, damit die Tische gut besetzt sind und keine Lücken entstehen, was wiederum dazu führen würde, dass zu wenig Plätze vorhanden wären, wie Urs Siegenthaler erläutert.
Neben den Familienmitgliedern arbeiten rund 25 freiwillige Helfer mit. Sie erhalten keinen Lohn, «sonst legst du richtig drauf», sagt Urs, gefragt nach der Rentabilität des Grossanlasses Brunch. Statt Banknoten erhalten die Freiwilligen einige Naturalien, sei es in Form eines Zopfes, eines Produktekorbes, eines Gutscheins für hofeigene Produkte oder eines grossen Helferessens.
Diesmal wartet auf Siegenthalers Helferschar grössere Beachtung als in den bisherigen Jahren. Als prominenter Gast wird Verteidigungsminister und Alt-Landwirt Guy Parmelin erwartet. Er sei dem Kanton Bern zugeteilt worden, so Siegenthaler, und habe den Betrieb anschliessend selber ausgewählt. In Begleitung des Bundesrats erwartet Siegenthaler einige Grössen aus der Orts- und Regionalpolitik. Es werde aber keine Reden geben, als einzige Ablenkung vom grossen Buffet bieten die Herren des Hauses interessierten Besuchern Betriebsführungen an.
Daneben werden sie wie die übrigen Helferinnen und Helfer vollumfänglich damit beschäftigt sein, die teilweise angemietete Infrastruktur aufzubauen und auf Trab zu halten. Bis anhin sind rund 350 Personen angemeldet, erfahrungsgemäss kommt aber in den letzten Tagen noch einmal ein rechter Ansturm, wie sich Annemarie Siegenthaler erinnert. Auch spontane Besucher sind keine Ausnahme. Das macht dem Junior-Chef wenig Bauchweh. Im schlimmsten Fall müssten diese halt ein wenig warten, sagt Siegenthaler. Zum Erfolgsrezept für einen 1.-August-Brunch gehört neben akribischer Planung und Tatendrang auch Flexibilität und die Freude an der Improvisation, so viel steht fest.
Adrian Krebs
Für den 1.-August-Brunch kann man sich an den meisten Orten bis kurz vor dem Anlass anmelden, sofern nicht alles ausgebucht ist. Informationen über alle ca 350 Anbieter unter: www.brunch.ch
Informationen über den vorgestellten Betrieb: www.sigis-biohof.ch