Es war selbst für finnische Verhältnisse ein nasser und kühler Sommer. Dieser dauert im nordischen Land aufgrund der geografischen Lage schon sonst nur zwischen 120 und 150 Tagen, die dafür aber wenigstens sehr lang sind. Heuer aber mussten offenbar einige Bauern den Sommerweizen noch im Schneefall aussäen. Wenn sie Pech haben, müssen sie diesen nun auch unter ähnlichen Bedingungen einfahren, weil sich die Getreideernte um mehrere Wochen verzögert.

Im Schnitt 45 Hektaren

Die finnischen Landwirte bauen auf ihren Ackerflächen vor allem Gerste, Weizen, Hafer und Roggen an. Wegen des knappen Zeitfensters muss Getreide praktisch immer künstlich nachgetrocknet werden, was die Produktion verteuert. Die Getreidepreise sind trotzdem tief und liegen beim Weizen bei rund 150 Euro pro Tonne. Die Bauern kommen hier nur mit Subventionen aus dem nationalen und dem EU-Budget über die Runden.

50'000 Bauernbetriebe gibt es noch, sie bewirtschaften eine durchschnittliche Fläche von 45 Hektaren. Doch die Anzahl der Bauernhöfe sinkt stetig: Experten schätzen, dass es in zehn Jahren noch deren 20'000 geben wird. Wirtschaftlich bedeutender als der Getreideanbau sind der Milch- und Fleischsektor. Doch die rund 7000 Milchbetriebe kämpfen auch in Finnland mit tiefen Milchpreisen und mit Absatzproblemen wegen des Handelsembargos mit Russland.

Erfolg mit Qualitätsstrategie

Die finnische Landwirtschaft ist also alles andere als eine Wohlfühlinsel. Umso erstaunlicher ist der hohe Selbstversorgungsgrad mit eigenen Lebensmitteln von über 80 Prozent, den die Bauern auf der Agrarfläche von 2,3 Millionen Hektaren erzielen. Getreide beispielsweise produziert Finnland in einem normalen Sommer mehr als Mensch und Tier braucht. Schweine und Kühe fressen praktisch nur Futter von eigenen Wiesen und Äckern.

Die Eigenversorgung mit Lebensmitteln ist politisch gewollt und wird auch finanziell gefördert. Zudem wird eine Qualitätsstrategie gefahren. Das Land brüstet sich gerne mit seinen im internationalen Vergleich hohen Tierhaltungsvorschriften und dem tiefen Pestizidverbrauch. Die Bevölkerung trägt die Strategie mit, in dem sie ziemlich konsequent finnische Lebensmittel kauft, die mit einem speziellen Herkunfts- und Qualitätslabel gekennzeichnet sind.

Ganzjährig Gurken

Besonders erstaunlich ist der hohe Eigenversorgungsgrad beim Gemüse, der teuer erkauft werden muss. Gurken stammen zu 78 Prozent aus Finnland und werden ganzjährig in Gewächshäusern produziert. Genauso wie Tomaten, die auf einen 57- Prozent-Anteil kommen. Bei beiden Kulturen ist der Anbau nur mit künstlichem Licht unter hohem Energieaufwand möglich.

Die finnischen Gurken sind im Winter logischerweise mehr als doppelt so teuer wie solche aus Spanien oder Holland. Die Finnen kaufen trotzdem die eigenen, weil sie überzeugt sind, dass die Qualität besser ist. Die PR-Abteilungen der Anbauverbände haben hier wirklich ganze Arbeit geleistet.

David Eppenberger