Wollen wir einfach Hengste, die das durchstehen?» Diese Frage stellt sich Roland

Kathriner, Römerswil LU, nach dem diesjährigen Stationstest der Freibergerhengste in Avenches VD. Der Test, an dem heuer 16 Dreijährige, drei Vierjährige und ein Fünfjähriger teilnahmen, hinterlässt bei vielen Züchtern den gleichen Eindruck eines durchschnittlichen Jahrgangs. Unter ihnen befand sich auch ein Hengst von Roland Kathriner. Der sensible Legato-Sohn Louis kam ohne Deckerlaubnis wieder nach Hause zurück.  


Gangstarke Hengste fehlen


Den Sportlern fehlen im aktuellen Jahrgang die gangstarken Hengste, die man, wie mehrfach betont wird, bereits im Januar an der Selektion in Glovelier JU habe über die Klinge springen lassen.

Die Kritik am System scheint lauter zu werden. Und breiter abgestützt. Während von Kunden immer wieder die Härte des Tests kritisiert wird, die Haltung mit wenig freier Bewegung für die jungen Pferde, sind zunehmend Stimmen zu vernehmen, die von einem unbeweglichen Test sprechen. «So verlieren wir die besten Hengste», ist Willy Birrer, Luthern LU, der Ansicht.

Birrer holte seinen dreijährigen Hengst Escado frühzeitig nach Hause. Nach heftigen Auseinandersetzungen mit einer Gestütsangestellten, wie Birrer gegenüber der BauernZeitung äussert. «Wir fühlten uns unangemessen behandelt.» Man habe seinen Hengst als «Saubock» beschimpft, der auch auf «ganz harte Massnahmen» nicht reagiert habe.

Für den Landwirt, der als Vierspännerfahrer auf sportliche Pferde setzt und in der Branche als ruhiger und begnadeter Ausbildner gilt, sind solche Zustände untragbar. Er kritisiert den Umgang vereinzelter Gestütsangestellter mit den Hengsten und deren Besitzern, aber auch den Test, «der es nicht erlaubt, auf die Individualität der einzelnen Pferde einzugehen».


Nichts passiert


Roland Kathriner, der jährlich zahlreiche Pferde ausbildet und vermarktet,  teilt diese Ansicht. Dennoch hält sich der Test hartnäckig. «Jeder hatte die Chance, mit einer Eingabe den Test zu verändern, aber es ist nichts passiert!» Roland Kathriner spricht damit die Information und die Anhörung der Vereine und Genossenschaften an, die der Verband im letzten Jahr im Zusammenhang mit dem Stationstest durchführte. Kathriner bemängelt, dass oft mit der Faust im Sack argumentiert werde. Insbesondere an Orten, wo das nichts bringe. «Wir müssen den Test hinterfragen, uns Gedanken machen, was wir verbessern können und nicht einfach wahllos kritisieren», ist er sicher.


Schriftlicher Unmut


Wie der BauernZeitung zugetragen wurde, haben den Verband und das Gestüt aufgrund des diesjährigen Stationstests verschiedene Schreiben erreicht. Eines davon haben die Freibergerzüchter Erich und Yvonne Wyss, Breitenbach SO, verfasst (Züchter des Hengsts Louis). «Esgibt elf Freiberger-Linien. Davon gelten einige Linien als schwierig, weil die Pferde aus diesen Linien etwas sensibler sind. Solche Hengste leiden sehr unter dem

Regime in Avenches und ver
sagen häufig», erklärt Yvonne Wyss gegenüber dieser Zeitung.

Sie bemängelt «das zu starke Gleichheitsprinzip für alle». Gleicher Sattel, gleiches Gebiss (keine Anpassung an die Anatomie), keine individuelle Anpassung von Futter und Ration,

immer wechselnde Betreuer, sodass der junge Hengst keine Beziehung aufbauen könne. Die häufigen gesundheitlichen Probleme der Hengste lassen ebenfalls Zweifel aufkommen am Ausbildungs-System des Stationstests.


Grosse Enttäuschung


«Klar war ich auch enttäuscht», erläutert Roland Kathriner das Resultat seines vierjährigen Hengsts Louis. «Wir dürfen im Ganzen aber nicht vergessen, dass zwölf Hengste das Prozedere bestanden haben», so Kathriner weiter. Das System, das Gestüt oder den Verband pauschal mit einem Rundumschlag zu kritisieren, nütze nichts, ist er sicher.

Der 20-jährige Stationstest habe sich nur minim verändert in den letzten Jahren. Die Sensibilität des Freibergerpferdes hingegen habe mehrheitlich zugenommen. «Wir haben einfach nicht mehr diese kalten Pferde», ergänzt er. Der Markt verlange das auch so. 

Rund 45% gingen in die Freizeitreiterei und Freizeitfahrerei, wo es einfache, charakterstarke und ruhige Pferde brauche; weitere 45% gingen an Kundschaft, die sich etwas mehr dem Sport verschreibe, an Dressur- und Springprüfungen teilnehmen
möchte, «an mehrheitlich junge Frauen mit Ambitionen», so Kathriner. Die restlichen 10% verteilen sich nach Ansicht des

Ausbildners auf die Zucht, den Spitzensport (Fahren), auf das Militär oder auf den Bereich der landwirtschaftlichen Arbeiten.


Zucht nicht einengen


Diese Vielfalt in der Nachfrage ist der Grund, weshalb Roland Kathriner fordert, der Test müsse vermehrt auf das Pferd eingehen. «Wir engen die Zucht mit dieser Gleichbehandlung nur ein», sagt er. Diese Ansicht teilt auch Willy Birrer. Beide Ausbildner wissen, dass jeder der jungen Hengste unterschiedlich ist. Unterscheiden würde sich auch die jeweilige Vorbereitung auf den Test. Da nütze eine Gleichbehandlung wenig oder nichts.

Im bewährten Charaktertest schnitten alle Kandidaten grossmehrheitlich positiv ab. Und hier scheinen sich alle Befragten einig. Der Sensibilität wird keine Rechnung getragen. «Während die einen sich als richtige Raubtiere präsentieren, kämpfen andere gegen die Überforderung», so Kathriner.


Vermehrt lahme Hengste


Roland Kathriner ist auch sicher, dass gewisse Lahmheiten, wie sie an diesem Test vermehrt auftraten, auf 
die Sensibilität der Pferde zurückzuführen sind. Er sieht diverse Möglichkeiten, das System zu verbessern. Eine davon wäre eine engere Zusammenarbeit mit den Hengstbesitzern. Bislang wird diese auf ein nötiges Minimum reduziert. «Wir müssen in jedem Fall vermehrt auf diese Pferde eingehen», so Kathriner. Das verlange auch der Markt.


Simone Barth