Perfekte Salate ohne Erdspuren, knackige Karotten ohne schwarze Flecken oder Schweizer Gurken bereits im April: Das ist Standard in den heutigen Gemüseabteilungen der Supermärkte. Die Gemüsebranche hat sich in den letzten Jahren innerhalb der Schweizer Landwirtschaft stark spezialisiert. Salate müssen gewaschen, Karotten sofort gekühlt und Gurken bereits in den Wintermonaten in Gewächshäusern angepflanzt werden.

Die hohen Qualitätsanforderungen der Abnehmer machen die Gemüseproduktion immer aufwändiger. Der allgemeine Trend nach verzehrfertigen, geschnittenen Salaten in luftdichten Verpackungen macht es nicht besser.

Ein Preis dieser Spezialisierung ist ein erhöhter Energieverbrauch. Da mit Gas- oder Heizöl beheizte Gewächshäuser nicht so richtig ins Bild von frischem Gemüse passen, setzen die Gemüseproduzenten zunehmend auf erneuerbare Energien.

Auch die Abnehmer machen Druck: Coop beispielsweise will in Zukunft, dass Gewächshäuser nur noch mit regenerierbaren Energien beheizt werden. In Hinwil wachsen deshalb dank der Abwärme der benachbarten Kehrichtverbrennungsanlage bereits jetzt CO2-neutrale Gurken, ähnliche Projekte werden in der nächsten Zeit in der Ostschweiz und im Wallis realisiert.

Andere Gemüseproduzenten nutzen die Abwärme von Biogasanlagen oder heizen ihre Gewächshäuser mit Holzschnitzeln. Ein Ostschweizer Tomatenproduzent bohrte sogar 1‘500 Meter in die Tiefe und nutzt die Erdwärme.

Lokaler Strom für lokale Produktion

Zahlreiche Gemüseproduzenten installierten in den letzten Jahren auf ihren Lager- und Verarbeitungshallen Photovoltaikanlagen vor allem wegen der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV).

Auch die Union Maraîchère de Genève (UMG), die Vermarktungsgesellschaft der Genfer Gemüseproduzenten, meldete ihre im letzten Jahr auf dem neu gebauten Wirtschaftsgebäude in Perly erstellte 180-Kilowatt-Photovoltaikanlage für die KEV an.

Ob die UMG jemals in den Genuss der Vergütung kommt, ist aber mehr als fraglich. Die Warteliste ist sehr lang und die KEV wird auf politischer Ebene immer mehr hinterfragt. Die Services Industriels de Genève (SIG) bezahlt der UMG 17,2 Rappen pro Kilowattstunde gelieferten Solarstrom, bis die KEV ausbezahlt wird. Bei einem aktuellen Strompreis von 15 Rappen pro Kilowattstunde wäre die Ablieferung der gesamten Solarstrommenge an die SIG für die UMG lukrativer.

Trotzdem entschied sie sich bis zur allfälligen Auszahlung der KEV für die seit Anfang 2014 gesetzlich erlaubte Eigenverbrauchsregelung: „Lokale Produktion und die Nutzung von sauberem Solarstrom vor Ort passt zu unseren regionalen Produkten”, sagt UMG-Präsident Alexandre Cudet. Er rechnet mit einem Eigenverbrauchsanteil von bis zu 80 Prozent. Die Kühlräume machen es möglich.

Doch UMG-Geschäftsführer Jacques Blondin schaut vor allem auf den Markt: „Unsere Abnehmer verlangen in Zukunft mehr Nachhaltigkeit in der Gemüseproduktion.”

Das UMG-Beispiel zeigt, dass die Solarstromproduktion bereits jetzt ohne KEV rentabel sein kann. „Die Anlage sollte in 12 Jahren amortisiert sein”, sagt Blondin. Die Anlage in Perly kostete rund 350‘000 Franken und produziert jährlich rund 200‘000 kWh Strom, was einem Drittel des gesamten Strombedarfs der UMG entspricht. Ein grosser Teil davon fliesst direkt vor Ort in die Anlagen, und muss nicht zugekauft werden.

So macht der Eigenverbraucher seine Rechnung. Die UMG profitiert von idealen äusseren Rahmenbedingungen: Zum einen werden die PV-Module immer günstiger. Zum anderen war die Installation auf dem neuen Flachdach einfach und zusätzliche Stromzuleitungen waren nicht nötig. Und natürlich ist der hohe Strombedarf vor Ort ideal für Eigenverbraucher.

Noch ist die Anzahl von Gewerbebetrieben klein, die sich für den Verbrauch vor Ort entscheiden. Das wird sich ändern, wenn die Strompreise steigen sollten, wie das Experten trotz der gegenwärtig tiefen Preise immer wieder prophezeien.

Photovoltaik auf Dach

Der Betrieb Swissradies AG von Frédéric Bart in Ried bei Kerzers hat in diesem Frühling Bescheid erhalten, dass er für seine vor ein paar Jahren auf dem Ökonomiegebäude erstellte 54-KW-PV-Anlage 45 Rappen pro Kilowattstunde aus dem KEV-Topf erhalten wird.

Im Unterschied zur UMG in Genf verkauft er den Solarstrom an die Groupe E und kauft diesen von dieser zurück. „Wir bezahlen aber einen Ökoaufschlag von 5 Rappen”, sagt Bart. Es geht also auch bei ihm nicht nur ums Geld, obwohl die Rechnung am Schluss natürlich für ihn aufgehen muss.

Das gilt auch für die neuste Anlage auf seinem im letzten Jahr erstellten Gewächshaus. Anstatt Glasscheiben sind dort in einem Abteil über 3‘000 Quadratmeter Photovoltaik-Module installiert. Und damit ist er der Erste in der Schweiz. Die Module der Firma PVP aus Österreich sind aus zwei dünnen Gläsern zusammengesetzt, dazwischen sind die Module. Bart liess extra ein diffuses Glas einbauen, damit das Licht im Gewächshaus besser gestreut wird. Denn die Kulturen sollen trotz Lichtverlust durch die PV-Zellen noch genug Licht für das Wachstum erhalten.

Bart produziert in seinen Gewächshäusern vor allem Radieschen. Jedes dritte Schweizer Radieschen kommt von hier. Die Kultur wächst auch bei relativ wenig Licht, weshalb sie sich für den Anbau in einem Gewächshaus mit Photovoltaik eher eignet als beispielsweise Tomaten.

Als Pionier-Betrieb ist Bart mit relativ hohen Erstellungskosten konfrontiert, weil es sich um spezielle PV-Module handelt. Trotzdem ist er von der Anlage überzeugt und sieht viel Potenzial für die Branche: „Die Montage im Gewächshaus ist einfach.” In seine Investitionsrechnung fliessen neben den Erträgen aus dem Solarstrom auch die Kulturerträge ein. „Das Gewächshaus ist primär zur Radieschenproduktion da”, sagt er. Er rechnet aber damit, dass ihm die Doppelnutzung mit Solarstrom hilft, das Gewächshaus wirtschaftlich zu betreiben.

Bart arbeitet dauernd an der Optimierung des Systems. Beispielsweise mit weniger PV-Zellen, damit mehr Licht durchfliesst. „Ich kann mir vorstellen, dass künftig sogar Tomaten so wachsen können”. Mit seiner Anlage möchte Bart auch gegen das schlechte Image von Gewächshäusern ankämpfen. Seiner Meinung nach steigt die Akzeptanz von Gewächshäusern, wenn diese zusätzlich sauberen Strom produzieren.

Sein Energieverbrauch ist relativ gering, da die Radieschen auch bei tiefen Temperaturen wachsen. Auch deshalb lässt sich seine Energiebilanz sehen: Über 500‘000 kWh Solarstrom will er pro Jahr produzieren, 130‘000 kWh Strom brauchen Gebäude, Verarbeitungsmaschinen und Kühler. Bart hat ausgerechnet, dass selbst die für die Produktion nötigen fossilen Energieträger auf dem Betrieb durch den Solarstrom abgedeckt sind: „Wir produzieren jetzt schon klimaneutrale Radieschen.”

David Eppenberger, lid