Mit der «Gesamtschau» des Bundesrats für die Weiterentwicklung der Agrarpolitik ist auch das BLW hart an die Kasse gekommen, haben doch die Mitarbeiter des Amtes massgeblich am Text mitgewirkt, der als Strategie für die Agrarpolitik ab 2022 (AP 22+) dienen soll. Im Gespräch mit der BauernZeitung nimmt BLW-Direktor
Bernard Lehmann nun erstmals Stellung zur Kritik.
Nicht alle Schleusen öffnen
Am meisten getroffen habe ihn das Argument der Kritiker, dass man mit der neuen Strategie die Bauernfamilien kaputtmachen wolle. «Das tut weh», so der BLW-Direktor. Er sei selber Bauernsohn und sein Bruder bewirtschafte den Betrieb der Familie. Diesen und allen anderen Bauern zu schaden, sei das Letzte was man mit der neuen Agrarpolitik wolle.
Es werde bei den Angriffen auf die «Gesamtschau» so getan, als ob der Bundesrat an der Grenze «sämtliche Schleusen öffnen wolle», sagt Lehmann. Das sei aber nicht der Fall, es gehe lediglich um Konzessionen im Bereich von fünf bis zehn Prozent dessen, was ein Freihandelsabkommen mit der EU bedeutet hätte. Schon heute werde teilweise viel über die WTO-Kontingente hinaus importiert, ohne dass die Landwirtschaft zugrunde gehe.
Bei stärkerem internationalem Wettbewerb werde sich die Schweizer Landwirtschaft mit der Zeit stärker auf die Produktlinien ausrichten, die im Inland und im Export bessere Chancen haben. Weil die Fläche nicht zunimmt, werde es dafür dort, wo die Preisdifferenz zum Ausland am Höchsten ist, weniger Produkte geben.
Der Strukturwandel dürfte laut Lehmann entgegen den Befürchtungen des Schweizer Bauernverbandes kaum ansteigen. Ohnehin werde der Strukturwandel weniger stark durch die Agrarpolitik beeinflusst, als vielmehr durch den Kulturlandverlust getrieben, den man mit der AP 22+ senken wolle.
«Fels in der Brandung»
Es sei völlig falsch, dass die Landwirtschaft alleine der EU «beigetreten werden solle», wie von den Kritikern postuliert. Freihandel mit der EU sei nicht geplant, obwohl die gesamte übrige Wirtschaft mit Ausnahme der Dienstleistungsberufe bereits voll geöffnet sei. Bundesrat Schneider-Ammann sei im Übrigen, wie er in bisherigen Freihandels-Verhandlungen gezeigt habe, ein «Fels in der Brandung», wenn es um die Anliegen der Bauern gehe.
akr/joy
Ein ausführliches Interview mit Bernard Lehmann finden Sie in der nächsten Ausgabe des neu lancierten Fachmagazins die grüne. Eine Probenummer ist unter Tel. 031 958 33 37 erhältlich.