Die Joghurtregale im Lebensmittelhandel sind voll und sie werden immer länger. Doch der Eindruck täuscht: Statt 18 Kilogramm, wie noch im Jahr 2004, verzehren die Bewohnerinnen der Schweiz heute nur noch gut 16 Kilo Joghurt jährlich. Davon stammt erst noch ein Teil aus dem Ausland. Dass der Importanteil nicht mehr als zehn Prozent beträgt, dürfte am hohen Zoll für den Import von Naturejoghurts liegen. Ohne Grenzschutz würden wohl mehr als 10'000 Tonnen jährlich importiert. Allerdings kann dieser Grenzschutz umgangen werden, wenn Naturjoghurts mit Zucker versehen und allenfalls noch fettangereicht werden – sie gelten dann nicht mehr als Naturjoghurt, sondern fallen unter den wesentlich tieferen Zolltarif für aromatisierte Joghurts.
Kampf um Kontingentsanteile
Für den Import von Naturjoghurt steht auch noch ein heiss umkämpftes Kontingent mit reduziertem Zolltarif im Umfang von 200 Tonnen jährlich zur Verfügung. Dieses Teilzollkontingent 7.3 wird im Windhundverfahren vergeben. Wer seinen Bedarf zuerst anmeldet, wird zuerst berücksichtigt. Da jedoch alle Beteiligten ihren Bedarf am erstmöglichen Eingabetag anmelden, wird das Kontingent letztendlich durch die Anzahl Teilnehmer geteilt. Das führt dazu, dass die einzelnen Bewerber letztes Jahr nur 2,5 Tonnen zugeteilt erhielten – auch wenn sie 100 oder 200 Tonnen beantragt hatten. Pikanterweise sind längst nicht alle Teilnehmer der Versteigerung am Import interessiert – viele agieren nur als Mittelsmänner und übertragen später den von ihnen ergatterten Anteil an andere Interessenten. Manchmal lassen sie ihr Kontingent sogar verfallen, so dass das heissumkämpfte Kontingent am Ende nicht einmal vollständig ausgeschöpft wird. Letztes Jahr wurden z.B. nur 165 Tonnen importiert. Es handelt sich dabei vor allem um griechische Spezialitätenjoghurts, wie Emanuel Golder vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) erklärt. „Das sind hochpreisige Joghurts, die als Spezialität von meist kleineren griechischen Firmen hergestellt werden.“ Ein Preisdruck auf den Schweizer Markt ist bei diesen Joghurtimporten nicht zu befürchten: Die Importpreise dieser Spezialitäten liegen bei rund 4 Franken pro Kilo – während Schweizer Naturjoghurt im Laden bereits für 2,2 und 2,5 Franken pro Kilo zu haben sind.
Der Discounter-Effekt
Anders sieht es bei den Importen von jenen Joghurts aus, die aromatisiert, gesüsst oder mit Kakao und Früchten angereichert sind. Diese Joghurts sind in Deutschland und Österreich schon für einen Kilopreis von 1,5 Franken zu haben. Da ist der Import auch dann noch attraktiv, wenn wie in den letzten Jahren ein Zoll von 15 bis 40 Rappen pro Kilo bezahlt werden muss. Diese Joghurtimporte sind in der Vergangenheit massiv gestiegen: Während im Jahr 2000 nur 100 Tonnen pro Jahr importiert wurden, erreichten sie im Jahr 2012 mit beinahe 12'000 Tonnen einen Höhepunkt. Das hat nicht zuletzt mit dem Markteintritt von Aldi und LIDL zu tun. Aldi hat 2005 die ersten Filialen in der Schweiz eröffnet, LIDL im Jahr 2009. Beide wurden zu Beginn von Schweizer Milchverarbeitern gemieden, wie Aldis Mediensprecher Philippe Vetterli erklärt: „Anfänglich wurden unsere Lieferanfragen kritisch bis zurückhaltend beantwortet, insbesondere dann, wenn es von Lieferantenseite bereits Verträge mit einem der beiden in der Schweiz gut verankerten Detailhändlern gab. Die Befürchtung bei einer Zusammenarbeit mit Aldi ausgelistet zu werden, war gross.“ Es ist bekannt, dass das Duopol sogar Exempel statuiert und langjährigen Lieferanten kündigte, wenn herauskam, dass diese Aldi belieferten. In den letzten zehn Jahren hat sich das geändert. Heute sind praktisch alle grossen Milchverarbeiter auch bei Aldis vertreten. Vetterli: „Unsere Bemühungen, vermehrt mit Schweizer Lieferanten und Produzenten zusammen zu arbeiten, sind mittlerweile sehr erfolgreich.“ Als Folge davon wurden letztes Jahr rund 1'500 Tonnen weniger Joghurt importiert als im Jahr 2012.
Einbruch bei den Exporten
Dass die Joghurtimporte leicht gesunken sind, mag für die Schweizer Milchproduzenten erfreulich sein. Unerfreulich ist jedoch, dass die Joghurtexporte auf Talfahrt sind. Diese hatten im Jahr 2004 einen kurzen Höhenflug mit 17'000 Tonnen, betrugen letztes Jahr aber nicht einmal mehr 5'000 Tonnen. An den Milchpreisen kann es nicht liegen. Die Schweizer Bauern müssen die Milch für Exportjoghurts nämlich zum B-Preis liefern, das ist ein Preis, der an das EU-Preisniveau angepasst ist und der sich letztes Jahr in einer Grössenordnung um 40 Rappen pro Kilo bewegte. In einem Kilo Frucht- oder Kakaojoghurt stecken rund 0,8 Kilo Milch. Das bedeutet, dass nur 30 Rappen pro Kilo Exportjoghurt an die Bauern gehen, obwohl Schweizer Joghurts im Schnitt für mehr als drei Franken pro Kilo exportiert werden. Selbst wenn die Bauern die Milch gratis liefern würden, wären die Exportjoghurt noch doppelt so teuer wie die Joghurts aus Deutschland oder Österreich. Das ist im Inland nicht viel anders: Der Anteil der Bauern am Joghurt-Konsumentenfranken bewegt sich in einer Grössenordnung von zwanzig Prozent. Da würde eine Milchpreiserhöhung am Verlust der Marktanteile nur wenig ändern.
lid