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In den vergangenen Jahren wurde die Bewilligungspraxis für Bauten ausserhalb der Bauzone massiv verschärft. Auch weil sich die Behörden auf Gerichtsentscheide stützen, die doch immer Einzelfälle sind. Zudem sind die kantonalen Unterschiede beim konkreten Vollzug der Raumplanungsvorschriften beträchtlich. Und es werde teils subjektiv – je nach Sachbearbeiter in den Amtsstuben – entschieden, was drinliege, sagen Fachleute. Das gelte es frühzeitig bei der Planung herauszuspüren. Grundsätzlich sei die Frustration hoch, es gebe keinen Verlass mehr für die Planer. Gefragt ist deshalb wohl die Politik – für mehr Augenmass beim Vollzug.
Die Auflagen in der Raumplanung und deren Vollzug seien kaum mehr auszuhalten, kritisierte kürzlich Alois Huber, Präsident des Bauernverbands Aargau und Nationalrat. Es scheine, dass jedes abgelehnte Baugesuch für die Behörden ein Gewinn sei, man versuche zu verhindern, statt Lösungen zu suchen, meinte ein Bauberater aus dem Kanton Luzern. Aus Verzweiflung würden viele Gesuchsteller vergleichen, wo anderen was zugestanden worden sei, wobei offenbar immer mehr der Grundsatz gelte: Was gestern war, gilt heute nicht mehr. «Die Frustration der Landbevölkerung wächst ins Unermessliche, viele zweifeln am Rechtsstaat.» Stefan Heller, Geschäftsführer Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverband, stellt ebenfalls laufende Verschärfungen im Bereich des Wohnungsbaus fest. «Die kantonale Wegleitung wird laufend angepasst, ohne Einbezug und ohne Kommunikation.» Das bestätigen mehrere angefragte Architekten und Bauberater. Die Schraube sei massiv angezogen worden, beim Wohnraum, bei Nebenräumen wie Loggias oder Garagen, bei der Anzahl Wohnungen, oder bei der Beurteilung der Standortgebundenheit und Existenzfähigkeit von Betrieben.
Keine Übersicht mehr
Auch aus anderen Kantonen häufen sich Meldungen bei den regionalen Bauernverbänden und Baubüros von unzufriedenen und frustrierten Bauern wegen den Hürden bei Bauprojekten ausserhalb von Bauzonen. Dabei geht es nicht nur um Auflagen bei Ökonomiegebäuden. Auch bei Wohnbauten oder Anlagen auf Landwirtschaftsbetrieben werde es immer schwieriger, solche zu realisieren. Zudem wird der Vollzug offenbar je nach Kanton sehr unterschiedlich gehandhabt.
Das bestätigt Hansueli Schaub von Agriexpert beim Schweizer Bauernverband. «Die Übersicht ist sehr schwierig geworden, auch weil die Vorgaben ständig ändern.» Schaub stellt ebenfalls fest, dass Bauen ausserhalb der Bauzone in der Tat viel schwieriger geworden ist. Vor allem seit einigen Jahren, nach Anpassung des Raumplanungsgesetzes für mehr Kulturlandschutz. Entsprechende Forderungen kämen allerdings auch aus bäuerlichen Kreisen.
Gerichtsentscheide mit Folgen
Sehr viele Reaktionen und Unverständnis ausgelöst haben die kürzlichen Berichte wegen des Bauverbots für Swimmingpools auf Bauernhöfen (siehe BauernZeitung vom 28. August und 4. September). Dort habe man sich auf einen Bundesgerichtsentscheid zu einem zonenfremden Ferienhaus gestützt, weiss Hansueli Schaub von Agriexpert. Es gebe eben viele Bundesgerichtsentscheide zum Bauen ausserhalb Bauzone, welche nichtlandwirtschaftliche Liegenschaften betreffen. In letzter Zeit würden solche aber gehäuft auf zonenkonforme Bauten angewendet, stellt Schaub fest.
Bundesgerichtsentscheide seien immer Einzelfallbetrachtungen. Die Kantone würden dann aber generalisieren und bestimmte Punkte und Aussagen der Entscheide generell anwenden.
Um eine neue Bewilligungspraxis (wie jene des Verbots von Swimmingpools) einzuführen, habe er den Eindruck, dass die Bewilligungsbehörden einfach pokern. Wer sich wehre, werde auf den Gerichtsweg verwiesen. So erhoffe man sich eine Legalisierung der strengeren Praxis. Und wer neue Auflagen zähneknirschend akzeptiere, trage dazu bei, dass diese auch künftig angewendet würden.
Keine einheitliche Praxis
Eine einheitliche oder schweizweit gültige Praxis für das Bauen ausserhalb Bauzonen gebe es nicht. Massgebend seien eher Bundesgerichtsentscheide (siehe Kasten). Auch Verweise auf in der Vergangenheit noch bewilligte Fälle würden bei Beurteilungen nicht berücksichtigt, stellt Schaub fest. Die Beratung könne sich lediglich auf die verschiedenen kantonalen Wegleitungen und Merkblätter stützen, die würden aber auch sehr häufig ändern und eben auch nicht alle Einzelfälle regeln. Meist erfahre Agriexpert zufällig von einer Praxisänderung aufgrund eines konkretes Projektes, denn solche würden von den Behörden kaum oder zurückhaltend kommuniziert, bedauert Schaub.
Das erschwere die Beratung sehr, da man gegenüber Bauherren kaum wisse, ob Projekte überhaupt bewilligungsfähig seien. «Wir müssen jeden Auftrag als Einzelfall beurteilen, es gibt kaum noch allgemeingültige Empfehlungen.»
In vielen Kantonen gebe es deshalb Diskussionen ohne Ende bei Bauprojekten in der Landwirtschaftszone. Vor allem in Agglomerationen nehme der Druck zu, Bauten ausserhalb der Bauzone möglichst zu verhindern. In ländlichen Kantonen sei dies eher noch etwas einfacher, aber auch dort wachse der Druck.
Standortbindung hinterfragt
Gerade Wohnraum auf landwirtschaftlichen Gewerben zu realisieren werde immer schwieriger. Schaub verweist auf einen Gerichtsentscheid schon vor über 15 Jahren zu einem Mutterkuhhaltungsbetrieb. Darin wurde verfügt, Wohnraum dafür sei nicht an den Stallstandort gebunden. Auch Rebbaubetriebe seien ja mit solchen Situationen konfrontiert, dass Wohnraum auf dem Betrieb verwehrt werde. Ob eine Geschäftstätigkeit oder die Kombination verschiedener Tätigkeiten (wie Rebbau, Kelterei, Degustation, Verkauf usw.) Wohnraum bedinge, werde sehr verschieden ausgelegt und dazu gebe es auch sehr unterschiedliche Gerichtsentscheide.
Auch bezüglich Bewilligung von zusätzlichen Wohnungen oder auch Wohnungsgrössen gebe es kantonale Unterschiede, weiss Schaub. Da werde teils weniger auf die Betriebsgrösse abgestützt als auf die Historie von bestehenden Bauten in der Region. In Kantonen, wo traditionell die Bauernhäuser schon immer gross waren, könne im bestehenden Volumen eher eine zusätzliche Wohnung eingebaut werden. In Kantonen mit kleineren Häusern werde eher versucht, dies zu verhindern.
Bauwilligen Bauern gibt der erfahrene Experte Hansueli Schaub den Rat, nicht alles hinzunehmen, sondern sich zu wehren. «Wer sich und sein Projekt gut verkaufen kann, kommt eher weiter.»
Die Situation in der Ostschweiz und Bern
Christian Zwahlen, stellvertretender Leiter des Landwirtschaftlichen Bau- und Architekturbüros (LBA) Bern, bestätigt, dass Bauen ausserhalb der Bauzone viel schwieriger geworden ist. Zusätzlicher Wohnraum werde sehr restriktiv gehandhabt. Er ortet die Probleme bei neueren Bundesgerichtsentscheiden. Und es komme schon darauf an, mit wem man in den Amtsstuben zu tun habe. Viele Leute im Raumplanungsamt seien zwar bemüht um gute Lösungen, sie würden aber oft zurückgebunden, ihnen seien wegen solchen Entscheiden offenbar die Hände gebunden.
Ähnlich tönt es beim LBA Ostschweiz, viele Gerichtsentscheide würden als wegweisend erachtet und sogleich übernommen, sagt Josef Broger, Leiter Regionalbüro. Es gelte individuell je nach Sachbearbeiter und je nach Kanton herauszuspüren, was eigentlich drin liege. «Es gibt keine Verlässlichkeit mehr und es ist teils haarsträubend, was wir erleben.» Die kantonalen Unterschiede seien irritierend. Für Schwyz und Appenzell Ausserrhoden ist er des Lobes voll. Da werde pragmatisch und auf Augenhöhe über Projekte entschieden. In anderen Kantonen habe er manchmal den Eindruck, dass Bauherren unterstellt werde, sie wollten ge-setzeswidrig handeln. «Da wird man teils als Krimineller statt als Kunde behandelt.»
Die Bauern hätten ja eigentlich den Anspruch, dass sie ausserhalb der Bauzone wohnen dürften. Zugestanden werde aber jeweils nur das absolute Minimum, sei es bei der Wohnungsanzahl, Wohnungsgrössen oder auch Limitierung von Nebenflächen wie Balkonen, Gartensitzplätzen oder Garageplätzen. Er habe absolut Verständnis für die Erhaltung von Baukultur und haushälterischen Umgang mit Kulturland, sagt Broger. «Aber teils vermisse ich das Augenmass von Beamten.»
Schwarze Schafe schaden
Wer allerdings jemals in der Vergangenheit ohne Bewilligung oder anders als bewilligt gebaut oder Nutzungsänderungen vorgenommen habe, werde wesentlich härter angefasst als solche mit «weisser Weste», erklärt Schaub. «Die Tatsache, dass praktisch auf jedem Betrieb etwas nicht Bewilligtes gefunden wird, und sei es nur die Befestigung des Weidezuganges, macht die Situation und Ausgangslage für die landwirtschaftlichen Bauherren eben auch nicht gerade einfacher.» Das bestätigt auch ein Luzerner Architekt, der anonym bleiben will: Die Situation auf den Höfen werde sehr genau und teils pingelig angeschaut, aufgrund von Luftbildern von früher und heute. Kleinere Bauten und Anlagen seien früher von den Gemeinden bewilligt worden, heute müsse jede kleinste Veränderung ausserhalb Bauzonen vom Kanton genehmigt werden. Wenn der Kanton feststelle, dass da früher etwas von der Gemeinde durchgewunken worden sei, so könne das heute bei neuen Bauvorhaben zum Stolperstein werden. Schaub stellt fest, dass die Landwirtschaft in dieser Beziehung bei den Behörden und Verwaltungen einen äusserst schlechten Ruf habe, «teilweise auch verständlicherweise».
So viel Wohnraum gibt es je nach Kanton
Bei der Definition von landwirtschaftlich bedingten Wohnflächen bei zonenkonformen Bauten für landwirtschaftliche Gewerbe (gemäss RPG 16a, RPV 34 Abs.3 und BGBB Art. 7) gibt es Unterschiede je nach Kanton. Im Folgenden eine Übersicht:
TG und SG: In diesen Kantonen würden maximal 320 m² Wohn-fläche bewilligt, sagt Josef Broger vom LBA Ostschweiz. Die 200 m² für die Betriebsleiterwohnung seien eher grosszügig, die maximal 120 m² für ein separates Stöckli eher zu knapp.
BE: In Bern beträgt die Richt-fläche für betriebsbedingte Wohnbauten gemäss Merkblatt für Betriebsleiterwohnungen 180 m², für ein Stöckli für die abtretende Generation 100 m², und für eine zusätzliche Angestelltenwohnung 140 m².
ZH: Zürich bewilligt 220 m² für ein Betriebsleiterwohnhaus, wobei für Neubauten auf grüner Wiese 2,5 SAK vorausgesetzt werden, für Ersatzbauten an gleichem Standort 1 SAK genügt. Auch beim Altenteil von max. 120 m² wird differenziert, ob ein An- oder Einbau möglich ist (1 SAK) oder ein Neubau(1,5 SAK). Auf Betrieben mit mindestens 4 SAK kann nach Bedarf eine Wohnung für Angestellte von max. 100 m² gebaut werden.
AG: Hier sind gemäss Merkblatt max. 330 m² Wohnfläche möglich, auf anerkannten Lehrlingsbetriebe zusätzlich max. 20 m². Das gelte auch für Angestellte, wobei bei sehr grossen Betrieben allenfalls Ausnahmen nach oben möglich wären, sagt Jasmin Leuthard von der Abteilung Baubewilligungen. Die Richtwerte betragen für die Betriebs-leiterwohnung 180 m², für den Altenteil 150 m², wobei die Aufteilung flexibel gehandhabt werde. Ein gedeckter Garten-Sitzplatz bis max. 25 m² pro Wohnung ist möglich. Für Balkone gibt es keine fixen Grössenbeschränkungen, das werde je nach Projekt beurteilt, Ziel seien gut integrierte Innenbalkone, sagt Leuthard.
LU: Gemäss Wegleitung liegen die Richtwerte bis 3 SAK bei max. 300 m² Wohnfläche bei einem Neubauprojekt. Bei einem Um- und Ausbauprojekt sind es max. 350 m² und in der Regel zwei Wohnungen. Bei mehr als 3 SAK werden max. 350 m² bei einem Neubau bzw. 400 m² Wohnraum bei einem Um- und Ausbauprojekt gewährt, und maximal drei Wohnungen. Die Balkongrösse wird neuerdings limitiert auf 12 m².
SZ: Der Richtwert für ein Betriebsleiterwohnhaus mit Altenteil beträgt 325 m². Auf Lehrbetrieben sind zusätzlich 15 bis 20 m² für ein separates Lehrlingszimmer mit Nasszelle möglich. Eine dritte Wohnung gibt es nur bei ausgewiesenem Bedarf. Für Wohnnebenflächen bestehen keine fixen Grenzen. Diese müssten jedoch in einem angemessenen Verhältnis zur Wohnnutzung stehen, sagt Peter Maurer vom Schwyzer Amt für Landwirtschaft.
ZG: Im Kanton Zug können in der Regel auf einem Hof drei Wohnungen erstellt werden. Wobei die Wohnung für die Betriebsleiterfamilie 200 m², für die abtretende Generation 100 m² und 40 m² Wohnfläche für die dritte Generation möglich sind, in der Wohnung des Betriebsleiters, somit maximal340 m². Dazu kann ab 3 SAK maximal 60 m² Wohnraum für Angestellte bewilligt werden, somit insgesamt 400 m². Eine vierte Wohnung ist möglich, wenn der Wohnflächenbedarf für drei Generationen und für Angestellte nachgewiesen werden kann, wie Baudirektor Florian Weber erklärt.