Das globale Dorf ist im Computer-Zeitalter zum beliebten Schlagwort geworden. Aber auch die Digitalisierung kennt Landesgrenzen. Dies zeigte sich deutlich an den Agroline-Feldtagen in Kölliken AG. Dort referierte am Mittwoch auf Einladung von Meliofeed der Marketingchef von 365 Farmnet, Karl-Heinz Krudewig. 365 Farmnet ist eine Tochter der deutschen Claas Gruppe und eine der grossen Plattformen, die versuchen die Unmengen von Daten für alle Beteiligten nutzbringend einzusetzen.
«Gerechtere Verteilung»
Ob diese Datenflut auch die Bauern vorwärtsbringt, ist nicht unumstritten. Krudewig zeigte sich im Festzelt in Kölliken überzeugt davon: «Digitalisierung wird zu einer gerechteren Verteilung der Wertschöpfung beitragen», sagte er. Um dies zu unterstreichen erklärte er, dass seine Plattform auch ausserhalb der Claas-Welt benutzt werden könne: «Die erste Schnittstelle haben wir mit dem Fendt Vario Terminal eingerichtet», so Krudewig. Das heisst, 365 Farmnet soll auch nutzen können, wer mit Gerätschaften aus Firmen ohne Claas-Bezug arbeitet.
Datenschutz im Auge
Auch datenschützerisch zeigte sich Krudewig sensibilisiert. Die Daten sollen unter Obhut der Bauern bleiben, benutzt werden darf auf der Plattform nur, was der Produzent spezifisch für die jeweilige Nutzung freigibt. Diese Daten sind nur so im Einsatz, dass sie keinen Rückschluss auf den Einzelbetrieb zulassen und werden nur verwendet, so lange der Datensatz für eine Anwendung benötigt wird.
In der Diskussion des Referats zeigte sich, dass die grössten Probleme vorläufig anderswo liegen. Auf die Frage eines Teilnehmers, ob die Plattform für Schweizer Landwirte bereits zu nutzen sei, musste Krudewig abwinken. Zwar könne man sich bereits registrieren und die Schlagkartei benutzen. Sobald es aber darum gehe, die heute in der Schweiz meistgenutzten Anwendungen der Digitalisierung wie die Tierverkehrsdaten bei Identitas oder die Suisse Bilanz-Düngungszahlen einzugeben, könne man noch nicht mithalten, so Krudewig.
Gespräche mit Fenaco
Die Komplexität der Schweizer Agrarpolitik ist für internationale Anbieter also vorläufig ein Hindernis, man hat bereits alle Hände voll damit zu tun, die EU-Agrarpolitik datentechnisch in den Griff zu kriegen. Deshalb ist nicht verwunderlich, dass man die Zusammenarbeit mit Schweizer Partnern sucht. Wie Krudewig bestätigte, führe man intensive Gespräche mit der Fenaco und der bereits bestehenden Plattform Barto, einem gemeinsamen Projekt von Agridea und Identitas (die BauernZeitung berichtete).
Konkrete Entscheide, was die Zusammenarbeit von Agridea und Identitas einerseits sowie Fenaco und 365 Farmnet angeht, sind laut Aussagen von Verantwortlichen bei Fenaco, Agridea und Identitas auch in der jüngsten Sitzung der Beteiligten noch nicht gefallen, aber die Veranstaltung vom Mittwoch zeigte, dass die Diskussionen im Gang sind, wobei es offenbar auch um die Beteiligungsverhältnisse geht. Das ist nicht erstaunlich, wenn Player von derart unterschiedlicher Grösse gemeinsam in ein Boot voll mit soviel Zukunftshoffnung steigen wollen.
Bestehende Daten nutzen
Den Nutzen einer breiteren Zusammenarbeit dokumentierte auch das Referat von Corsin Willi, der bei Meliofeed als Product Manager Rindviehmast fungiert. Er betonte, dass die Tierhaltung in Sachen Digitalisierung noch in den Kinderschuhen stecken. Um möglichst schnell aufzuholen, gelte es die vorhandenen Daten zu nutzen. Dabei stehen diejenigen aus Tierverkehrsdatenbank und die Daten der Zuchtverbänden im Vordergrund. Die Zusammenarbeit sei dabei sehr gut.
Willi stellte das hauseigene Projekt Smartbeef vor. Diese Applikation hilft den Mästern beim Management, indem die erwähnten Daten so eingespiesen werden, dass nur noch einmalig erfasst werden muss. Die mehrfache Erfassung der identischen Daten ist eines der meist genannten Ärgernisse der Bauern in Zusammenhang mit der Betriebsadministration.
Adrian Krebs
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