Der Biber ist zurück in der Schweiz. Nach der anfänglichen Euphorie über seine Rückkehr sorgt das Nagetier nun für heftige Diskussionen. Insbesondere auch in der Landwirtschaft.


Rudolf Reinmann kennt diese Diskussionen allzu gut. Sein Land in Graben BE grenzt einen knappen Kilometer lang an die Önz, einem Nebenfluss der Aare. «Die ersten Biber sind vor rund zehn Jahren hier aufgetaucht», erklärt der Meisterlandwirt. Nach der vollständigen Ausrottung des Bibers wurden ab 1950 140 Biber in der Schweiz ausgesetzt, einige von ihnen auch in der Aare. Heute wird ihr Bestand auf 2000 Stück geschätzt. Da ein Pärchen rund einen Kilometer Flusslänge beansprucht, haben sie sich vermehrt auch in kleineren Gewässern verbreitet, so auch in der Önz.

Noch nie einen Biber gesehen


Biber sind nachtaktiv. Daher kommt es auch, dass Reinmann noch nie einen zu Gesicht bekommen hat. Aber die von ihnen hinterlassenen Spuren sind gewaltig. Kaum zehn Meter am Flussufer vergehen, an denen nicht an der einen oder anderen Stelle ein abgenagter Baum, ein Biberweg oder eine eingebrochene Höhle auf die Existenz des Nagetiers aufmerksam machen.


Vor allem die einstürzenden Höhlen sind gefährlich

Früher war Rudolf Reinmann von der Gemeinde beauftragt worden, zusammen mit anderen Landwirten die Ufer der Önz instand zu halten. Nun übernimmt diese Arbeit der Biber: «Er sorgt für eine natürliche Verjüngung», so Reinmann. Aber ganz so problemlos gestaltet sich die Anwesenheit des Bibers nicht. Vor allem die Höhlen am Uferrand können schnell einbrechen, wenn man versehentlich darüber läuft oder mit 
einer Maschine darüberfährt.

Früher hat Reinmann auf einen Zaun am Önzufer verzichtet. Die Tiere akzeptierten die natürliche Grenze. Heute setzt er seinen Zaun mit einem Meter Entfernung zum Ufer. Denn auch die Tiere würden sonst nicht davor gefeilt sein, während des Weidens auf die Höhlen zu treten. Die vom Biber gefällten Bäume, die auf der Weide landen, müssen geräumt werden. «Zum Teil lasse ich sie solange wie möglich liegen, die Biber räumen viel selbst weg», erklärt Reinmann. Um die Bäume, die er schützen will, legt er einen Gitterzaun.

Eine gewisse Faszination ist vorhanden

Im Gespräch mit Rudolf Reinmann merkt man, dass er für den Biber ein gewisses Verständnis hat. «Am Anfang war das etwas ganz Spezielles», weiss er zu

berichten. Seine Faszination kommt nicht von ungefähr. Er beteiligt sich auch im Smaragd-Gebiet Oberaargau, das zum Ziel hat, eine vielfältige und attraktive Natur und Landschaft zu fördern. Der Biber ist eine der de
finierten Zielarten. Angestrebt wird der Schutz, die Stabilisierung und die Förderung bestehender Bibervorkommen in der Region sowie die Aufwertung zusätzlicher Lebensräume. Heute zeigt er im Rahmen vom Pro-

Natura-Projekt «Hallo Biber!» Interessierten die Auswirkungen des Bibers.


Neu gepflanzte Weiden sollen Wald schützen


Die Schäden, die der Biber bis jetzt auf Reinmanns Land verursacht hat, halten sich in Grenzen. Er hat zwischen seinem Wald und der Önz eine Gruppe Weiden gepflanzt. Dies jedoch nicht aus reiner Freude am Biber. Zuvor hatten die Biber einige Tannen angenagt, die daraufhin kaputt gingen. Durch das Angebot an Weiden erhofft er sich, dass der Wald verschont bleibt. Vom Vorschlag der Naturverbände, gewisse Gewässerräume dem Biber zu überlassen, hält Rudolf Reimann nichts. «Warum sollen wieder einmal die Landwirte ihr Land hergeben? In der Stadt stellt sich die Frage der Enteignung ja auch nicht», argumentiert Reimann.


Fehlende Zuständigkeiten  verschärfen die Situation


Rudolf Reinmann ist davon überzeugt, dass der Biber seine Berechtigung in der Schweiz hat. Aber: «Immer im Verhältnis!» Solange alles im Rahmen bleibe, könne er auch weiterhin mit dem Biber leben. Er glaubt, dass sich die Diskussionen rund um den Biber in Zukunft eher zuspitzen als entspannen werden. Als Gründe nennt er unter anderem fehlende Zuständigkeiten: «Die Landwirte fühlen sich mit ihren Problemen alleine gelassen.» Er glaubt, dass die Landwirte den Biber erst dann besser akzeptieren werden, wenn die von ihm verursachten Schäden vollumfänglich entschädigt werden.

Julia Schwery