Mit dem Kauf eines Landwirtschaftsbetriebes wird man sein eigener Herr, seine eigene Chefin. Bauer und Bäuerin besitzen ihre eigenen vier Wände bzw. ihr eigenes Haus, das mitten im Grünen steht. Kein Nachbar weit und breit, der über den Zaun oder in den Teller guckt. Keine Nachbarskinder, die Lärm machen. Auch der Umschwung kann beliebig gross gestaltet werden.
Grosse Freiheit
Beruflich sind Bauer und Bäuerin ebenfalls frei. Sie können selbst bestimmen, wie viel und was sie arbeiten wollen. Es gibt unzählige Möglichkeiten: Ein klassischer Milchwirtschaftsbetrieb, Ackerbau oder biologische Bewirtschaftung? Produkte selbst verarbeiten und direktvermarkten auf dem eigenen Hof, auf dem Markt oder sonstwo oder doch lieber Spezialisierung auf ein Produkt und mit einem Grosshändler zusammenarbeiten? Oder vielleicht Schlafen im Stroh usw. anbieten?
Wie die anfallende Arbeit aufgeteilt wird, ist ebenfalls Sache von Bäuerin und Bauer. Die Zeit, als der Bauer die Kühe besorgte und die Bäuerin hinter dem Kochherd ihr Revier hatte, ist vorbei. Denn heute gilt es, die Freiheit der Selbstständigkeit zu nutzen. Vielleicht möchte jemand oder beide Teilzeit auswärts arbeiten, weil es zusätzliches Geld bringt, weil ein weiterer Beruf erlernt wurde und dieser gern ausgeübt wird oder weil es Kontakt zu anderen Leuten bringt. Eventuell wollen beide Vollzeit zu Hause sein und sich alle Arbeiten von Haushalt bis zum Geld verdienen teilen oder jeder baut sich seinen eigenen Betriebszweig auf. Alles ist möglich.
Diese unzähligen Möglichkeiten können zu viel Freiheit sein. Denn wenn man so viel Freiheit hat, sagt einem niemand mehr, was richtig oder falsch, gut oder schlecht ist. Es muss alles selbst beurteilt, entschieden und gemacht werden. Das ist eine grosse Herausforderung und benötigt grosses Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen. Und diese Eigenschaften müssen erlernt werden, genau so, wie man lernt, Kühe zu füttern und melken, Ackerbau zu betreiben oder Maschinen zu fahren. Nur wer sich selbst vertraut und selbstbewusst durchs Leben geht, ist tatsächlich sein eigener Herr und Meister.
Sich selbst kennen
Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein baut man auf, indem man sich mit sich selbst beschäftigt. Man beginnt zu notieren, was für gute Seiten man hat und steht sich zu, so zu sein, wie man ist. Dazu gehören auch Fehler und Schwächen, die man sich selbst erlaubt. Dies macht man, indem man sich selbst immer wieder sagt: «Ich bin als Mensch richtig und gut, wie ich bin, auch wenn ich Schwächen oder Fehler habe!»
Alles, was man nicht kann, kann schliesslich gelernt werden. Dazu muss man wissen, was man denn lernen möchte bzw. was für Wünsche und Ziele man hat. Diese gilt es zu bestimmen und zu lernen, wie man sie erfüllt. Dann gilt es, seine Probleme zu lösen. Nicht von heute auf morgen, jedoch Schrittchen für Schrittchen. Und dabei immer geduldig und lieb mit sich selbst sein. Behandle dich selbst wie einen guten Freund.
Nicole Amrein