Kurz vor der Betriebsübernahme stellte sich für den Landwirt Wendelin Loretz aus Silenen UR die Frage: In die Gebäude investieren oder nicht? Der Vater hatte noch Milch abgeliefert. Die Ställe und Gebäude waren alt. Loretz hat sich gegen die Milchproduktion entscheiden: «In der Burenziege haben wir, meine Frau und ich, unsere Nische gefunden.»

Mit den Ziegen kann Loretz die steilen Hänge mit den extensiven Naturwiesen und Weiden nutzen, die der Hauptbetrieb in Silenen, das Maiensäss und die Göschener­alp bieten. Rund 40 Hektaren bewirtschaftet Loretz nach Bio-Suisse-Richtlinien mit 20 Mutter
kühen, 30 Mutterschafen und rund 55 Mutterziegen, alle Buren.

Gute Fleischpartien 
aus Raufutter

Angefangen hat Wendelin Loretz mit dem Ankauf von Burenziegen 1998 von den wenigen Burenziegenzüchtern, die es damals in der Schweiz gab. Später dann kamen importiere aus Deutschland dazu. Heute setzt Loretz bei der Zucht ganz klar auf die Verbesserung der Fleischigkeit. Die Farbe im Rassenstandard ist für ihn dabei in den Hintergrund getreten. Die Tiere brauchen ein gutes Fundament, sollen stark im Format und langlebig sein: «Das Ziel ist ein wirtschaftliches Tier, das aus Raufutter gute Fleischpartien aufbaut.»

Auch die Milchleistung muss stimmen, ziehen doch die Muttertiere zwei bis drei Gitzi bis zur Schlachtreife auf. Der Betriebsleiter vermarktet das Fleisch der Ziegen, hat sich aber auch im Handel mit guten Zuchttieren einen Namen gemacht. Gehalten werden die Ziegen im Winter im Stall auf dem Betrieb in Silenen. Dabei werden sie gezielt mit Heu und Grassilage gefüttert.

Noch besser im Markt 
positionieren

Viele Gebiete im Kanton Uri mit seinen vielen Steilhängen und den wenig zugänglichen Alpen leiden unter der Verwaldung. Seit zwei Jahren beteiligt sich Wendelin Loretz mit seinen Burenziegen deshalb an einem Pilotprojekt zur Entbuschung eines Maiensässes. Erste Erfolge der gezielten Beweidung zeigen sich: Die Tiere drängen Dornen und Büsche aus den Wiesen des artenreichen Maiensässes. Noch drei Jahre wird der Versuch dauern. Nachher wird ein Fazit gezogen.

Als Präsident von Swiss Boer, dem nationalen Verein der Burenziegenzüchter, ist sich der Urner den Problemen der Burenziegenhaltung bewusst: «In der Zucht müssen wir noch mehr auf gute Fleischpartien züchten. Auch ein gutes Bein dürfen wir in Zukunft nicht vernachlässigen.» Heute wird das Fleisch der Burenziege hauptsächlich direkt vermarktet. Bekanntlich ist das Image von Geissenfleisch nicht das Beste.

In der Vermarktung des Burenziegenfleisches sieht der Landwirt noch einiges an Potenzial, zumal es sich von der Struktur und dem Geschmack her, stark vom Fleisch der Milchziegen unterscheidet: «Das Fleisch der Buren müssen wir noch besser im Schweizer Markt positionieren. Eben eher so wie das Fleisch aus der Mutterkuhaltung. Ein Produkt aus regionalem Grünfutter.»

Julia Zuberbühler, Swiss Boer