In wenigen Wochen ist es wieder so weit: Dann gibt es die ersten Schweizer Kirschen zu kaufen. Bei den Konsumenten besonders beliebt sind grosse Kirschen, deren Anteil hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Nur: Je grösser die Kirschen, desto anfälliger sind sie. So platzen sie beispielswiese bei Regen und Hagel schneller auf. Obstproduzenten schützen deshalb die empfindlichen Früchte, indem sie über ihren Kulturen Folien anbringen, die sie an einem Gerüst befestigen.
Gewünscht werden aber nicht nur grosse Kirschen, sondern auch solche ohne Maden. Eine grosse Herausforderung für die Produzenten, denn die rot-süssen Früchte sind bei Insekten begehrt. Einer der ärgsten Schädlinge ist die Kirschenfliege, welche mit Hilfe eines Stachels ein Ei in die noch unreifen Früchte legt. Die sich daraus entwickelnde Larve ernährt sich vom Fruchtfleisch, welches sich in eine breiige, unappetitliche Masse verwandelt – und die Kirschen unverkäuflich macht.
Seit ein paar Jahren sind die Obstproduzenten zusätzlich gefordert. Die aus Asien eingeschleppte Kirschessigfliege stellt die Obstbranche vor neue Probleme: Denn das 2 bis 3 mm kleine Insekt bildet – anders als die Kirschenfliege – mehrere Generationen und legt mehrere Eier in die Kirschen. Vor allem aber: Die Kirschessigfliege befällt reife Früchte kurz vor der Ernte. Das macht eine Bekämpfung besonders schwierig.
Netzen bilden eine Barriere
„Die Kirschenproduktion ist mit der Kirschessigfliege deutlich aufwändiger geworden“, sagt Tobias Meuter, Obstproduzent aus Vinelz BE. Ein Patentrezept gebe es bislang noch nicht. Den besten Schutz verspreche ein Mix aus verschiedenen Massnahmen, betont Meuter. Als besonders wirksam gelten Netze. Meuter packt seine Kirschenanlage deshalb rundum mit einem engmaschigen Netz ein. „Das ist wie eine Barriere, welche die Kirschessigfliege am Zuflug hindert“, erklärt der Obstbauer. Meuter ist von der Wirksamkeit der Netze überzeugt. So war der Befall in einer anderen, nicht eingenetzten Kirschenanlage jeweils deutlich höher. Bald will Meuter auch diese Anlage mit Netzen versehen. Denn: „Der Totaleinnetzung gehört die Zukunft“, ist Meuter überzeugt.
Das Anbringen von Insektennetzen und von Folien zum Schutz vor Starkregen und Hagel ist für Obstproduzent Meuter mit einem Mehraufwand verbunden, der sich in seinen Augen aber lohnt: „Das Witterungsschutz-System verhindert, dass ein Unwetter die Kirschen kurz vor der Ernte schädigt.“ Das senke das unternehmerische Risiko und erhöhe die Planbarkeit, so Meuter. Letzteres sei gerade für Grossverteiler wichtig. „Denn diese wollen Gewissheit, dass die Kirschen auch tatsächlich den Weg in die Läden finden und nicht den Launen des Wetters zum Opfer fallen”, erklärt der Obstproduzent.
Ohne Schutz keine Tafelkirschen
Die Produktion von Tafelkirschen sei heute ohne Witterungsschutz-Systeme nicht mehr möglich, sagt Jürg Maurer, Geschäftsführer des Produzentenverbandes Besofrisch und Leiter der Fachstelle für Obst und Beeren am Inforama Oeschberg. Doch nicht immer könnten Produzenten solche Installationen vornehmen. Schwierig werde es, so Maurer, wenn ein Betrieb in einer Landschaftsschutzzone liege. „Und das sind die meisten guten Obst-Anbaugebiete, etwa rund um den Bielersee”, erklärt Maurer.
Werde eine Baubewilligung abgelehnt, seien die Folgen für die Betriebe einschneidend: „Dann kann ein Obstproduzent seinen Betrieb nicht weiterentwickeln“, erklärt Maurer. Er rät Bauern, in einem solchen Fall gar nicht erst in den Tafelkirschen-Anbau einzusteigen, wenn die Installation eines Witterungsschutz-Systems nicht möglich ist. Maurer weiss, dass eingenetzte Obstanlagen das Landschaftsbild prägen. Er gibt aber zu bedenken, dass nur dank Witterungsschutz-Systemen Obst in der Qualität produziert werden kann, wie sie Konsumenten wünschen. Zudem seien Folien und Netze lediglich während rund dreier Monate aufgespannt.