Ihren Innerschweizer Dialekt hat Irene Broger-Büeler noch nicht abgelegt. Ansonsten ist sie aber im Appenzellerland angekommen: seit elf Jahren wohnt sie in Schlatt, konkret im Gehrenberg. Auf 1000 Metern über Meer und einem direkten Blick auf den Säntis. «Ein wunderbarer Platz, um zu Hause zu sein», schwärmt Irene Broger. Vor allem habe sie hier viel mehr Sonne, als sie es sich vom Muothathal her gewohnt war.

Aber die Sonne war nicht der Grund, weshalb sie ins Appenzellische gezogen ist. «Der Liebe wegen», sagt die 35-Jährige lachend. Und sie erzählt, dass sie ihren Mann Albert kennengelernt hat, als dieser in der Innerschweiz «uufgmacht hät».

Vom Muotathal
 ins Appenzellerland

Dann begann das Pendeln zwischen der Innerschweiz und dem Appenzell. Nach eineinhalb Jahren sei dann die Zeit reif geworden, definitiv im Gehrenberg zu wohnen. Sie sei zum Glück noch nie von Heimweh geplagt gewesen, so habe sie sich in ihrer neuen Heimat schnell wohlgefühlt. Sie sei hier gut aufgenommen worden. «Ich habe neue Wurzeln geschlagen», erzählt sie weiter.

Sie habe festgestellt, dass sich die Muotathaler und die Innerrhoder recht ähnlich sind. «Beide tasten bei Neuem zuerst ab, sind aber nachher sehr offen.» Aber auch von der Topografie her seien die Regionen ähnlich.

Auf einen Bauernhof zu ziehen war für Irene Broger sowieso kein Problem. Sie ist auf einem Landwirtschaftsbetrieb aufgewachsen, der mit dem jetzigen Hof verglichen werden kann. Wie wohl jedes Mädchen habe sie auch eine Phase gehabt, in der sie dachte «Nur niä buure». Aber eben, das war nur eine Zeitlang so.

Als gelernte Detailhandelsangestellte arbeitete sie in einer Molkerei, Bäckerei und Metzgerei. Sie absolvierte zudem die Bäuerinnenschule. Im Vordergrund stand allerdings nicht, einen Bauern zu heiraten, sondern vielmehr, um noch eine gute 
Zusatzausbildung für alle Bereiche  des Lebens zu bekommen: Von der Selbstversorgung bis zur Führung der Buchhaltung.

Die perfekte Lösung
 gefunden

Der Hof der Familie Broger – dazu gehören die Kinder Simon (9), Frowin (7) und Tanja (6) – ist der Betrieb, auf dem Ehemann Albert aufgewachsen ist. Es handelt sich um einen Aufzuchtbetrieb mit Platz für zirka 50 Stück Jungvieh. Eine Existenz bietet der Betrieb nicht mehr. «Als wir vor einigen Jahren bauen mussten, haben wir uns für diese Betriebsform entschieden. Diese stellte sich für uns als perfekte Lösung heraus, um Landwirtschaft und Nebenerwerb unter einen Hut zu bringen», erzählt Irene Broger.

Seit zweieinhalb Jahren arbeitet sie als Sachbearbeiterin auf dem Schatzungsamt des Kantons Appenzell Innerrhoden. Das tönt nach «trockener» Materie. «Ist es aber überhaupt nicht», kontert sie. Die Arbeit sei spannend und mittlerweile kenne sie jedes «Eggli und Strässchen», erzählt sie.

Auf dem Schatzungsamt arbeitet sie jeden Morgen von Montag bis Freitag. Sie schätzt es sehr, dass die Arbeitszeiten so geregelt sind, dass sie die Kinder am Morgen noch sieht und sie am Mittag gleichzeitig wieder zu Hause sind und den gemeinsamen Mittagstisch geniessen können. Für das Kochen ist Ehemann Albert zuständig, der es als Privileg betrachtet, dass er zu Hause sein kann und die Vaterrolle voll übernehmen kann, sowie eine hohe Präsenzzeit auf dem Hof hat.

Als Familie etwas 
unternehmen

Ihre morgendlichen Arbeitszeiten sind ideal. Insbesondere im Sommer, wenn Heuen angesagt ist. Dann ist Irene Broger am Nachmittag auf dem Betrieb. Zwar gebe es manchmal etwas lange Arbeitstage, dafür könne man es nachher wieder etwas lockerer nehmen.

Das ist es auch, was Irene Broger gefällt am Bauern. «Gewisse Freiheiten haben, sein eigener Chef sein und mal zwischendurch sagen: heute Nachmittag machen wir frei und unternehmen etwas mit den Kindern.» Das ist Irene und Albert Broger sehr wichtig: wandern gehen, Ski fahren oder seit jüngster Zeit mit den Kindern einen Jass klopfen.

Seit diesem Frühling ist Irene Broger Kassierin der Schulgemeinde Schlatt. Sie sei angefragt worden und habe es mit ihrem Ehemann intensiv besprochen. Zugesagt habe sie, weil ihr bewusst sei, dass in einer Dorfgemeinschaft jeder einen Beitrag leisten muss, damit sie funktioniert.

Den Kopf auslüften kann sich Irene Broger am besten, wenn sie eine Runde läuft. Mindestens einmal in der Woche spaziert sie zum Ackerchappeli, einer kleinen Kapelle, die Brogers verwalten. «Hierhin gehe ich praktisch immer alleine – das ist meine Auszeit!»    

Vreni Peterer