Die Schweizer Rapsproduzenten, Sammelstellenbetreiber und Ölmüller sind nervös. Seit die Europäische Freihandelsgesellschaft (Efta) mit Malaysia und Indonesien ein Freihandelsabkommen verhandelt, geht im Land die Angst um, dass billiges Palmöl aus Malaysia das Schweizer Holl-Raps verdrängen könnte.


Palmölimporte schon 
heute zollfrei möglich


Dabei ist Palmöl schon heute ein wichtiger Bestandteil in der Schweizer Lebensmittelindus­trie – 2014 wurden rund 31'217 t importiert, die Hälfte davon stammt aus Malaysia. Und bereits heute ist die Einfuhr von Palmöl aus Malaysia zu bestimmten Bedingungen ohne Zoll möglich.

Importiert beispielsweise ein Nahrungsmittelhersteller Palmöl, um daraus Suppen und Saucen herzustellen, muss er für Palmöl aus Malaysia nur den Garantiefondsbeitrag für die Pflichtlagerhaltung bezahlen. Der Zoll entfällt. «Mit dieser Erleichterung können die Verarbeiter der zweiten Verarbeitungsstufe günstige Rohstoffe beziehen und damit die Rohstoffpreisdifferenz zum Ausland ausgleichen», erklärt Urs Reinhard, Geschäftsführer des Branchenverbandes Swissolio. In zwei der Tariflinien, die eine solche Preiserleichterung ermöglichen, wurden 2014 72 Prozent aller Palmölimporte aus Malaysia eingeführt: rund 10'394 t.


Das übrige Palmöl aus Malaysia und Indonesien wird mit einem Zollansatz von 122,30 bis 164,50 Franken je hundert Kilo eingeführt. Zusätzlich wird der Garantiefondsbetrag in der Höhe von 9,10 Franken je Kilo erhoben, der für die Finanzierung der Pflichtlagerhaltung in der Schweiz verwendet wird.


Das Palmöl aus Malaysia kostete gemäss Weltlandwirtschaftsorganisation FAO im letzten Jahr  728 US-Dollar pro Tonne, etwa 0,73 Franken je Kilo. Das entspricht gerade dem 2015 ausbezahlten Produzentenrichtpreis für Raps in der Schweiz. Rapsöl kostet mit 2,48 Franken je Kilo dreimal mehr als Palmöl. Eine Differenz, die der Normalzollansatz normalerweise gerade knapp wettmachen kann.


Und dieser Normalzollansatz kommt jetzt unter Druck. Denn die malayischen und indonesischen Verhandlungsführer wollen bei den Freihandelsverhandlungen den Marktzugang für ihre Palmölproduzenten verbessern.

Geht der Zoll zurück, sinkt der Preis


Eine Halbierung der Normalzollansätze würde dazu führen, dass Palmöl aus Malaysia und Indonesien um etwa 60 bis 80 Rappen pro Kilo günstiger wird. Weil die Transportwege bereits funktionieren und günstige Transporte ermöglichen, dürfte nach Ansicht von Reinhard der Preis voll durchschlagen.

Davon profitieren könnten Gastronomiebetriebe, Bäckereien und McDonald’s, die zum Frittieren bisher Holl-Rapsfett einsetzen. Die Konsumenten würden nicht nachfragen, ob ihre Frites oder ihre Berliner in Holl-Raps frittiert wurden. Folglich «kann man keinen Swissness-Bonus verlangen», sagt Reinhard. Dem pflichtet Pierre-Yves Perrin, Geschäftsführer des Getreideproduzentenverbands (SGPV), bei: «Die Industrie und die Gas­tronomie sind sehr preissensibel, mit Holl-Raps als Frittiermedium kann sie sich nicht profilieren und abheben», sagt er. Davon betroffen wären im schlimmsten Fall etwa 21'000 t Holl-Raps.


Gemäss Urs Reinhard würde diese Veränderung auch andere Länder hart treffen, die heute Palmöl in die Schweiz einführen: Die am wenigsten entwickelten Länder, den sogenannten Least Developped Countries (LDCs). «Die Schweizer Industrie hat hier viel in den Aufbau neuer Lieferketten investiert.» Würden die Palmölimporte aus Malaysia und Indonesien erleichtert, wären die Investitionen der Nahrungsmittelindustrie grösstenteils verloren – die Transporte aus Malaysia wären viel günstiger als die Einfuhr aus den übrigen Ländern.


Sensibles Produkt und ein paar Forderungen


Wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) auf Anfrage sagt, ist das Palmöl in den Verhandlungen mit Indonesien und Malaysien ein sensibler Verhandlungspunkt, «da es sich um eines der wichtigsten Exportinteressen dieser beiden Länder handelt.» Ausserdem sei sich der Bundesrat bewusst, dass der Wettbewerbsdruck auf Rapsöl steigen könnte, wenn man Malaysia und Indonesien grosse Erleichterungen im Marktzugang gewährt. Allerdings seien die

Ergebnisse der Verhandlungen bisher noch nicht abzusehen, heisst es beim Seco weiter.

Und das ist ein wesentliches Problem für die ganze Branche, weil man noch nicht weiss, wo­rauf man sich einstellen müsste. Die Medien machen auf den desolaten Umweltschutz in den Ölpalmplantagen aufmerksam. Gerade in Malaysia und Indonesien werden diese Plantagen häufig auf Kosten des Urwalds angelegt und selten über Jahrzehnte bewirtschaftet.


Urs Reinhard führt noch ein anderes Argument an, weshalb eine Lockerung der Zolltarife keine gute Idee sei: «Der Rapsanbau ist eines der Erfolgsbeispiele, dass sich die Branche seit dem Rückzug des Bundes erfolgreich entwickeln kann.» Und der Rapsanbau stützt innerhalb der Branche auch den Anbau von Sonnenblumen. So bestehe die Gefahr, dass bei massivem Preisdruck beim Palmöl auch die übrigen Öle stark in Bedrängnis kämen. Der Palmölpreis gilt im internationalen Markt als wichtige Referenz für die Ölpreisentwicklung. Wird der Grenzschutz abgebaut, könnte das letztlich die Anbaubereitschaft in der Schweiz gefährden.


Pierre-Yves Perrin vom SGPV erwartet deshalb, dass der Bund entsprechende Massnahmen ergreift, um das landwirtschaftliche Einkommen zu stützen, sollte der Preis durch den vereinfachten Import von billigerem Palmöl  gedrückt werden.

Hansjürg Jäger