Wer Black Kelly sehen will, muss die ganze weitläufige Fricktaler Weide überqueren. Am hinteren Ende rupft sie munter Gras, nahe bei der Zufahrtsstrasse zum Hof. Sie ist noch gut zu Fuss, die elfjährige Kuh mit einer Milchleistung von über 100 000 Kilo. «Wenn ein Viehtransporter vorbei fährt, trabt sie hinterher», erzählt Bettina Belser.
Auftritt mit Überraschung
Vielleicht möchte Wolfhead Salto Black Kelly ja wieder einmal an eine Ausstellung. Noch vor einem Jahr wurde sie Reserve-Champion an der Aargauer Eliteschau. An ihren ersten Auftritt erinnert sich Bettina Belser gut: Sie hatte ihren Vater zur Fahrt an die Swiss Red Night in Bern 2011 überredet, ihr damaliger Lehrmeister Stefan Käser half kurzfristig beim Euterscheren aus. Die jüngere Schwester Angela übernahm den Stalldienst zuhause. Um Mitternacht wurde sie mit der frohen Botschaft belohnt: «Black Kelly ist Champion!»
Aus den Teenagern Angela und Bettina sind junge Frauen geworden, geblieben ist ihre Leidenschaft für das Bauern und für die Viehzucht. Beide haben Landwirtin gelernt. Die Schwestern haben ihren Vater von klein auf bei der Arbeit begleitet, ihre Berufswahl hat in ihrem Umfeld niemanden überrascht.
Ausserhalb ihres Bekanntenkreises ist das anders: «Was, du bist Landwirtin? Cool!», staunen die Mitmenschen. Ob sie mit Maschinen zurechtkämen? Ob sie stark genug seien? Das hatte sich selbst ein Lehrmeister von Bettina gefragt, wie er ihr später einmal verriet, als er schon klüger geworden war: «Du packst ja genau so kräftig zu wie die Jungs.» Es sei eine Frage der Übung, «wir machen das ja schon von Kind an», sagt Angela, und es gebe schliesslich Hilfsmittel zur Arbeitserleichterung. Erschöpft sind sie nach dem Feierabend jedenfalls nicht. Bettina ist in der Laufgruppe Fricktal und geht regelmässig joggen. Angela trainiert zweimal wöchentlich im Damenturnverein.
Die Wolfhead-Herde
Aufgewachsen sind die Schwestern auf dem elterlichen Betrieb in Wölflinswil im Aargauer Fricktal. «Wolfig» heisst es dort oben, wo die 25 Holstein und Red Holstein mit dem Präfix Wolfhead zuhause sind. Sie weisen einen Leistungsdurchschnitt von 10 000 Kilo Milch auf, rund zehn Tiere werden jährlich verkauft, das Jungvieh wird auf dem Betrieb aufgezogen, 120 Mastschweine sind ein weiterer Betriebszweig. Die 20-jährige Angela ist derzeit zu 100 Prozent bei den Eltern angestellt. Die zwei Jahre ältere Bettina hilft mit, soweit es ihr 80-Prozent-Pensum bei Swissgenetics als Embryotransfer-Assistentin zulässt.
Die Schwestern arbeiten auf dem Betrieb zusammen, beide sind im Vorstand der Aargauer Jungzüchter und regelmässig an Ausstellungen anzutreffen. Gibt man sich da nicht manchmal aufs Dach? «Wie es halt so ist unter Geschwistern», schmunzelt Bettina. Dass sie zuhause ausgezogen ist und jetzt mit ihrem Partner in einer Wohnung im Dorf lebt, mache es einfacher. «Abstand hilft.» Andernorts treffen bei zwei Generationen zwei Meinungen aufeinander, bei Belsers sind es drei. Mindestens, denn natürlich redet auch Mutter Sandra mit. Angela betrachtet es von der positiven Seite: «So kommen auch mehr Wissen und Erfahrung zusammen. Miteinander diskutieren ist wichtig.»
Nach dieser Devise richten sich die beiden Jung-Landwirtinnen auch gegenüber den Konsumenten. «Man muss ihre Sorgen verstehen», findet Bettina. So kommt sie ins Gespräch, «und dann können wir die Leute informieren und aufklären».
Über die Zukunft des elterlichen Betriebs zerbricht sich die Familie noch nicht den Kopf. Der Vater hat mehr als zehn Jahre bis zur AHV vor sich. Er hat seinen Töchtern immer geraten, erst einmal in die Welt hinaus zu gehen, mag es auf dem Wolfig noch so schön sein. Bettina kommt mit ihrem Job bei Swissgenetics in der ganzen Schweiz herum. Und für Angela ist die Fachhochschule ein Thema.
Schlachten und kochen
Zur Arbeitsteilung in einem allfälligen künftigen Haushalt haben die beiden Frauen noch keine fixe Vorstellung. Kommt drauf an, was der Mann arbeitet. Sauber soll er sein, der Haushalt, und gut essen gehört auch dazu – aber den ganzen Tag im Haus stehen wollen sie nicht. Das macht auch ihre Mutter nicht, Sandra Belser arbeitet auf dem Betrieb mit und Teilzeit extern. Die Bäuerin kochte vor einigen Jahren bei ihrem Auftritt als Landfrauen-Köchin im Fernsehen einen feinen Mehrgänger, was niemanden überraschte. Hingegen schon, dass sie das Kaninchen für ihr Menu eigenhändig schlachtete und zerlegte.
Aber eben: Im Haushalt und auf dem Betrieb Belser können alle vieles machen. «Wir sind selbstständig und finden uns zurecht», fasst Angela zusammen.
Ruth Aerni
Welche Arbeiten Angela und Bettina Belser am liebsten machen und welche weniger: www.bauernzeitung.ch/belser-schwestern
Dieses Porträt finden Sie in der BauernZeitung vom 29. Juni. Lernen Sie die BauernZeitung jetzt 4 Wochen kostenlos kennen und gewinnen Sie einen Reisegutschein im Wert von 3000 CHF.