Weshalb eigentlich? Es beginnt bei der Rationalisierung auf dem Acker: Nur die wenigsten Bauern können sich Arbeitskräfte leisten, die stundenlang zwischen den Reihen Unkraut jäten oder Kartoffelkäfer ablesen. Mit einem Herbizid oder Insektizid lassen sich hier Kosten einsparen.

Oder: Um möglichst hohe Erträge zu erhalten, werden beispielsweise Zwiebeln möglichst eng gesetzt. Das macht sie aber anfälliger für Krankheiten, zudem bleibt kaum Platz zwischen den Reihen für mechanisches Hacken.

Chemischer Pflanzenschutz macht diesen intensiven Anbau teilweise erst möglich. Der Kartoffelanbau ohne Schutz gegen Krautfäule ist heute in der Schweiz kaum denkbar, auch im biologischen Landbau nicht, wo vor allem Kupfer eingesetzt wird. Primär geht es darum, chemische Pflanzenschutzmittel optimal anzuwenden und mögliche negative Einflüsse auf die Umgebung zu minimieren. Der rechtliche Rahmen begrenzt hier den Spielraum relativ stark.

Ganzheitliche Betrachtung: Integrierter Pflanzenschutz
Um Direktzahlungen zu erhalten, muss ein Schweizer Landwirtschaftsbetrieb den sogenannten Ökologischen Leistungsnachweis (ÖLN) erbringen. Viele der Bestimmungen orientieren sich an der ehemals integrierten Produktion (IP), die mittlerweile zum Standard der guten Agrarpraxis geworden ist.

Sie gründet auf einer ganzheitlichen Betrachtung, bei dem vorbeugende Massnahmen wie Widerstandskraft der Kulturpflanzen, Verwendung von sauberem Saatgut oder die Bodenfruchtbarkeit im Zentrum stehen. Chemischer Pflanzenschutz wird als Ergänzung betrachtet und soll nur gezielt erfolgen, wenn biologische oder mechanische Massnahmen fehlschlagen. Eine wichtige Komponente ist dabei das Schadschwellenprinzip: Eine Behandlung erfolgt dabei erst, wenn die Kosten der Behandlung geringer sind als der mögliche ökonomische Schaden durch Ertragsverluste.

In der Praxis werden Pflanzenschutzmassnahmen also oft erst durchgeführt, wenn ein bestimmtes Mass an Befall mit Unkräutern oder Schädlingen erreicht ist. Bewährt hat sich diese Methode beispielsweise bei der Bekämpfung des Kartoffel- oder des Rapsglanzkäfers. Das Prinzip verlangt vom Landwirt gute Kenntnisse über Schädlinge und Krankheiten. Zudem stehen ihm zahlreiche staatliche und private Beratungsdienste zur Verfügung.

Das Verfolgen der Wetterprognosen oder die Nutzung von diversen Warndiensten über Krankheits- und Schädlingssituationen in anderen Regionen können den Bauern in seiner Entscheidung zusätzlich unterstützen. Das Wetter spielt sowieso eine überragende Rolle in der Landwirtschaft: Ist es warm und feucht, breiten sich Pilzkrankheiten viel schneller aus als bei trockenen Bedingungen. Durch Kälte und Nässe geschwächte Kulturen wiederum sind anfälliger für Schädlinge.

Mit Fruchtfolgen vorbeugen
Fruchtfolgen wirken vorbeugend gegen Schädlings- und Krankheitsbefall. Das Prinzip: Auf einer Parzelle sollte nach Möglichkeit nie zweimal hintereinander die gleiche Kultur stehen oder Pflanzen der gleichen Familie. So wird verhindert, dass sich pflanzentypische Schadorganismen auf die Folgekultur ausbreiten.

Ein weiterer Faktor ist hier die standortgerechte Auswahl der Kultur: Böden sind sehr unterschiedlich und dementsprechend für bestimmte Kulturen besser oder schlechter geeignet.

Immer öfter kommen Nützlinge gegen Schädlinge zum Einsatz oder die Landwirte greifen zu mechanischen Schutzmassnahmen wie beispielweise Netzen gegen Schädlinge oder Folien gegen Unkraut.

Die strikte Einhaltung einer Feldhygiene, beispielsweise durch die Einarbeitung von Ernterückständen in den Boden wirkt ebenfalls präventiv vor allem gegen das Verschleppen von Krankheiten.

Landwirte, die dafür sorgen, dass der Boden möglichst immer mit einer Kultur bedeckt ist, haben weniger Probleme mit Unkraut und beugen zudem Erosionsschäden vor. Die für die Erhaltung der Fruchtbarkeit sehr wichtigen Bodenorganismen können sich unter diesen Bedingungen besser entwickeln.

Fruchtbare Böden gelten grundsätzlich als weniger krankheits- und schädlingsanfällig als solche, die ohne Anbaupause dauerbeansprucht werden.

Präventiver Pflanzenschutzmitteleinsatz
Es gibt bei landwirtschaftlichen Kulturen Krankheiten oder Schädlinge, bei denen es beim ersten Auftreten schon zu spät ist. Der Einsatz von präventiv wirkenden Pflanzenschutzmitteln kann beispielsweise beim Falschen Mehltau in Weinreben einen Totalbefall oder die Anwendung von kurativ wirkenden Pflanzenschutzmitteln in grösseren Mengen verhindern.

Bei kurzen Kulturen wie beispielsweise Salat verlangen viele Abnehmer Nulltoleranz in Sachen Blattlausbefall. Da bleibt dem Gemüseproduzenten keine andere Möglichkeit, als präventiv ein Insektizid zu verwenden. Dazu kommen oft relativ lange Wartefristen zwischen Behandlung und Konsum, die eine spätere Behandlung bei vielen Gemüsen von vornherein verunmöglicht.

lid