Um extensiv genutzte Wiesen auf die Qualitätsstufe II zu bringen, ist oft eine Neuansaat nötig. Beispiele aus dem Fricktal zeigen, dass mit regionalem Saatgut aussergewöhnlich artenreiche Bestände etabliert werden können.
Wiesen aufwerten
Artenreiche extensiv genutzte Wiesen produzieren um ein Vielfaches mehr Samen, als für die Erhaltung des Bestandes notwendig sind. Dieses Samenpotenzial lässt sich nutzen, um auf anderen Flächen in der Region artenreiche Wiesenbestände anzulegen. Übertragen werden die Samen direkt mit dem Schnittgut oder mittels Heudruschsaat (siehe Kasten). Landwirte aus dem Fricktal haben mit diesen Methoden 2014 und 2015 über sechs Hektaren artenreiche Blumenwiesen erfolgreich angelegt. Anlässlich einer Flurbegehung des Landwirtschaftlichen Zentrums Liebegg in Wölflinswil konnten sich interessierte Aargauer Landwirte ein Bild von den Vorteilen des regionalen Saatgutes machen. Die Veranstaltung wurde in Zusammenarbeit mit der IG Natur & Landwirtschaft und dem Büro Ö+L durchgeführt.
Spenderfläche muss passen
Etwas vorneweg: Ein sauberes, gut abgesetztes Saatbett ist auch bei der Schnittgutübertragung und der Heudruschsaat die Grundvoraussetzung für optimale Ergebnisse. Übersaaten hingegen haben nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn sie über viele Jahre wiederholt werden und der Ausgangsbestand bereits mager und lückig ist. Weitere Erfolgsfaktoren sind die Auswahl der Fläche, von der das Saatgut gewonnen wird und der richtige Zeitpunkt für die Übertragung.
Erfolg mit Heudruschsaaten
Als Spenderflächen eignen sich extensiv genutzte Wiesen mit einem ursprünglichen, besonders artenreichen Gräser- und Blumenbestand. Mindestens zehn QII-Zeigerarten sollten häufig vorkommen. Zum Zeitpunkt der Übertragung müssen die Samen der Leitgräser teigreif sein. Neophyten und andere Problempflanzen dürfen nicht vorkommen. Die Ansaaten im Fricktal wurden durch Andreas Bosshard und Daniel Kuster vom Büro Ö+L fachlich begleitet. Am Flurgang beeindruckte Kuster mit den Ergebnissen seiner Untersuchungen: Von den elf Ansaaten im Fricktal erreichten nach einem Jahr zehn die Qualitätsstufe II. Vergleichende Versuche ergaben, dass Heudruschsaaten tendenziell artenreichere Bestände ergeben als solche mit Standardsaatgut aus dem Handel. Die Erklärung ist naheliegend: Der Aufwuchs aus regionalem Saatgut ist optimal an Boden und Klima angepasst, während es Ökotypen anderer Herkunft schwerer haben, am neuen Standort Fuss zu fassen. Kommt hinzu, dass bei der Schnittgutübertragung nicht nur die Flora, sondern auch Kleintiere übertragen werden, wodurch in der neuen Wiese rasch vielfältige Lebensgemeinschaften entstehen.
Labiola hilft
Ausserdem haben Heudruschsaat und Schnittgutübertragung einen praktischen Vorteil: Die Wertschöpfung aus der Saatgutgewinnung bleibt in der Region. Im Fricktal jedenfalls setzen laufend neue Landwirte auf regionales Saatgut. Das Programm Labiola bietet interessierten Betrieben im ganzen Kanton Aargau Beratung und eine Kostenbeteiligung für die Saatgutgewinnung an.
Niklaus Trottmann, Landwirtschaftliches Zentrum Liebegg, Fachstelle Biodiversität
Weitere Informationen:
www.ag.ch/labiola