BauernZeitung: Henning Luther, Sie sind Zuchtleiter bei der Suisag und verantwortlich für den Export der Schweizer Schweinegenetik. Wie laufen die Geschäfte?
Henning Luther: Durchaus erfreulich! Nach schweren Anfangsjahren gibt es nun eine spürbare Nachfrage für unsere Genetik im Ausland. Unsere bedeutendsten Partner sind der
zeit die beiden KB-Organisationen in Bayern mit dem dortigen Zuchtverband. Ein Drittel der Edelschwein-KB-Eber in Bayern besitzen schon CH-Genetik, und unsere Eber führen die bayrische Zuchtwertschätzung an. Das freut uns natürlich, zeigt aber vor allem, dass die Zusammenarbeit für beide Seiten gut ist.
Seit wann laufen eigentlich die Anstrengungen im Export, und wie kam es dazu?
Export von Zuchttieren und Sperma gab es auch früher, sind aber in den 90er-Jahren «eingeschlafen». Die Anstrengungen im Export haben wir 2009 aufgenommen
und waren 2010 erstmals aktiv an der «EuroTier» vertreten. Der Heimatmarkt ist klein und lässt nur noch begrenztes Wachstum zu. In der Schweizer Wirtschaft wird jeder zweite Franken im Export verdient. Warum soll man nicht anstreben, auch mit dem Export von Genetik zusätzliche Einnahmen zu erreichen?
In Bayern stehen bereits diver
se Schweizer Edelschwein-KB-Eber. Gibt es weitere namhafte Partner?
Ja, auch bei der GFS wird zukünftig Sperma von Schweizer Edelschwein und Landrasse-Ebern angeboten. Die GFS ist die grösste deutsche KB-Organisation. Kürzlich haben wir die ersten Eber geliefert. Sie durchlaufen jetzt die übliche Quarantäne. Weiterhin bereiten wir Tiefgefriersperma für Brasilien vor.
Rindersperma ist tiefgefroren, bei Schweinen wird im Normalfall mit Frischsperma gearbeitet. Logistisch schwierig, oder?
Jein. Frischsperma ist 5 bis 6 Tage haltbar. Bei Flugtransport kommt man so auch weit in der Welt. Aber nur, wenn das Sperma schnell durch den Zoll und zu den Sauen gelangt. Bei Tiefgefriersperma gibt es keinen «biologischen Zeitdruck». Das Einfrieren ist aber aufwendig, und die Würfe sind etwas kleiner.
Sehen Sie nach gemachten Erfahrungen grössere Chancen beim Export von Zuchttieren oder von Sperma?
Bei Jungsauen haben wir meist ein Kostenproblem. Wie alle Schweine sind sie teurer als im Ausland. Transport und Verzollung kommen noch dazu. Export von Sperma, um Mastferkel zu erzeugen, wäre machbar. Aber nur bei regelmässigen, grossen Lieferungen, weil die höheren Logistikkosten dann auf viele Blister verteilt werden können. Der Export von Ebern, die in den KB-Stationen vor Ort Sperma produzieren, das mit Zuchtzuschlag und gewissen Auflagen verkauft wird, hat sich bisher am effektivsten erwiesen. Aber für neue Ideen sind wir immer offen.
Was erwartet die ausländische Kundschaft von der CH-Genetik?
Unsere Mutterlinien gelten als fruchtbare Sauen mit guten Wurfgrössen und vor allem sehr guter Aufzuchtleistung in der Säugezeit. Daneben erhalte ich häufig die Rückmeldung aus Bayern, dass unsere Edelschweinsauen ausgesprochen ruhig und umgänglich sind. Schliesslich ist auch die Mast- und Schlachtleistung gut. Schweizer Sauen sind z. B.
fleischiger als der europäische Durchschnitt.
Was sind die Zielmärkte der Suisag und wie werden potenzielle Absatzmärkte erschlossen?
Wir sind im Export noch recht auf Deutschland fokussiert. Die Nähe, ähnliche Mentalität und Sprache, aber auch die Liquidität sind Gründe. Bei Tiertransporten über acht Stunden steigt der Aufwand z. B. deutlich an. In Zukunft sollen weitere Märkte angegangen werden. Dazu brauchen wir einen geeigneten Partner vor Ort, der den Markt kennt und am besten schon einen Kundenstamm hat. Einen eigenen, direkten Vertrieb im Ausland aufzubauen ist nicht sinnvoll, weil der Aufwand die möglichen Erträge übersteigt. Die Zusammenarbeit muss für beide Seiten Vorteile bringen. Ein Beispiel: Die Edelschwein-Eber verlassen unsere KB-Station aus züchterischen Gründen bereits nach rund sechs Monaten. Die Eber ins Ausland zu liefern anstatt sie zu schlachten ist für uns vorteilhaft. Für unsere Partner ist es im Gegenzug sinnvoll, gute Genetik bei der Suisag zu beschaffen anstatt selbst eine eigene, sehr aufwendige Zucht aufzubauen.
Hat die Suisag überhaupt ausreichend Ressourcen, um die Märkte aktiv zu bearbeiten oder reagiert man nur auf entsprechende Anfragen?
Die Ressourcen sind begrenzt. Es bringt aber auch nichts, Märkte «mit der Brechstange» zu bearbeiten. Hohen Kosten stehen dann fast immer zu geringen Einnahmen gegenüber. Wir streben an, die Suisag und Schweizer Zucht im Ausland noch bekannter zu machen. Dabei helfen bereits erfolgreiche Partnerschaften und zu Beginn auch die Zusammenarbeit mit einzelnen Betrieben, sogenannte «Leuchttürme», in einem Land. Suisag-Mitarbeiter mit Auslandkontakten unterstützen mich ebenfalls, und auch die aktive Teilnahme an der «EuroTier» ist wichtig, weil sich die «Schweinewelt» dort trifft. Der Kontakt nach Brasilien ist z. B. so entstanden.
Und was haben die Schweizer Schweinezüchter vom Exportgeschäft der Suisag?
Luther: Bei Exporten direkt ab Kernzuchtbetrieb ergibt sich zusätzlicher Absatz für die Züchter.
Exportiert die Suisag eigene Eber, ergeben sich zusätzliche Einnahmen für das Schweizer Zuchtprogramm, mit denen die Zuchtarbeit unterstützt werden kann. Der Export ist aber keine Goldgrube. Wir schreiben bei Suisag jetzt eine schwarze Null. Der Markt für Schweinegenetik wird ähnlich wie beim Rind zunehmend globaler. Wer nicht exportiert, der importiert nur noch und verschwindet mittelfristig vom Genetikmarkt.
Interview Armin Emmenegger
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