Das Team aus Schweizer und deutschen Forschern unter Leitung der Universität Würzburg hat sich eine Kernfrage der Ökologie vorgenommen, die bis heute kontrovers diskutiert wird: Warum gibt es in den Tropen mehr Arten als in höheren Breiten? Und analog: Warum gibt es im Flachland mehr Arten als in der Höhe?
Es gibt dazu verschiedene Hypothesen, die beispielsweise das Nahrungsangebot, die Niederschlagsmenge, Lebensraumstrukturen oder verfügbare Fläche als Ursache für die ungleiche Verteilung der Artenvielfalt sehen. Einer anderen Hypothese zufolge spielt die Temperatur die wichtigste Rolle, weil Stoffwechselprozesse bei Kälte langsamer ablaufen als bei wärmeren Temperaturen. Demnach hängt auch die Artbildung davon ab, wie warm oder kalt ein Lebensraum ist.
Bisherige Studien untersuchten jedoch meist bestimmte Artengruppen, wie Vögel, Ameisen oder Farne in verschiedenen Weltregionen oder in zunehmenden Höhenlagen in den Alpen. Die Ergebnisse stützten dabei mal die eine, mal die andere These.
Artenvielfalt am Kilimandscharo
Finanziert durch den Schweizerischen Nationalfonds und die Deutsche Forschungsgesellschaft führte das Forschungsteam während vier Jahren eine neue Studie am Kilimandscharo durch - einem der grössten Klimagradienten der Erde. Nun berichten sie im Fachblatt "Nature Communications" von den Ergebnissen.
Von den Savannen am Fuss des Berges bis zur Vegetationsgrenze auf eine Höhe von 4550 Metern untersuchten die Forschenden acht Pflanzengruppen und 17 Tiergruppen, wie die Universität Bern am Donnerstag mitteilte. So viele Gruppen wurden demnach nie zuvor parallel untersucht.
"So konnten wir nicht nur den Artenreichtum einzelner Gruppen analysieren, sondern den ganzer Lebensgemeinschaften", erklärte Studienautor Markus Fischer von der Universität Bern gemäss der Mitteilung der Hochschule.
Temperatur setzt die Grenzen
Dabei stellte sich die Temperatur als wichtigster Faktor heraus, um die gesamte Artenvielfalt zu erklären. Je mehr Gruppen von Arten man zusammen betrachte, desto wichtiger sei der Faktor Temperatur, sagte Fischer im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda.
"Auf Ebene einzelner Gruppen kommen auch andere Mechanismen zum Tragen, wie beispielsweise das Nahrungsangebot oder die Struktur der Lebensräume", so Fischer weiter. Das erkläre auch die Ergebnisse früherer Studien, die die Artenvielfalt innerhalb von Gruppen auf solch andere Mechanismen zurückgeführt hatten.
Auch für die Verteilung der Artenvielfalt zwischen Tropen und kälteren Regionen spielen vermutlich weitere Mechanismen eine Rolle. "Von einem Berg, auch wenn es der höchste freistehende Berg der Welt ist, kann man nicht unbedingt auf die ganze Welt schliessen", gab Fischer zu bedenken.
Die Studie spreche jedoch sehr dafür, dass Temperatur die Gesamtartenvielfalt begrenzt. Innerhalb dieser Grenzen bestimmen dann weitere Faktoren mit, wie artenreich verschiedene Gruppen wie Vögel, Ameisen oder Farne in einem Lebensraum vertreten sind.
sda