Der Fall bewegt die Gemüter der Bauern wie der Behörden. Einem Aargauer Bauern wurden alle Direktzahlungen gestrichen, weil das Auslaufjournal bei der Tierschutzkontrolle als "unglaubwürdig" beurteilt wurde (siehe BauernZeitung vom 16. Dezember). In den Innerschweizer Kantonen sei es noch nie vorgekommen, dass einem Bauern deswegen sämtliche Beiträge gestrichen wurden, ergab eine Umfrage der BauernZeitung bei den Landwirtschaftsämtern von Schwyz, Obwalden, Nidwalden, Uri, Zug und Luzern.

Kürzungen kommen vor

Es habe aber schon Kürzungen gegeben wegen des Sachverhalts "Auslauf nicht glaubwürdig gewährt". Totalausschlüsse von Beiträgen wurden hingegen schon verfügt, allerdings wegen massiver Tierschutzverstösse. Dabei handelte es sich um mehrmalige Wiederholungsfälle, zum Teil mit Tierhalteverbot, erklärt Andreas Egli, Leiter Amt für Landwirtschaft Nidwalden, in einer gemeinsamen Stellungnahme der Konferenz der Landwirtschaftsämter Zentralschweiz (Kolas).

Das Vergehen "Auslauf nicht glaubwürdig gewährt" werde bei einer Kontrolle nicht einfach so festgestellt, hält Egli fest. "Einerseits gibt es eine vertiefte Anleitung zu den Tierschutzkontrollen gemäss Kontrollhandbuch der Koordinationsgruppe Richtlinien und anderseits wird oft von den ehrlichen Betriebsleitern moniert, dass nur die Kreuzchen gemacht, der Auslauf aber nicht gewährt werden muss". Zudem hätten Verstösse bei den Grundanforderungen im Tierschutz oft auch eine Vorgeschichte.

Abzug mit Folgen

Das Vergehen "Auslauf nicht glaubwürdig gewährt" wird gemäss Anhang 8 der Direktzahlungsverordnung (DZV) mit vier Punkten pro betroffene GVE geahndet. Grundsätzlich gilt gemäss DZV, dass bei mehr als 110 Kürzungspunkten im Bereich Tierschutz alle Beiträge gestrichen werden. Bei einem Erstverstoss wären für einen Totalausschluss somit 27,5 betroffene GVE notwendig.

Sanktionssprung kritisiert

Damian Gisler vom Landwirtschaftsamt Uri hat Mühe mit dem krassen Sanktionssprung. Erreicht ein Tierhalter 109 Punkte, werden ihm nach Abzug von 10 Prozent Toleranz maximal 9900 Franken Direktzahlungen gestrichen, pro Punkt 100 Franken. Sind es aber 110 Punkte, verliert er sämtliche Beiträge. Das sind auch im Innerschweizer Berggebiet ab einer gewissen Betriebsgrösse, mit Alpung und vielen Ökoleistungen rasch gegen 100 000 Franken und mehr.

"Die Verhältnismässigkeit der Konsequenzen des Sprunges von 109 zu 110 Punkten darf sicher kritisch hinterfragt werden", findet auch die Kolas Zentralschweiz. In diesem Punkt bestehe Handlungsbedarf, heisst es an die Adresse des Bundes. Allerdings sei zwischen einem Erstverstoss und Wiederholungsverstoss zu unterscheiden. "Bei einem Erstverstoss ist die Streichung sämtlicher Direktzahlungen unverhältnismässig."

js