Sieben Tage die Woche. Immer gleich nach dem Aufstehen. Manchmal schon ab sechs Uhr morgens. Für Petra Ivanov ist Schreiben nicht Pflicht, sondern Vergnügen. «Das ist meine Erholungszeit», sagt die Krimi- und Jugendbuchautorin. «Ich mach mir einen Kaffee, setze mich mit dem Laptop aufs Sofa und lege los. Das Schreiben ist für mich Erholung, genau wie das Lesen. Ich schreibe, was ich gerne lesen würde.»

Ein Fest der Erinnerungen

«Ich schreibe einfach gern», meint auch die Zürcher Schriftstellerin Charlotte Peter. «Das ist ein Fest der Erinnerungen. Ich kann meine Gedanken tanzen lassen.» Ist sie auf Reisen, und das ist sie so oft wie möglich, hat sie immer ein Notizbuch dabei.

«Ich muss schreiben», beschreibt die Schwyzer Autorin Blanca Imboden ihre Freude an der Arbeit. Für Erika Howald, die dieses Jahr ihr erstes Buch veröffentlicht hat, ist das Schreiben der Abschluss des Tages. «Nur dann habe ich die nötige Musse. Tagsüber hält mich meine Arbeit auf Trab.»

Lesen immer noch ein beliebtes Hobby

Vier ganz unterschiedliche Schweizer Autorinnen erzählen von ihrer Freude am Schreiben – einer Begeisterung, die bei den Lesern ankommt. Denn Lesen gehört aller Unkrufe zum Trotz immer noch zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen, vor allem bei Frauen. In der Schweiz werden jährlich über 12 000 Bücher publiziert, in Deutschland über 90 000. Die Verkaufszahlen sind deutlich höher: In der Schweiz fanden im Jahr 2014 rund 16 Millionen Bücher einen Käufer.

Mit 5,5 Millionen waren Romane und Erzählungen am beliebtesten, gefolgt von 3,2 Millionen Kinder- und Jugendbüchern und 2,4 Millionen Ratgebern. Viel Lesestoff braucht viele Schreiber. Doch nach wie vor arbeiten die meisten Autorinnen und Autoren nur nebenamtlich an ihren Büchern und verdienen sich ihren Lebensunterhalt mit einem anderen Job.

Vom Schreiben leben

«Ich bin erst seit rund einem Jahr vollamtliche freie Schriftstellerin», sagt Bianca Imboden, die in 19 Jahren zwölf Bücher veröffentlicht hat. «Es waren erfolglose Bücher dabei. Doch Erfolg war nicht mein Hauptziel. Ich war immer bereit, auch andere Arbeit zu machen.»

Seit sie ganz aufs Schreiben setzte, sei auch der Druck gewachsen. In jungen Jahren habe ihr das nichts ausgemacht. «Doch heute werde ich manchmal nervös, weil ich nicht weiss, wie es in ein paar Jahren aussieht», so die Ibacherin. «Ich bin regelmässig in Kenia unterwegs und habe von meinen afrikanischen Freunden viel darüber gelernt, im Hier und Jetzt zu leben. Doch diesbezüglich bin ich offenbar schweizerischer, als ich dachte.»

Drei Projekte gleichzeitig

Mit 92 Jahren tritt Charlotte Peter den materiellen Herausforderungen des Lebens mit Gelassenheit entgegen. «Die meisten wünschen sich, dass es ihnen immer gut geht, die Sonne ständig scheint und man ewig jung bleibt. Mich aber haben die östlichen Philosophien und Religionen beeinflusst. Ich kann gut loslassen, bin niemand, der festhält.»

«Im Hinduismus und Buddhismus darf man zudem denken, muss nicht nur glauben», fügt sie hinzu. «Ich achte und respektiere aber alle Religionen auf Augenhöhe.» Zudem mache sie jedes Mal nach der Rückkehr von einer Reise in Kloten einen Spaziergang durch die Migros im Flughafen. «Dann sehe ich unseren Überfluss wieder.»

Fixe Schreibzeiten

Für Petra Ivanov heisst die Konsequenz, dass sie ihrem Traumberuf als Schriftstellerin nachgehen kann, dass sie an mindestens drei Projekten gleichzeitig arbeitet. «Sonst könnte ich nicht davon leben.» Nach der Schreibzeit am Vormittag stehen am Nachmittag oft Lesungen in Schulklassen auf dem Programm. Dann kümmert sie sich unter anderem um Buchhaltung, Werbung, Marketing, die heute unverzichtbaren Soical Media Kanäle oder die Homepage.

Sie schreibt Anträge für Werk- und Kulturbeiträge oder beantwortet Anfragen von Schülern, die eine Projektarbeit über eines ihrer Bücher schreiben. «Zu Beginn hatte ich mir das auch anders vorgestellt. Doch zurück in meinen alten Beruf möchte ich dennoch nicht.»

Eigener Vertrieb

Für Erika Howald ist es kein Thema, vom Schreiben leben zu wollen. «Ich wollte mit dem Buch meine Arbeitsmethode als Hundetrainerin vorstellen und mich von anderen Hundeschulen abheben», erklärt sie. Doch es habe sie schon gefreut, dass ihr Buch beim Buchhaus Lüthy Stocker Balmer einige Zeit in den Top Ten der am meisten verkauften Tierbücher war und das sie dort eine Lesung halten durfte.

Da die Gewinnmargen für Autoren bei etablierten Buchverlagen oft nur zwischen zwei und fünf Prozent des Verkaufspreises liegen, hat sie sich für einen Verlag entschieden, bei dem sie die Druckkosten selbst berappen muss. «Doch ich kann die Bücher unter anderem über die Hundeschule verkaufen, so kommen meine Unkosten wieder rein.»

Von der vagen Idee zum Buch

Das Thema ihres Ratgeberbuches war für Erika Howald von Anfang an klar. Bei Blanca Imboden sah das ganz anders aus: «Ich kam wie die Jungfrau zum Kind zum Thema Schwingen, das ja in meinem neuen Buch wichtig ist», erzählt sie lachend. «Die Idee entstand bei Gesprächen mit meiner Verlegerin und ihrem Mann. Da ich vom Schwingen keine Ahnung hatte, habe ich mich gründlich eingelesen, viele Schwingfeste besucht und mich mit Bauern unterhalten.»

Charlotte Peter führte ein Zufall zum Thema: Sie sah in Ulan Bator, der Hauptstadt der Mongolei, den bekannten Autoren und Schamanen Galsan Tschinag. «Das war der Auslöser, dann führte eins zum anderen.»

Petra Ivanov arbeitet ebenfalls nicht nach Muster. Sie schaue vielmehr, was sich aus den Charakteren und aus den Recherchen an Einfällen ergäbe, sagt sie. Bei ihrem jüngsten Buch habe sie lange Zeit selbst nicht gewusst, wie sich die Figuren entwickeln. Sie würde ihre Manuskripte zudem bis zu zehn Mal überarbeiten. «Der erste Wurf ist nie der grosse Coup. Daher bitte ich jeweils eine Handvoll ‹Spezialisten› im Freundeskreis, das Manuskript auf Schwachstellen zu prüfen, zum Beispiel unter juristischen, medizinischen oder stilistischen Gesichtspunkten.»

Neugierde als Antrieb

Schreiben? Schreiben! Charlotte Peter wusste schon in jungen Jahren, dass sie schreiben und reisen wollte. «Ich bin auch mit 92 noch neugierig wie ein junger Hund», freut sie sich. Erika Howald lag das Thema am Herzen, sie arbeitete rund sechs Jahre daran. Ein zweites Buch ist in Planung. «Darin will ich das menschliche Verhalten ins Zentrum stellen. Dazu gibt es noch viel zu sagen.»

Petra Ivanov holt sich beim Lesen immer wieder Inspiration fürs Schreiben. «Zum Beispiel, wie man eine Geschichte strukturieren oder wie man auf verschiedenen Zeitebenen schreiben könnte. Oder ich entdecke spannende Orte oder Charakteren.» Einsteigern rät sie: «Neuen Autoren ist der eigene Text oft fast heilig. Ich rate daher allen, das Manuskript erst mal sechs Monate zur Seite zu legen, das bringt die nötige Distanz für die Überarbeitung.»

Blanca Imboden erinnert sich noch gut an die «gefühlten 1000 Absagen» von Verlagen, die sie am Anfang bekam. «Doch dann klappte es doch bei einem grossen deutschen Verlag.» Wer ein Buch schreiben, eine Geschichte erzählen wolle, solle «einfach anfangen. Wartet nicht auf die ideale Gelegenheit, nicht auf den passenden Moment, der kommt nie. Legt einfach los.»

 

Petra Ivanov

Petra Ivanov will es immer ganz genau wissen: Für Ihre Bücher recherchiert sie jeweils bis zu einem Jahr, arbeitet sich durch Literatur, spricht mit Fachleuten und Menschen aus dem Milieu, in dem der neue Roman spielen soll. So reiste
sie für ihr neustes Buch zwei Monate durch Thailand. Die 49-jährige Schriftstellerin wurde in Zürich geboren, verbrachte ihre Kindheit aber in den USA. Zurück in der Schweiz wurde sie Übersetzerin und Sprachlehrerin, später freischaffende Journalistin. «Doch dann realisierte ich, dass ich bei Themen, die mir am Herzen liegen, Menschen eher mit spannenden Geschichten als mit journalistischen Artikeln erreichen kann», sagt die Mutter von zwei erwachsenen Söhnen. Inzwischen hat sie 16 Bücher für Jugendliche und Erwachsene veröffentlicht und ist Mitherausgeberin von zwei Schweizer Krimianthologien.

Buchtipp: Täuschung

Warum hat der Vater von Ex-Polizistin Jasmin Meyer Frau und Kinder vor vielen Jahren verlassen und sich nach Thailand abgesetzt? Er war dort in zweifelhafte Geschäfte verwickelt und gilt seit zehn Jahren als verschollen. Die Mutter will nicht über ihn reden. Also beschliessen Jasmin und ihr Lebenspartner Pal Palushi, selbst nach Thailand zu reisen.

Petra Ivanov
Täuschung
368 Seiten, Unionsverlag, Fr. 35.–

 

 

 

Blanca Imboden

«Ich bin ein Sonntagskind», schreibt Blanca Imboden auf Ihrer Homepage. «Als Kind hatte ich zwei grosse Träume: Ich wollte Sängerin und Buchautorin werden. Beides ist mir gelungen.» 
Viele Jahre tourte die heute 52-jährige Schwyzerin mit Tanzbands durch Deutschland
und die Schweiz. Später führte sie das Redaktionssekretariat der Neue Schwyzer Zeitung, schrieb Artikel und veröffentliche die ersten Bücher. Als die Zeitung schloss, arbeite sie einige Zeit für die Stoos-Seilbahn und als Museumsführerin, bis sie den Sprung in die völlige Selbstständigkeit wagte. Derzeit hat sie eine Fortsetzung ihres Buches «Wandern ist doof» in Arbeit. «Dabei kann ich Arbeit und Vergnügen verbinden», freut sie sich. «Denn ich wandere unglaublich gern.»

Buchtipp: Schwingfest

Die freischaffende Journalistin Bea erhält den Auftrag, für ein Frauenmagazin den Bauern Sämi zu porträtieren, der sich für den Bauernkalender ablichten liess. Sie verliebt sich Hals über Kopf in ihn. Und weil Sämi aufs Schwingen steht, lernt Bea alles über die «Bösen» und deren Sägmehl-Taktiken. Doch dann bringt ihr Ex alles durcheinander.

Blanca Imboden
Schwingfest
Verliebt in einen Bauern
224 Seiten, Wörterseh Verlag, Fr. 24.90

 

 

 

Erika Howald

Erika Howald hat gleich zwei Berufe: Zum einen ist sie Bäuerin, führt mit ihrem Mann in Rüti bei Büren einen Mutterkuhbetrieb. Zum anderen betreibt sie seit zehn Jahren eine Hundeschule. Ihr Ziel ist dabei nicht, dass die Teilnehmer mit ihren Hunden möglichst viele Prüfungen absolvieren. «Mein Ziel sind alltagstaugliche und gut sozialisierte Hunde», erklärt sie. In den Kursen bewegen sich die Tiere viel im Rudel – aber auch am menschlichen Umgang mit den Vierbeinern wird gearbeitet. «Nur wenn
der Besitzer jederzeit die Kontrolle hat, kann sich der Hund sicher fühlen», sagt die Mutter von drei erwachsenen Kindern.

Buchtipp: Hundeerziehung bodenständig und einfach

In kurzen Episoden erzählt Erika Howald von Erlebnissen, die sie mit Hunden und Menschen gemacht hat: Von Vierbeinern, die ihre Halter terrorisieren, von Hundebesitzerinnen, die ihre Hündchen verzärteln, von Bellern und Beissern und Hartnäckig-in-die-Wohnung-Pinklern. Ergänzt wird das Buch durch ein «kleines Hunde ABC» und ein Schlusswort, in dem die Autorin auf die häufigsten Fragen eingeht.

Erika Howald
Hundeerziehung bodenständig und einfach
117 Seiten, Schweizer Literaturgesellschaft, Fr. 30.90

 

 

 

Charlotte Peter

Ob Indonesien, Haiti, Peru, die Mongolei oder mal wieder China. Charlotte Peter hat auch mit 92 Jahren noch eine unbändige Freude am Reisen. Langstreckenflüge?
«Kein Problem. Ich sitze gern bequem, lese etwas und trinke dazu ein Glas Rotwein. Kann ich das alles in einem Flugzeug haben, ist das für mich perfekt.» Jetlag? «Ignoriere ich. Ich kann immer und überall schlafen.» Gerade ist sie aus ihrem Lieblingsland China zurück, wo sie schon rund hundert Mal war, im Spätherbst steht eine Kreuzfahrt auf dem Ganges in Indien auf dem Programm. «Ich reise aber immer, um zu lernen und nie um zu belehren», betont sie.

Charlotte Peter, die rund ein Dutzend Bücher veröffentlicht hat, ist Historikerin. 15 Jahre betreute sie als Chefredaktorin die deutsche Ausgabe des Magazines «Elle»,
später arbeitete sie als Reise- und Kulturjournalistin. Im Pensionsalter begann sie damit, anspruchsvolle Gruppenreisen zu leiten.

Buchtipp: Die alten Götter kehren zurück

Auf ihren Reisen traf Charlotte Peter immer wieder auf Schamanen, die als Heiler, Seelsorger und spirituelle Ansprechpartner für die einheimische Bevölkerung wichtig sind. In ihrem neusten Buch stellt sie einige traditionelle Schamanen, deren Arbeit und Geschichten vor.

Charlotte Peter
Die alten Götter kehren zurück
130 Seiten, Offizin Verlag, Fr. 31.90