Die Welt ist in Aufruhr. 2015 waren 60 Mio Menschen auf der Flucht, so viele Flüchtlinge gab es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. 40 bewaffnete Konflikte wurden gezählt. «Auf globale Krisen braucht es globale Antworten», sagte deshalb Bundesrat Didier Burkhalter an der Jahreskonferenz der Entwicklungszusammenarbeit der Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit vorletzten Freitag in Zürich.
Doch globale Antworten brauchen einen globalen Werkzeugkasten, weltweit gültige Ziele und Übereinkünfte, was überhaupt wie verbessert werden soll. Das haben die Vereinten Nationen (United Nations, UN) schon vor zwanzig Jahren verstanden und in der Folge die Millenium-Entwicklungsziele definiert. Die Millenium-Ziele werden nun von den nachhaltigen Entwicklungszielen (auf Englisch Sustainable Development Goals, SDGs) abgelöst.
Das neue Zielsystem besteht aus 17 Zielkategorien mit 169 Unterzielen und soll für die nächsten 15 Jahre vorgeben, wie sich die Welt entwickeln kann. Drei der 17 Hauptziele haben direkt mit der Land- und Ernährungswirtschaft zu tun:
Ziel 2: Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern.
Dazu soll unter anderem die Produktivität in der Landwirtschaft verdoppelt werden. Damit verbunden wären steigende Einkommen für Klein- und Selbstversorgungsbauern und ihre Frauen. Zusätzlich sollen negative Einflüsse von staatlichen Subventionen auf Weltagrarmärkte abgefedert werden. Die Länder sind deshalb aufgefordert, bis 2030 jede Form von Exportsubventionen abzuschaffen. Ausserdem strebt man an, die genetische Vielfalt der lokalen Landwirtschaft nicht nur zu erhalten, sondern auch zusätzlich zu fördern.
Ziel 12: Für nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sorgen.
Bis 2030 sollen die natürlichen Ressourcen nachhaltig bewirtschaftet werden können. Ausserdem sollen Lebensmittelverluste bis 2030 um die Hälfte reduziert werden (heute werden 30 bis 50% der hergestellten Nahrungsmittel ungenutzt wieder entsorgt).
Ziel 15: Landökosysteme schützen, wiederherstellen und ihre nachhaltige Nutzung fördern, Wälder nachhaltig bewirtschaften, Wüstenbildung bekämpfen, Bodenverschlechterung stoppen und umkehren und den Biodiversitätsverlust stoppen.
Die Ökosysteme in den Berggebieten sollen erhalten und gestärkt werden.
Die SDGs nehmen dabei nicht nur die weniger entwickelten Länder in die Pflicht, sondern auch die Industrienationen wie die Schweiz. Kritiker bemängeln, dass die Fülle an Zielen und Unterzielen praxisuntauglich sei. Der UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon kann diese Kritik nachvollziehen, wie er in seiner Rede sagte. «Aber die Zivilgesellschaft hat auf die Visionen und Ziele der politischen und wirtschaftlichen Führer zu reagieren.» Seiner Meinung nach habe jeder Bürger die Verantwortung, auf die nachhaltigen Entwicklungsziele zu reagieren und sich an der Entwicklung zu beteiligen.
In der Schweiz beginnt nun ein Prozess der «Übersetzungsarbeit», wie der Sonderbeauftragte des Bundesrats für globale nachhaltige Entwicklung, Michael Gerber, sagte. Dabei soll aus den 169 Unterzielen die für die Schweiz relevanten Punkte konkretisiert werden. Man rechnet damit, dass dies zwei Jahre dauern wird.
Hansjürg Jäger