Es ist nicht die klassische Waadtländer Winzeridylle, die einem bei SVP-Bundesratskandidat Guy Parmelin in Bursins erwartet. Eingeklemmt zwischen Autobahn und der Eisenbahn-Seelinie trotzt er dem Druck auf sein Kulturland.
Während die 31 Hektaren Ackerfläche in der Ebene mehr oder weniger arrondiert sind, muss Parmelin für die Traubenernte weiter fahren. Die insgesamt 5 Hektaren Rebland sind am Hang über dem See auf mehrere Parzellen verteilt, typisch für die Waadtländer Côte, die immer etwas in Konkurrenz steht zum Lavaux mit seinen steileren Hängen rund um Lausanne.
Milchvieh wegen Tiefpreisen vor vier Jahren aufgegeben
Viel Zeit hat der seit zwölf Jahren im Nationalrat politisierende Parmelin aber ohnehin nicht mehr für Getreidesaat und Rebenpflege: «Ich bin nur noch etwa 20 Prozent Landwirt», sagt er in der Küche des modernen Wohnhauses mit Wintergarten.
Parmelins Bruder hat einen Grossteil der Bewirtschaftung übernommen, wobei die Arbeitsbelastung durch die Aufgabe der preisbedingt unrentabel gewordenen Industriemilchproduktion 2011 ohnehin abgenommen hat.
Immer öfter ist der 55-jährige Parmelin mit seinem Vierteljahrhundert Erfahrung in Gemeinde-, Kantons- und Bundesparlament von seiner politischen Tätigkeit absorbiert. Exekutiverfahrung geht ihm bisher ab, trotzdem traut er sich das Bundesratsamt zu, er habe als Meisterbauer von 20 Lehrlingen, Korporal, SVP-Kantonalpräsident und Fenaco-Verwaltungsratsvize Führungserfahrung gesammelt.
«Ökologie auslagern in das Budget des Bafu»
In der Funktion als Minister auf Bundesebene wäre er ein sicherer Wert für die Anliegen des Schweizer Bauernverbands und seine Lobbyarbeit. Zwischen Parmelin und die offizielle Verbandspolitik geht kein Blatt Verordnungspapier. Er redet einer produzierenden Landwirtschaft das Wort, unterstützt die Ernährungssicherungsinitiative und stört sich an den geplanten Direktzahlungskürzungen.
Er hat nichts gegen die Ökologie, sähe sie aber gerne ausgelagert: «Die Ausgaben für die landschaftspflegerischen Leistungen sollte man aus dem Landwirtschaftsbudget rausnehmen und in das Budget des Bundesamts für Umwelt verlegen», schlägt Parmelin zwecks Reduktions des Drucks auf die Bauern vor.
Auch mit seiner Partei ist Parmelin weitghend ein Herz und eine Seele: «Wenn man das Parteiprogramm einmal akzepitiert hat, verteidigt man es auch», so sein Credo. Im Abstimmungsverhalten unterscheidet er sich denn auch kaum von der offiziellen SVP-Linie. Am ehesten sind es gesellschaftspolitische Fragen, in denen Parmelin abweicht.
Einst EWR-Befürworter, heute würde er dagegen stimmen
Zwei der wenigen Beispiele dafür sind Parmelins Ja zu Pränataldiagnostik und eingetragene Partnerschaften. In anderen Bereichen hat er seine Meinung über die Jahre geändert, etwa in der Diskussion um den EWR-Beitritt. 1992 hatte er einen solchen befürwortet, weil er sich ein besseres Kostenumfeld für die Schweizer Bauern erhofft hatte. Heute würde er Nein stimmen zur Annäherung an die EU, die Nachteile würden überwiegen, ist Parmelin überzeugt.
Insgesamt sei er, und damit geht es ihm ähnlich wie seiner Partei, in den letzten Jahrzehnten nach rechts gerutscht, erklärt Parmelin. Das äussert sich unter anderem darin, dass er rigorose Sparsamkeit der öffentlichen Hand und Zurückhaltung bei der Bewilligung neuer Aufgaben fordert. Bleibt für die Bauern nur zu hoffen, dass sich Parmelin, sollte er in die Regierung gewählt werden, nicht noch weiter nach rechts rutscht und plötzlich auch die Landwirtschaft hart an die Kasse nehmen will.
Adrian Krebs