Volle Euter gehören zu einer Ausstellung dazu. Wann aber ein Euter übervoll ist, darüber wird in der Viehzuchtbranche seit längerem gestritten. Auf der einen Seite standen Tierschützer und besorgte Züchter, auf der anderen Seite die Ausstellungsveranstalter und die Zuchtverbände.
Nachdem auch der Kassensturz über das Thema berichtete (siehe unten), knickten die Verbände ein. Und sie einigten sich darauf, eine standardisierbare Methode zu entwickeln, um den Euterfüllungsgrad mehr oder weniger zuverlässig bestimmen zu können. Den Auftrag für die Studie erhielt Adrian Steiner von der Vetsuisse-Fakultät. Das Ziel: mit der neuen Methode sollen übervolle Euter im Schauring der Vergangenheit angehören.
Am Montagnachmittag hat Steiner nun die Studie publiziert und seine Methode vorgestellt.
Und tatsächlich scheint das mit der Methode gut zu funktionieren. Allerdings legen die Resultate auch offen, dass den Viehschauen und den Ausstellern ein grösserer Reputationsschaden ins Haus steht.
23 Prozent überladene Kühe
Steiner und sein Team untersuchten an der Swiss Expo 2017, an der Tier & Technik 2017, an der Bruna 2017 und an der Swiss Red Night 2017 321 Schaukühe. 72 von den Kühen waren überladen. Das entspricht einem Anteil von 23 Prozent.
Bei 29 untersuchten Kühen (16%) wurden im Blut Entzündungshemmer nachgewiesen, was den Rückschluss auf eine Behandlung am Tag oder in den Tagen vor der Ausstellung zulässt. Bei 263 Kühen (86%) waren die Zitzen nach Angaben der Tierhalter mit Kollodium verklebt, damit die Milch während der Präsentation im Ring nicht aus den Zitzen tropft. Das Verkleben der Zitzen mit Kollodium ist gesetzlich nicht geregelt, allerdings im Verhaltenskodex der Arbeitsgemeinschaft für Schweizer Rinderzüchter (ASR) als zulässig eingestuft.
Verlässliche Methoden für die Zukunft
Studienleiter Adrian Steiner sagt zu diesen Ergebnissen: «Es ist zu begrüssen, dass die ASR und das BLV für diese Thematik sensibilisert sind und diese Studie in Auftrag gegeben haben. Und vor allem ist es begrüssenswert, dass basierend auf den Studienergebnissen und unseren Empfehlungen Massnahmen ergriffen wurden.»
Entsprechend zukunftsorientiert äussert sich die Arbeitsgemeinschaft Schweizerischer Rinderzüchter ASR. Wie es in einer am Montagnachmittag veröffentlichten Medienmitteilung heisst, habe man die Resultate zur Euterfülle «mit Interesse zur Kenntnis genommen.»
Gemäss ASR ermöglichen die Ultraschalluntersuchungen das Festlegen der zulässigen Euterfülle bei Ausstellungen «auf verlässliche, wissenschaftlich untermauerte Daten basieren zu können. Die ASR hat die Erkenntnisse der Studie in ihr Ausstellungsreglement einfliessen lassen.»
Zwar bedankt sich die ASR in ihrer Mitteilung für die Zusammenarbeit der Züchter mit den Studienautoren, die Ergebnisse kommentiert man aber nicht. Wohl auch darum, weil man bisher immer von Einzelfällen gesprochen hat.
hja